Die Landfrauengruppe im Kreis Coburg wird 70
Autor: Manja von Nida
Neustadt bei Coburg, Donnerstag, 08. Februar 2018
Die Landfrauen im Bauernverband feiern am Aschermittwoch ihr 70-jähriges Bestehen. Landwirte aus dem Kreis Coburg blicken zurück.
Idyllisch und romantisch war der Alltag auf dem Hof früher sicher nicht. Das Leben und Arbeiten auf dem Land kostete viel Kraft und Energie! Vor 70 Jahren bildeten sich Landfrauengruppen im ländlichen Raum, um auf ihre Lebenssituation aufmerksam zu machen. Trotz oder gerade wegen der vielen Arbeit wünschten sich Frauen etwas Abwechslung in ihrem Leben. Sie wünschten sich für ihre Anliegen ein offenes Ohr und wollten ihre kostbare Freizeit gerne in Gemeinschaft verbringen. Die Einrichtungen "Haus der Bäuerinnen" wurden geschaffen. "Und diese wurden schon damals sehr gut frequentiert", erzählt Kreisbäuerin Heidi Bauersachs bei einem Treffen in Thann auf dem Bauernhof der Familie.
Viele Erinnerungen zählen Ehrenkreisbäuerin Hilde Scheler, Kreisbäuerin Heidi Bauersachs und Hans-Jürgen Rebelein, Geschäftsführer des Bayerischen Bauernverbands, im Blick auf das 70. Jubiläum der Landfrauengruppe des Coburger Kreises auf. Heute zählen die Landfrauengruppen im Bayerischen Bauernverband (BBV) zu einem der größten Frauenverbände in Bayern. Der deutsche Landfrauenverband ist in Landesverbände aufgeteilt, die wieder in Kreis- und Ortsverbände gegliedert sind. Die Landfrauengruppe des Kreisverbandes Coburg kann am Aschermittwoch beim Landfrauentag ihr 70-jähriges Bestehen feiern. Los geht es um 13 Uhr in der "Fabrik" in Meeder.
Anerkennung in der Gesellschaft
Landfrauen leben, wirken und arbeiten heute in den Mitgliedsbetrieben des Verbandes, engagieren sich als landwirtschaftliche Unternehmerinnen im Hauptberuf oder im Nebenerwerb. Sie fördern das soziale Miteinander und pflegen ihre Heimat, um die dörfliche Kultur und das Brauchtum zu bewahren. Und sie engagieren sich sozial. In den vergangenen Jahrzehnten bekamen die Frauen mit ihren Anregungen und Ideen und durch ihr arbeitsreiches Schaffen Anerkennung in der Gesellschaft. Nicht mehr wegzudenken sind die von ihnen gesetzten Schwerpunkte wie Erwachsenenbildung, Interessenvertretung, Übernahme öffentlicher Aufgaben, Seniorenarbeit, Erholungsangebot für landwirtschaftliche Familien sowie Öffentlichkeitsarbeit. "Wir sind zukunftsorientiert. Alles, was uns bewegt, auch gesellschaftspolitische Themen, da fühlen wir uns angesprochen", betont Bauersachs. "Und wir haben ein tolles Netzwerk, um das uns viele Organisationen beneiden", sagt Heidi Bauersachs sehr zufrieden.Sie seien aber auch den Weg in die Moderne mitgegangen. Bauersachs betont: "So wie sich die Gesellschaft verändert hat, so hat sich auch die Rolle der Landfrauen verändert. Man sieht es in der heutigen Zeit kaum einer Frau an, dass sie Bäuerin ist. Sie sind alle modern und aufgeschlossen." Sie gingen zum Teil ihren Berufen aus anderen Branchen nach. Leider habe somit die Hauswirtschaft ihren Stellenwert verloren. Der richtige Umgang mit Lebensmitteln sei oftmals in Vergessenheit geraten. Viele, gerade junge Familien, wüssten nicht mehr, wie gekocht wird. Alles ändere sich, auch das Bild in den Dörfern.
"Mein Weg zum Bauernverband war ein bisschen ungewöhnlich", erzählt Ehrenkreisbäuerin Hilde Scheler, die 15 Jahre Kreisbäuerin, 15 Jahre Bezirksbäuerin, fünf Jahre stellvertretende Bezirksbäuerin, fünf Jahre stellvertretende Landesbäuerin und zehn Jahre stellvertretende Kreisbäuerin war und seit 1972 zudem das Amt der Ortsbäuerin innehatte. Über den Berufswettbewerb sei sie zum Bauernverband gekommen. In der Landjugend habe sie ihren Werner aus Thann kennengelernt und sei vom Großheirather Hof zum Thanner Hof gezogen.
Kreisbäuerin Bauersachs kann nicht nochmals in ihr Amt gewählt werden. "Aber ich wünsche mir, dass ich eine aktive Nachfolgerin finde. Das ist dann eine andere Generation. Möge mit dieser die Landfrauenarbeit weitergehen", wünscht sie sich. Wenn die Jungen in der Verantwortung stünden, interessierten sie sich auch für die Arbeit bei den Landfrauen, so ihre Hoffnung.
Namen und Daten
Kreisbäuerinnen von 1948 an:1948-1962: Gudrun Treiber
1962- 1971: Olga Steinert
1971-1992: Hilde Alex (Neuses am Brand)
1992-2007 Hilde Scheler
2007- jetzt: Heidi Bauersachs
Bezirksbäuerinnen:
1948-1972: Hildegard Benecke
1972-1992: Giesela Renner
1992-2007: Hildegard Scheler
ab 2007: Anneliese Göller
70 Jahre Highlights und Erfolge:
1948/49: 7. Mai 48 richtete der BBV das Referat "Die Landfrau" ein. Im März 49 wählte der Zusammenschluss der Bäuerinnen zur Landfrauengruppe die 1.
Landesbäuerin.
1952: Kuren und Erholen ist mit das älteste Angebot für die Mitglieder.
Bereits 1952 gab es die "Bäuerinnen Erholung". Allein in den letzten 10
Jahren konnten in 140 Maßnahmen 1842 Frauen, 644 Männer und 558 Kinder eine
schöne Auszeit genießen.
1972: Der erste Landfrauenchor wurde in Bayern aus der Taufe gehoben. In
ganz Bayern gibt es über 70 Landfrauenchöre mit über 1500 Sänger/innen.
1974: Die systematische Bildungsarbeit der Landfrauengruppe begann schon
1954. Daraus entwickelte sich 1974 das Bildungswerk des BBV.
1998: Zum 50-Jährigen riefen die Landfrauen den "Kindertag auf
bayerischen Bauernhöfen" ins Leben, der seitdem alle 2 Jahre stattfindet.
Mehr als 450.000 Kinder waren bisher auf rund 8.000 Höfen zu Besuch!
2000: Seit 2000 haben sich Landfrauen zu Ernährungsfachfrauen als
Referentinnen im Bildungswerk des BBV weitergebildet. Derzeit sind 150
Ernährungsfachfrauen in ganz Bayern aktiv!
2002: "Landfrauen machen Schule", das vom Bayerischen
Landwirtschaftsministerium geförderte Projekt ermöglicht
erlebnisorientiertes Lernen in der Grundschule und auf dem Bauernhof. Seit
Projektbeginn nahmen bisher 65 000 Kinder teil!
2003: Seit 2003 starteten regelmäßig wechselnde "Gesundheitsoffensiven" als
Bildungsveranstaltungen, deren Ziel die Gesunderhaltung der bäuerlichen
Familie ist. (MammaCare - Brustkrebsoffensive, Osteoporose-Prävention,
Schützt mich mein Selbstwert vor Burnout, Gesunder Darm, Frauenherzen
schlagen anders - Männerherzen auch, Blasenschwäche -endlich wieder
herzhaft lachen, Gesundheitsthema Demenz)
2003: Landfrauen bieten im Bildungswerk des BBV Grundqualifizierungen zur
Agrarbürofachfrau an. Seit 2008 wurden 422 Agrarbürofachfrauen
qualifiziert. Die 11. Fachtagung findet 2018 in Herrsching statt!
2012: Landfrauen initiierten die Einführung eines eigenständigen
Unterrichtsgegenstandes "Alltagskompetenz und Lebensökologie" an
allgemeinbildenden Schulen an.
2012: Mit ihrer neuen Marke "Wir Landfrauen - engagiert, modern, aktiv"
können die Landfrauen im BBV ihre Arbeit noch sichtbarer in der
Öffentlichkeit darstellen.
2015: Die Website "www.qualität-vom-hof.de" bietet seit 2015 die
Möglichkeit, das Landleben zu entdecken. Hier präsentieren die Bäuerinnen
mit ihren speziellen Angeboten. Derzeit haben sie über 1600
"Facebook-Freunde. Über 40 Landfrauen stellen sich und ihr Können auf der
Plattform "Qualität vom Hof" vor.