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Die Seßlacher treiben's närrisch


Autor: Bettina Knauth

Seßlach, Sonntag, 17. Januar 2016

Bei den "Bunten Abenden" reißen Tanzgruppen wie Büttenredner den vollen Saal zu Beifallsstürmen hin. Ein Highlight des Abends sind pfeifende Bäuche.
Dieses war sein der letzte Tanz von Jens-Peter Scholz mit den Schickendales. Und die Mit-Tänzerinnen beweinen den Abschied tränenreich. Foto: Bettina Knauth


"Seßlach Helau, wir machen Stimmung wie Sau!" Dieser Aufforderung kam das Publikum bei den beiden ersten "Bunten Abenden" des Seßlacher Faschingsvereins am Freitag und Samstag nur zu gern nach. Angesichts des närrischen Treibens auf der Bühne, einer gekonnten Mischung aus Tanz, Pantomime, Gesang und Wortwitz, die von Präsident Jens-Peter Scholz launig präsentiert wurde, kam keine Langeweile im vollbesetzten Seßlacher Sportheim auf.
Den Auftakt machte "die Neue vom Hattersdorfer Tor": Nele Müller, die Kinderprinzessin des letzten Jahres, stieg mutig in die Bütt, um ihre Gedanken über "komische Erwachsene" und "merkwürdige Lehrer" kundzutun. "Wenn wir rumtoben, meckern die Eltern. Sitzen wir still in der Ecke, messen sie gleich Fieber", beklagte sie.


Der Franke als "homo perfectus"

Umjubelte Neulinge waren die Mannen der "Fränkischen Feuerwehrinfanterie" (Helmut Neudecker, Markus Brehm, Michael Beetz, Lukas Büchner und Alexander Lefer). Ihre Mission: Revanche für die Altneihauser Feierwehrkapell'n (bekannt aus Fastnacht in Franken). Doch Kommandant Neudecker beließ es nicht bei bissigen Spitzen gegen die Oberpfälzer Ess- und Trinkkultur ("Zoiglbräu säuft hier kein Säu!"), Gesinnung ("dunkelschwarz mit braunem Schimmer") und Frauen ("Arsch wie ein Pferd und Beine wie ein Elefant"). Schließlich gilt, dass nur der Franke als homo perfectus "aus Gotteshand stammt".
Ein Pfeifkonzert der besonderen Art bot die Gruppe "Berg und Tal and Friends" (Wolfgang und Walter Brasch, Thomas Eiermann und Maximilian Neeb). Den Kopf unter Zylindern verborgen hatten sie sich Gesichter auf ihre Bäuche gemalt, mit dem Bauchnabel als Mund, aus dem die Pfiffe zu kommen schienen. Das Publikum bog sich vor Lachen und forderte die erste Zugabe des Abends.
"Ich habe Fleisch Ess-Lust" bekannte Markus Brehm und wetterte gegen die "Vegetaroristen". Sein Geist sei ja willig, aber "das Fleisch ist so zart".
Sportlich, mit Rollerblades und Walking-Stöcken, kam der "Schmied aus Merlich" daher. Ottmar Höhn berichtete, was er und seine Gabriele nicht alles auf sich nehmen, um sich für die Enkel fit zu halten. Um mit ihnen mithalten zu können, kaufte er nicht nur einen Computer, sondern baute seiner Liebsten sogar Schnuller (aus dem Badewannenstöpsel) und Töpfchen ("aus einem 20-Liter Eimer").
Kerstin Thein und Bernd Rathgeber erinnerten als Ingeborg und Albert von ihrem Beobachtungsposten rechts oben neben der Bühne an die Läster-Opas Statler und Waldorf aus der Muppet Show. Höchst unterhaltsam nahmen den dauerqualmenden und milchsaufenden "Stier Martin" (Mittag) ebenso aufs Korn wie den Stadtrat, für den ihre "heilige Kuh Tobias" (Pfarrer Knötig) erst Fürbitten sprechen muss, damit die versprochene neue Fußgängerbrücke auch kommt.


Freuen auf den Gaudiwurm

Mit Tobias Knötig betrat dann ein weiterer Newcomer die Seßlacher Bühne. Als "Don Camillo von Heilgersdorf" taufte er zunächst den "Heiden im Elferrat" und konvertierte Scholz kurzerhand zum "ersten Seßlacher Faschingschristen".
Wer hervorragend einstudierte Tanzdarbietungen mag, kam auf seine Kosten: Ob die entzückende Kindergarde, die harmonische Prinzengarde oder die routiniert auftretende Jugendgarde: Schon die jugendlichen Aktiven des Vereins wussten zu überzeugen. Besonders viel Applaus heimste das bezaubernde Tanzmariechen Mia Thein ein. Als gern gesehene Gäste demonstrierten die "Flying Feet" aus Dietersdorf mit ihrem stimmungsvollen Box-Tanz, dass es gemeinsam viel besser gegeneinander geht. Perfekt auch der Auftritt der Showtanzgarde Heubach-Ebern. Getoppt wurden die Tanzdarbietungen des Nachwuchses noch von den Erwachsenen, wenn auch hier mitunter weniger Grazilität und Harmonie als Komik eine Rolle spielte. Als die "Schickendales" mit "Vortrommler" Präsident Scholz im Sambalook die Bühne betraten, stieg das Stimmungsbarometer nochmals an. Tränenreich beweinten die Damen Scholz' letzten Tanz.
Das überraschende Wiedersehen mit der Tanzgruppe "Off Limits" begeisterte die Zuschauer. Endgültig kein Auge trocken vor Lachen blieb beim emotionalen Höhepunkt des Abends, dem Auftritt des Männerballetts "Seßlacher Mauerschwälbchen". Das Publikum tobte, als die Mannen um Bürgermeister Martin Mittag und die Stadträte Markus Brehm und Maximilian Neeb erst als "Ersatzgarde" im roten Dress und Zopfperücke, dann mit Trikot Tüllröckchen über die Bühne "schwebten".
Die Stunden verflogen und es bewahrheitete sich, was der Präsident zu Beginn der Sitzung prophezeit hatte: Fünf Stunden Spaß. Den gibt's auch beim traditionellen Gaudiwurm durch die Altstadt am Faschingsdienstag, den 9. Februar. Und für die Jüngsten geht beim Kinderfasching am 24. Januar die Post ab!