Wer stellt denn nun neu Anträge?
Gerhard Schramm: In der Corona-Krise neu hinzugekommen sind Menschen, die in Kurzarbeit sind und deshalb ergänzende Grundsicherungsleistungen beantragen, und die sogenannten Solo-Unternehmer, die Ein-Mann-Betriebe also.
Das Dreifache an Anträgen
Wie viele Anträge gibt es seit der Corona-Krise mehr?
Thomas Friedrich: Wir hatten im März ungefähr das Dreifache an Anträgen als in den Monaten zuvor. Seit Mitte März sind etwa 40 Selbstständige - Künstler, Friseure, Gastronomen, Physiotherapeuten, etc. - hinzugekommen, die Grundsicherungsleistungen beantragt haben, und etwa 50 neu hinzugekommene Personen haben eine Ergänzung ihres Kurzarbeitergeldes beantragt. Wobei wir jetzt im April mit noch mal mehr Anträgen rechnen, weil viele Betriebe ja erst dann und nicht schon für März Kurzarbeit angemeldet haben, und auch mit einem Anstieg der Arbeitslosenzahlen um etwa 15 Prozent gegenüber März. Die Sicherstellung der Leistungen zum Lebensunterhalt hat für uns aber höchste Priorität und deshalb kümmern wir uns wirklich umgehend um die eingehenden Anträge - auch wenn es mehr sind als bisher.
Wie gelingt das?
Thomas Friedrich: Wir haben intern etwas umstrukturiert. Das Aufkommen in den Bereichen Qualifizierungsmaßnahmen und Arbeitsvermittlung ist derzeit ja - auch durch die Corona-Krise - nicht ganz so hoch, so dass wir Personal aus diesen Bereichen in der Antragsbearbeitung miteinsetzen können. Nichtsdestotrotz ruhen die Arbeitsvermittlung und die Qualifizierung natürlich nicht. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Bereich Markt und Integration betreuen ihre Kundinnen und Kunden natürlich auch weiterhin - telefonisch eben - und bei den beruflichen Qualifizierungsmaßnahmen wurde umgestellt von Präsenzunterricht auf E-Learning und andere digitale Lernformen. Auch werden Arbeitssuchende, trotz der kritischen Lage, noch in Arbeitsverhältnisse vermittelt: Gerade in den Bereichen Lager, Logistik oder auch für die Abhol-Gastronomie wird derzeit Personal benötigt.
Mussten auch schon Anträge abgelehnt werden?
Gerhard Schramm: Ja, aber nur etwa zehn Prozent aller eingegangenen. Es wird ja immer die sogenannte Bedarfsgemeinschaft - also das gesamte Einkommen einer Familie - geprüft. So kann es sein, dass beispielsweise ein Selbstständiger, der seinen Betrieb aufgrund der Corona-Krise vorübergehend schließen muss, dessen Partnerin aber ein regelmäßiges Einkommen hat, das über der Grenze des bemessenen Einkommens der Bedarfsgemeinschaft liegt, keinen Anspruch hat.
Thomas Friedrich: Wir merken aber auch, dass bei manchen, die vielleicht noch nie auf Grundsicherungsleistungen angewiesen waren, eine falsche Scham vorhanden ist. Das ist nicht angebracht, vielmehr hat man einen gesetzlichen Anspruch auf eine gewisse Grundsicherung.
Gibt es auch Erleichterungen für die Menschen, die aktuell schon laufende Leistungen vom Jobcenter beziehen?
Gerhard Schramm: Ja, wenn der Bewilligungszeitraum in den Monaten April bis Juli endet, benötigen wir keinen sogenannten Weiterbewilligungsantrag, sondern die Leistungen werden automatisch unter Annahme unveränderter Verhältnisse um in der Regel ein Jahr weiter verlängert. Selbstverständlich müssen aber Veränderungen, zum Beispiel beim Einkommen, dem Jobcenter mitgeteilt werden.
Die Fragen stellte Corinna Rösler.
Jobcenter Coburg Land:
Kontakt Die Mitarbeiter des Jobcenters Coburg Land sind telefonisch erreichbar unter 09561/705225 sowie unter den jeweiligen Durchwahlnummern der zuständigen Ansprechpartner, die auf der Website www.jobcenter-coburg-land.de zu finden sind, oder per E-Mail: jobcenter-coburg-land@jobcenter-ge.de. Die bundesweite Service-Hotline ist unter 0800/4555523 erreichbar, und online können Anträge unter www.jobcenter.digital gestellt werden. Weitere Informationen und die aktuellen Antragsvordrucke gibt es unter www.arbeitsagentur.de.
Zahlen Im März 2020 lebten in 1278 Bedarfsgemeinschaften insgesamt 2382 Personen, die einen Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB II beim Jobcenter Coburg Land hatten. Von den 1658 erwerbsfähigen Leistungsbeziehern waren 571 arbeitslos. Im April rechnen Geschäftsführer Thomas Friedrich und sein Stellvertreter Gerhard Schramm mit einem Anstieg der Zahlen um etwa 15 Prozent.