Druckartikel: Die Frankenhalle hat nicht gelitten

Die Frankenhalle hat nicht gelitten


Autor: Rainer Lutz

Neustadt bei Coburg, Dienstag, 12. Januar 2016

Die Zeit der Frankenhalle als Flüchtlingsunterkunft ist vorbei. Es bleiben viele positive Erinnerungen für alle Beteiligten. Schäden oder Verunreinigungen an der Halle, die manche befürchtet haben könnten, gibt es nicht.
Martin Stingl führt durch alle Räume, und zeigt, dass die Frankenhalle nicht unter ihrem Einsatz als Flüchtlingsunterkunft gelitten hat. Fotos: Rainer Lutz


Nach Monaten als Durchgangslager für Asylbewerber und knapp 1000 betreuten Personen steht nun das Ende der Frankenhalle als Unterkunft für Flüchtlinge bevor. Zeit für eine Bilanz, die durchweg positiv ausfiel. Das gilt vor allem für den Zustand der Halle.
"Es gibt ein paar Rostflecken auf dem Hallenboden, wo die Feldbetten standen", sagt Neustadts Dritter Bürgermeister Martin Stingl (SPD). "Aber sonst kann ich sagen: Betten raus, Vereine rein. An der Halle ist nichts. Klar sei mal ein Druckspüler kaputt gegangen oder dergleichen, aber das sei normal bei der intensiven Beanspruchung, sagt er. Und alles sei sofort wieder in Ordnung gebracht worden.
"Wir hatten das Glück, dass gleich im ersten Bus hoch gebildete, hilfsbereite und fleißige Leute saßen, und wir die dann auch behalten konnten", erklärt Stingl.

Er selbst kümmerte sich in hohem Maße um die "Gäste der Stadt" in der Halle.


Hilfe bei der Aufnahme

Die jungen Männer, von denen er spricht, wurden im Bahnhofshotel untergebracht. Dort leben sie noch immer. Wann immer ein Bus mit neuen Asylsuchenden eintraf, waren sie da, um zu helfen. Rasch entwickelte sich ein regelrechtes Aufnahmeritual. Martin Stingl erklärte alles, was die Neuankömmlinge lernen mussten. Die Regeln für das Zusammenleben in der Halle, den Gebrauch der Toiletten, der Windeln und so weiter. "Das wurde vom Bürgermeister sogar vorgespielt", ergänzt Mirko Thomas vom eingesetzten Security-Unternehmen und grinst.
Übersetzt wurde alles von den Jungs aus dem Bahnhofshotel. "Einer von ihnen spricht neun Sprachen, das war unersetzlich", sagt Martina Berger vom Landratsamt. Für sie steht fest: "Es war eine super Leistung von einem super Team." Sie nennt das Catering, bei dem ständig dazu gelernt werden musste, weil jede Gruppe andere Essgewohnheiten mitbrachte. Sie erinnert an die zahllosen ehrenamtlichen Helfer, wie etwa die Damen der Awo-Kleiderkammer, die vorbildlich geholfen haben. Sie betont aber auch besonders die Männer vom Sicherheitsdienst. "Die haben viel mehr getan als für Sicherheit zu sorgen", sagt sie. Und Martin Stingl erinnert an den Einsatz von Bruno Baumgärtner als Koordinator und Verbindungsmann zum Amt.
Dr. Gerhard Beyer, der als Arzt ständig für die Flüchtlinge da war, weiß, wovon Martina Berger spricht, wenn sie die Security lobt. Die Männer achteten darauf, dass kranke Flüchtlinge die richtigen Medikamente zur richtigen Zeit nahmen, Chauffierten bei Bedarf Leute zum Arzt oder holten sie ab und halfen bei der Zusammenführung von Familien.


Lob für die Neustadter

Und auch für die Security war der Einsatz in Neustadt etwas Besonderes. "Wir betreuen zwölf Objekte, da können wir schon vergleichen", sagt Mirko Thomas. Einmalig waren für ihn die Neustadter Bürger. Ihre Art zu helfen, unkompliziert und ohne selbst dafür etwas zu erwarten, das hat dem Security-Mann imponiert. "Wir hatten hier kein einziges Mal ein Problem mit Anfeindungen oder dergleichen, kein einziges Mal", stell er klar. "Das ist in anderen Landkreisen anders."
Für 200 Leute ausgelegt, war die Halle maximal durch 175 Personen gleichzeitig besetzt. Wann, wer in welcher Zahl in Neustadt ankam, das erfuhren die Helfer oft erst sehr spät. "Aber egal, ob es drei Uhr früh war, egal, wie viele angekommen sind, es gab etwas zu Essen, der Arzt war da und die Jungs aus dem Bahnhofshotel haben geholfen", sagt Martin Stingl.
Wie unersetzlich ihre Dienste waren, habe sich vor allem gezeigt, wenn es emotional belegte Probleme gab. "Es kam vor, dass in München Eltern in einen Bus zu uns gesetzt wurden und die Kinder in einen Bus nach Braunschweig" erinnert sich Mirko Thomas. Da war es von größtem Nutzen, dass Leute vor Ort waren, die die Sprache der aufgeregten Eltern sprachen, die aus ihrem Kulturkreis kamen. Und konnte geholfen werden? "Klar, wir haben die Kinder her geholt", lautet die Antwort. Und noch eines ist Mirko Thomas wichtig, weil er auch das anderswo anders erlebt hat: "Hier ist kein einziger aus dem Bus gestiegen und gesagt, er will Geld." Im Gegenteil, es sei den Leuten sichtlich peinlich gewesen, wenn sie nach Tagen oder Wochen danach fragen mussten.
Erst am Montag kam die Mitteilung der Regierung, dass der Landkreis bis zum 8. Februar keine weiteren Flüchtlinge aufnehmen muss. Trotzdem gilt für die leere Frankenhalle noch der Bereitschaftsstatus - für den Fall der Fälle. Ab dem 1. Februar soll die neue Flüchtlingsunterkunft in Rödental zur Verfügung stehen, die der Landkreis für zwei Jahre angemietet hat.


Frei für den Skiclub-Fasching

Damit stünde die Halle in Neustadt endgültig wieder für Schulen und Vereine zur Verfügung. Das freut Martin Stingl: "Dann kann der Skiclub-Fasching hier stattfinden. Der hätte sonst in die Zweifach-Halle verlegt werden müssen."