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"Die Frau, die sich traut" auf den Hofer Filmtagen


Autor: Berthold Köhler

Hof, Mittwoch, 23. Oktober 2013

Gleich zum Auftakt der Hofer Filmtage wurde mit Marc Rensings "Die Frau, die sich traut" ein menschlich berührendes Drama geliefert.
Steffi Kühnert ist die beeindruckende Frau, die sich traut.  Foto: X-Verleih


Auf zweierlei kann man sich bei Heinz Badewitz und den ihm eigenen Filmtagen verlassen: Es gibt zum Auftakt immer einen deutschen Film und keine große Eröffnungsgala mit salbungsvollen Worten. Und das schon seit 47 Jahren. Mit "Die Frau, die sich traut" hielt sich allerdings das Risiko, das Festival mit zäher Unterhaltung zu starten - wie schon manches Mal geschehen in der Vergangenheit - in Grenzen. Regisseur Marc Rensing hatte schon vor vier Jahren mit "Parkour" einen soliden Auftakt geliefert für das kleine, aber inzwischen in der Branche hoch respektierte Filmfest ab.

"Die Frau, die sich traut" ist freilich keine dieser Überraschungen, nach denen der gebürtige Hofer Badewitz als wohl dienstältester Festivalleiter der Welt immer so eifrig sucht. Denn die Geschichte, die das feinfühlig inszenierte Drama erzählt, hat es in seinen Grundzügen schon oft auf der Leinwand gegeben.

Ein Mensch erfährt von seiner unheilbaren Krankheit und nimmt diesen Bruch im Leben zum Anlass, alles auf den Prüfstand - meist sogar auf den Kopf - zu stellen.

Beate heißt diese "Frau, die sich traut". Beate ist eine Endvierzigerin, die vor über 20 Jahren ihre verheißungsvolle Schwimm-Karriere in der DDR abgebrochen hatte, um sich ganz der Familie zu widmen. Nach dem Aus im Sport scheint ihr Leben stehen geblieben zu sein. Kinder, Familie, geplatzte Träume, nun wird bei ihr eine schwere Krebserkrankung festgestellt.

Sie können es nicht verstehen

Beate will ihren großen Lebenstraum, den Ärmel-Kanal schwimmend zu durchqueren, erfüllen. Sie beginnt wie besessen zu trainieren. Auch wenn ihre beiden erwachsenen Kinder, die sich bislang recht genüsslich am Leben ihrer Mutter bedienten, das gar nicht verstehen wollen. Doch Beate scheint, auch dank ihrer lebenslustigen Freundin Henni (Jenny Schily, ein wunderbarer Charmebolzen), nicht mehr aufzuhalten zu sein.

Ein solcher Film gelingt oder scheitert mit der Hauptdarstellerin. Steffi Kühnert, die für ihre Auftritte in vielgelobten Werken wie "Halbe Treppe" und "Halt auf freier Strecke" mehrfach ausgezeichnet wurde, spielt die Rolle der Beate. Und sie tut dies - auch hier überrascht "Die Frau, die sich traut" nicht - beeindruckend. Ihre Entschlossenheit im Training, ihr Zaudern, wenn es darum geht, sich der medizinischen Behandlung zu stellen, berühren. So war es nicht verwunderlich, dass Kühnert bei der zeitgleichen Filmtage-Eröffnung in den beiden rappelvollen Kinos "Central" und "Scala" stürmisch gefeiert wurde.

Wenn Heinz Badewitz partout für sich in Anspruch nehmen will, "seine" Hofer stets zu überraschen, dann ist ihm das mit "Die Frau, die sich traut" nicht gelungen. Denn der Film bringt das, was von den Filmtagen erwartet wird: Gutes, deutsches Kino, das man im kommerziell orientierten Publikumskino nicht oft zu sehen bekommt. "Die Frau, die sich traut" ist sogar noch ein bisschen mehr, denn mit "X-Filme" wurde bereits ein nationaler Top-Verleiher gefunden, der das Drama noch in diesem Jahr in die deutschen Kinos bringt. Da wäre es dann allerdings schon eine Überraschung, wenn es zum großen Publikumserfolg würde.

Bei den 47. Hofer Filmtagen sind bis zum Sonntag in den beiden Lichtspielhäusern "Scala" und "Central" insgesamt 30 lange Dokumentar- und Spielfilme zu sehen.