Die "Fun Box" in Coburg schließt ihre Pforten
Autor: Oliver Schmidt
Coburg, Montag, 23. Mai 2016
Ein weiterer Einzelhändler in der Coburger Innenstadt gibt auf.
Markus Grempel ist immer wieder für Überraschungen gut - und für klare Worte. Der 43-Jährige hat ja schon mit vielen Unternehmungen in Coburg für Aufsehen gesorgt: Er saß für die SPD im Stadtrat, führte den Sportverein "Coburg Locals" (ehemals Freie Turner) zu neuer Blüte und betrieb am Locals-Gelände einen beliebten Beach-Club. Doch sein liebstes Projekt blieb trotzdem immer seine "Fun Box". Im zarten Alter von 18 Jahren hatte Markus Grempel das Geschäft gegründet, anfangs noch mit Schwerpunkt auf Sportgeräte rund um BMX-Fahrräder und Skateboards. Daraus entwickelte sich ein Bekleidungsgeschäft, das lange Zeit in der Kleinen Johannisgasse beheimatet war und 2014 an den Albertsplatz umzog.
Umsatz eingebrochen
"Mit diesem Umzug hatte ich große Hoffnungen verbunden", sagt Grempel. Aber: Diese hätten sich nicht erfüllt. Im Gegenteil: Im vergangenen Jahr sei der Umsatz um 50 Prozent eingebrochen. Deshalb zieht der Geschäftsmann jetzt Konsequenzen: Ende Juni ist Schluss, die "Fun Box" macht zu.Markus Grempel klingt zunächst gar nicht resigniert, wenn er trocken feststellt: "Meine Zielgruppe läuft leider nicht mehr in der Stadt herum, sondern kauft nur noch im Internet." Im weiteren Gespräch wird dann aber sehr wohl deutlich, dass sich Markus Grempel über die Entwicklung ärgert - und auch darüber, dass viele Menschen sie tatenlos geschehen lassen. "Das ist doch ein einziger Verdrängungswettbewerb", analysiert Markus Grempel.
Wo wird das noch enden?
Die "größten Kapitalisten" könnten eben das meiste Geld für die tollste Werbung und die coolsten Video-Clips auf Youtube ausgeben, so dass letztlich auch die meisten Kunden angelockt würden. "Doch wo wird das enden?", fragt Grempel und prophezeit unter anderem, dass Onlie-Shops eines Tages bestimmt nicht mehr die Kosten für die Rücksendung von Ware übernehmen - wenn erst einmal der Einzelhandel in den Städten komplett ausgeschaltet ist. Grempel zeichnet insgesamt ein düsteres Bild: "Gegen Online-Handel hast Du keine Chance."Aber: Der 43-Jährige will auch nicht alles nur auf die Konkurrenz im Internet schieben. Speziell auf Coburg bezogen sagt er: "Das Denken der Coburger müsste sich ändern. Wenn ständig nur über die eigene Stadt geschimpft wird, können wir doch nicht erwarten, dass Menschen aus anderen Städten zu uns kommen und die Geschäfte füllen."
Kritik übt Markus Grempel zudem an vielen Vermietern. Diese müssten, was ihre Mietforderungen betrifft, dringend zur "Normalität" zurückkehren. Andernfalls würden bald noch viel mehr Läden schließen.
Auflagen der Stadt
Aber auch die Stadt habe ihm in der Vergangenheit das Leben schwer gemacht, erzählt Markus Grempel. Da würden Gebühren für jede Werbefahne verlangt oder gnadenlos Knöllchen verteilt, wenn er mit seinem Auto kurz vor dem Laden parkt, um Altpapier abzutransportieren. Ebenso ärgert sich Grempel, dass die Stadt ihm beim Umzug an den Albertsplatz viel zugesagt habe, das bis heute nicht eingetroffen sei - etwa die Ansiedlung einer Markthalle, die für noch mehr Belebung sorgen soll. Dass die Ketschenvorstadt dennoch im Aufwind sei, kann er zumindest für seinen Laden nicht feststellen: "Das hier ist eine Renn-Lage. Die Leute rennen vorbei zum Markt oder zum Parkhaus. Und wenn sie doch mal stehen bleiben, dann, um einen Kaffee zu trinken."
Was er künftig beruflich macht, weiß Grempel noch nicht. Doch zumindest eines steht wohl fest: "Meine Zeit in Coburg geht langsam zu Ende."
"Viele Menschen wollen lokal einkaufen"
Hat die Coburger Innenstadt gegen den Online-Handel tatsächlich keine Chance? Andreas Kücker, Betreiber des Portals www.gocoburg.de, mit dem das Projekt "digitale Einkaufsstadt" vorangetrieben wird", ist da deutlich optimistischer als Markus Grempel. "Immer mehr Menschen wollen lokal einkaufen", sagt Andreas Kücker, "und zwar nicht nur bei Lebensmitteln." So stelle er vermehrt fest, dass die Leute ein Bewusstsein für ökonomische Zusammenhänge entwickeln würden. "Sie kapieren, dass es uns allen in Coburg letztlich mehr hilft, wenn ich zum Beispiel ein Buch bei Riemann kaufe und nicht bei Amazon bestelle." Vor allem bei Produkten, die mit einem "Hauch von Emotion" verbunden seien, sieht Andreas Kücker große Chancen für den Einzelhandel. Ebenso bei Produkten, bei denen Service und Know-how gefragt sind. "Wenn es hingegen um die reine Beschaffung eines Artikels geht, etwa um Druckerpatronen, dann wird es der Einzelhandel schwer haben gegen die Konkurrenz im Internet, die einfach nur über den Preis geht."