"Der Verbraucher hat es in der Hand"
Autor: Stefan Schuhmann
Coburg, Montag, 02. Mai 2016
Wie die Modehaus-Inhaber Katrin und Manfred Ptok mit Kundenbindung und Beratungsqualität dem Internethandel Paroli bieten wollen.
Preisvergleiche noch in der Umkleidekabine per Handy, der Online-Versandhandel als wachsende Konkurrenz. Wie soll und kann das klassische Fachgeschäft dem begegnen? Manfred und Katrin Ptok, Inhaber des Modehauses Kaspar in Coburg, erläutern, wie sie diesem Wandel begegnen.
Herr Ptok, das Modehaus Kaspar besteht am Markt seit 50 Jahren. Wünschen Sie sich die guten alten Zeiten für den Einzelhandel zurück?
Manfred Ptok: So gut waren die alten Zeiten ja auch nicht immer... Natürlich leben wir in einer Zeit des Wandels. Aus meiner Sicht sogar ein tiefgreifender Wandel der ganzen Gesellschaft. Deshalb kommen auf die Einzelhändler neue Herausforderungen zu, denen wir begegnen müssen. Das ist nicht immer leicht, aber möglich.
Der Internethandel wächst, auch in Coburg sehen wir Leerstände und Geschäftsaufgaben.
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Ist der lokale Einzelhandel zum Tode verurteilt?
Katrin Pock: Nein, aus meiner Sicht nicht. Er muss sich nur genauso schnell wandeln wie die Gesellschaft. Das ist das Problem. Nicht nur das Internet, auch das veränderte Kaufverhalten spielt eine Rolle. Man muss als Einzelhändler heute noch mehr tun, seine Kundschaft und damit auch seine Existenz zu erhalten.
Manfred Ptok: Wissen Sie, wir sind ja beide alte Hasen in unserem Geschäft. Früher war die Ware und deren Qualität fast immer das ausschlaggebende Argument für den Kauf. Das ist heute nicht mehr so. Die Ware bekommen Sie in Hülle und Fülle und in jeglicher Qualität auch im Internet. Also müssen wir noch mehr versuchen, unsere Nische zu finden.
Wir müssen bieten, was das Internet nicht kann und hoffentlich auch lange nicht können wird.
Was kann der Einzelhändler, was das Internet nicht kann?
Katrin Ptok: Wir können beraten, wir können für unsere Kunden da sein, eine Beziehung aufbauen, verlässlich sein. Das kann ein Internetkonzern nicht. Ob ein Sakko einem Kunden gut steht, erfährt er nicht durch einen Klick, sondern durch das Auge eines erfahrenen Verkäufers. Und er bekommt auch keine Alternativen angeboten. Der unschätzbare Vorteil des lokalen Einzelhandels ist die Beratungsqualität. Hier in unserem Geschäft haben wir sechs Mitarbeiter, die schon lange bei uns sind. Die bieten Qualität und Verlässlichkeit. Und sie helfen dem Kunden bei der Auswahl. Im Internet bekommt man solch eine Flut an Produkten geboten, dass man teilweise völlig überfordert ist.
Manfred Ptok: Ich denke, dass man uns anmerkt, dass wir mit vollem Herzen Einzelhändler sind. Wir möchten unseren Kunden helfen, sie sollen sich wohlfühlen. Wer sich wohlfühlt, kommt wieder, wenn man es vereinfacht zusammenfassen möchte.
Wie hat sich der Verbraucher aus Ihrer Sicht durch die Digitalisierung verändert?
Katrin Ptok: Was extrem auffällt, ist, dass die Kunden heute in allen Bereichen viel besser vorinformiert sind. Das ist nicht unbedingt ein Nachteil. Was schwieriger ist, ist die extrem viel größer gewordene Auswahl. Der Kunde muss nicht mehr in die Stadt zum Einkaufen, er kann zur Not auch alles von zu Hause aus erledigen. Aber was passiert, wenn niemand mehr in den Städten einkauft? Dann geht auch niemand mehr Kaffee trinken oder essen, oder einfach nur spazieren. Dann sterben die Städte.
Aber diese Entwicklung hat einzig und allein der Verbraucher in der Hand.
Manfred Ptok: Das stimmt, die Kaufentscheidung trifft der Verbraucher. Natürlich wollen wir nicht das Internet verteufeln. Die neuen Möglichkeiten, die sich damit bieten, sind faszinierend, keine Frage. Aber die Entscheidung, lokal einzukaufen, ist auch eine Entscheidung für die Region, in der man lebt. Schließlich will niemand leere Innenstädte ohne Leben. Aber dafür muss man als Verbraucher etwas tun - ohne Zweifel auch als Händler. Wenn man es schafft, den Kunden ein Einkaufserlebnis zu bieten und sich mit seinen Stärken zu positionieren, hat man meines Erachtens schon viel erreicht.
Wie ist Ihre Prognose für Coburg?
Manfred Ptok: Wenn alle an einem Strang ziehen, Händler, Verbraucher und natürlich auch die Stadtverwaltung, haben wir eine Chance. Wir müssen jedoch hart arbeiten und uns auf unsere gemeinsamen Stärken besinnen, dann kann es funktionieren.
Das Gespräch führte Stefan Schuhmann.