Mit dem Hund zu Fuß um die Welt, um auf Suizid aufmerksam zu machen: Tour startet in Coburg
Autor: Christiane Lehmann
Coburg, Samstag, 06. Juni 2020
Mario Dieringer läuft um die Welt und pflanzt Bäume zur Erinnerung. Es geht um das Thema Suizid. Die Tour 2020 startet in Coburg.
Zu Fuß um die Welt, Bäume der Erinnerung pflanzen und so das Thema Suizid aus der Tabuzone holen. Ein ehrgeiziger Plan, den Mario Dieringer verfolgt. Seit 31. März 2018 ist er unterwegs.
Sein letzte Etappe endete in Coburg. Für ihn, seinen Hund Tyrion und seinen Wanderwagen, der in der Garage von Katja Heußel überwinterte. Sie hat auch dafür gesorgt, dass das Gefährt neue Scheibenbremsen bekommen hat. Die Tour 2020 startet am 13. Juni hier in der Vestestadt und führt bis nach Berchtesgaden.
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"Es ist für mich wichtig, dass der Weg um die Welt, den ich laufe, keine Lücke aufweist", sagt Dieringer. "Ich beginne allerdings mit einem Monat Verspätung, weil die Camping-Plätze noch nicht öffnen durften und der Reiseverkehr eingeschränkt war. Die Gesetze machen ja wegen mir keine Ausnahme. Glück und Leid liegen in der Coronapause auch bei mir dicht zusammen", erzählt der Wanderer mit Auftrag.
Alle Einnahmen weggebrochen
In den vergangenen drei Monaten seien alle seine Einnahmen und Aufträge weggebrochen. "Das ist tatsächlich dramatisch, weil ich dieses Geld dringend benötige, um die Tour machen zu können. Das wird ganz sicher extrem schwer für mich werden", glaubt Dieringer. Gleichzeitig habe Corona ihn dazu gezwungen, diese leere Zeit sinnvoll zu nutzen. "Deshalb habe ich drei Monate, täglich 15 Stunden damit zugebracht mein Buch "#psychisch erkältet" zu schreiben. Darin berichte ich von meinem Umgang mit Depressionen und Suizidalität. Tatsächlich bin ich heute mit allem fertig geworden, und es ist vor 10 Minuten raus an den Verlag gegangen", verrät er. Pünktlich zum Start seines Laufes sei es dann käuflich zu erwerben.
Dieringer hofft, dass das Thema Corona durch ist, zumal in den letzten Monaten Depressionen und Suizide zugenommen haben. "Wer weiß, was noch kommt, wenn es Betroffene finanziell nicht mehr auf die Beine schaffen", befürchtet er.
Mehr Suizid durch Corona?
Dem pflichtet auch Iris Pfister vom Vorstand von Trees of Memory bei: "Seit Corona geraten immer mehr Menschen ins Straucheln. Wenn Arbeitslosigkeit und Existenzängste zunehmen, befürchte ich auch ein Ansteigen der Suizidrate." Belastend sei vor allem gewesen, dass psychisch labile Menschen in der Corona-Zeit keine persönlichen Therapiegespräche führen konnten. Das wäre sehr wichtig gewesen.
Wie wichtig persönlicher Austausch und Kontakte sind, erfährt Mario Dieringer auch immer wieder auf seinen Wandertouren. "Sehr emotional war im letzten Jahr mein Überraschungsbesuch im Krankenhaus von Erfurt, wo eine Frau lag, deren Tochter sich das Leben genommen hatte. Sie war sehr enttäuscht, dass ich just zu dieser Zeit in Erfurt aufgeschlagen bin und sie mich nicht treffen konnte. Sie folgte mir auf Facebook schon so lange und dann das." Deshalb sei er zurück gefahren, um sie zu überraschen. Das sei ihm gelungen und zusammen mit ein paar eingeweihten Freunden hätten sie einen emotional dichten Nachmittag in der Krankenhauscafeteria verbracht.