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Die ersten Coburger Flüchtlinge beginnen eine Berufsausbildung


Autor: Gabi Arnold

Coburg, Montag, 18. Juli 2016

In Coburg startet die erste Berufsintegrationsklasse für Flüchtlinge in das Berufsleben. Das Resümee des Berufsschulzentrums fällt sehr positiv aus.
Projektleiter Klaus-Dieter Schneider blickt in die Hefte von Ahsanulla Shinwari aus Afghanistan und Wasim Osso aus Syrien. Die Schüler gehören zu den Absolventen der ersten Berufsintegrationsklasse für Flüchtlinge, die am Berufsschulzentrum Am Plattenäcker angesiedelt ist. Foto: Gabi Arnold


Wasim Osso freut sich. Der junge Syrier hat seinen "Quali" mit einer Traumnote von 1,5 bestanden und einen Ausbildungsvertrag zum Maschinen- und Anlagenführer in der Tasche. Der 17-Jährige gehört zu 17 Schülern der Berufsintegrationsklasse für Flüchtlinge, die am kommenden Mittwoch erstmals in das Berufsleben verabschiedet werden. Alle Absolventen dieser Klasse des Berufsschulzentrums I haben laut Schulleiter Anton Staudigl einen Abschluss geschafft und beginnen eine Ausbildung bei Unternehmen in Stadt oder Landkreis.
Wasim erzählt am Montag dem Tageblatt, wie er im September 2014 nach Coburg kam. "Mit meinen zwei Geschwistern bin ich im Lastwagen von der Türkei nach Deutschland gekommen." In der Vestestadt, bei seinem Onkel, habe er ein Zuhause gefunden und sofort die Schule besuchen dürfen. "Das war für mich ein großes Glück, dass ich gleich zum Unterricht gehen konnte", sagt der junge Mann. Dabei habe er anfangs kein Wort Deutsch verstanden, musste sich an das neue Land und die fremde Kultur gewöhnen. "Die ersten drei bis vier Monate waren schwierig", erinnert er sich. In Coburg und am Berufsschulzentrum I fühlte er sich schnell wohl und lernte fleißig, um einen Abschluss erlangen.


Sehr motiviert

Das Integrationsprojekt, das aus Mitteln des europäischen Sozialfonds gefördert wird, hat die Volkshochschule Coburg mit im Boot sitzen, die den Sprachunterricht leistet. Projektleiter Klaus-Dieter Schneider schwärmt von der Integrationsklasse, in der er vier Mädchen und 13 Jungen zum Abschluss begleitet hat. "Es sind sehr sehr motivierte Schüler." Und Rolf Sander, der stellvertretende Schulleiter, unterstreicht: "Sie sind mit Feuereifer dabei." Die jungen Leute sind zwischen 16 und 23 Jahre alt und kommen hauptsächlich aus Syrien, aus Afghanistan, aus Eritrea, Äthiopien oder der Ukraine. Werner Schmidt ist für die Organisation der Integrationsklassen zuständig und erklärt: "Es ist das oberste Ziel des Projektes, die Schüler in zwei Jahren auf die Berufswelt vorzubereiten. Wir vermitteln neben Mathematik und Deutsch auch das Leben in Deutschland und unsere Werte."
Insgesamt besuchten das Berufsschulzentrum Am Plattenäcker I 120 Flüchtlinge, die in sechs Klassen in unterschiedlichen Modellen beschult werden. Wie Schmidt erklärt, kämen die Schüler mit unterschiedlichen Bildungsniveau an. Manche verstünden demnach ein bisschen Deutsch, andere gar nichts, und etwa ein Viertel der Schüler habe nie eine Schule besucht. In Coburg schaffe man es, sich auf diese jungen Menschen einzustellen, wie die 100-prozentige Erfolgsquote zeige. Selbst zwei Absolventen, die als Analphabeten kamen, haben einen Mittelschulabschluss (früher Hauptschulabschluss) erreicht und einen Ausbildungsvertrag in der Tasche. Sieben Schüler haben den Quali bestanden, der Gesamtnotendurchschnitt liegt bei 2,8.


Die Coburger Wirtschaft braucht diese jungen Leute

Werner Schmidt sieht in den jungen Flüchtlingen ein Potenzial und eine Chance für die Wirtschaft. Die Coburger Betriebe seien sehr offen und möchten junge Flüchtlinge ausbilden, bestätigt auch Schneider. Coburgs Dritter Bürgermeister Thomas Nowak (SPD) weiß: "Die Coburger Wirtschaft ist brennend an den jungen Leuten interessiert. Wir haben viele Unternehmen, die etwas tun wollen." Viele heimische Unternehmen hätten Schwierigkeiten, passende Lehrlinge zu finden, einige leere Plätze könnten nun mit den Flüchtlingen besetzt werden.
Jürgen Wagenbach von der Agentur für Arbeit Bamberg- Coburg sieht vor allem in der großen Vernetzung eine Stärke der Region. "Die Vermittlung funktioniert hier viel besser als in der Anonymität der Großstadt."

Ein großer Teil der Entlassschüler der ersten Berufsintegrationsklasse gehen zur Firma Kaeser Kompressoren - wie Wasim Osso. Der junge Syrier schmiedet nun Zukunftspläne, er möchte die "Mittlere Reife" schaffen und sich zum Industriemechaniker weiterbilden. "In Coburg gibt es viele Möglichkeiten", sagt er.