Der Schlachthof wird zum Kreativ-Zentrum
Autor: Simone Bastian
Coburg, Mittwoch, 27. Oktober 2021
Der Bau an der Itz 1880 half, die Versorgung der Bevölkerung zu sichern. Das soll das Gelände auch künftig - wenn auch auf andere Weise.
Es riecht nach Baustelle: Farbe, Mörtel, Holzlasur. Leitern stehen in den Räumen, Arbeiter überstreichen letzte Flecken, Flatterband versperrt den Weg aufs Parkett, die Eingänge sind nur über Bretter erreichbar. An der Fassade ist immerhin schon der Name lesbar: "Alte Kühlhalle" steht da in großen Lettern - und sie beherbergt in Zukunft eine in Coburg einmalige Nutzergemeinschaft.
Die "Creapolis" der Hochschule Coburg wird ins Erdgeschoss ziehen, der Verein Zukunft.Coburg.Digital übernimmt das Dachgeschoss. Gemeinsam haben beide, dass sie Kreativen und Machern eine Heimat bieten wollen - die einen zu Übungs- und Bildungszwecken, die anderen für den nächsten Schritt, nämlich das eigene Unternehmen. Mit dieser Rollenteilung nutzen Creapolis und Zukunft.Coburg.Digital schon die frühere Direktorenvilla des Schlachthofs gemeinsam, allerdings auf viel weniger Quadratmetern.
Markus Neufeld (Creapolis) und Jochen Flohrschütz (Zukunft.Coburg.Digital) arbeiten also schon zusammen. Sie haben auch die Planung für die Alte Kühlhalle begleitet - Flohrschütz zumindest teilweise, denn Geschäftsführer von Zukunft.Coburg.
Digital ist er erst seit gut einem Jahr. Doch er und Neufeld wirken wie ein lange eingespieltes Team. "Das hier soll so eine Art Club werden", sagt Flohrschütz im künftigen Multifunktionsraum, der das nördliche Ende der 73 Meter langen Halle bildet. Hohe Fenster, auf der einen Seite des Raums ein Podest, das als Bühne dienen kann: Hier ist vieles möglich, vom Workshop über den Vortrag bis zum Konzert. Wo früher Fleisch gelagert wurde, sollen künftig kreative Ideen Nährboden finden. Wenn es gut läuft, wird der frühere Schlachthof Keimzelle für neue Unternehmen und zukunftsträchtige Arbeitsplätze.
Wenn es nach Flohrschütz und Neufeld gegangen wäre, hätte der Raum ruhig etwas mehr von seiner alten Substanz zeigen können - Ziegelmauern statt weißer Wände. Aber es handelt sich ja um ein öffentliches Gebäude: Im Eigentum der Stadt, verwaltet von der städtischen Wirtschaftsförderungsgesellschaft (Wifög), die es an Hochschule und Zukunft.Coburg.Digital vermieten wird, so, wie jetzt schon die Direktorenvilla.
Freistaat will Gelände kaufen
Dass die Stadt die Halle selbst umbaut, war ein Politikum: Eigentlich sollte das ganze Schlachthofgelände an einen Investor veräußert werden, der dann dem Bedarf der Hochschule entsprechend hätte bauen können. Doch mit einer Stimme Mehrheit entschied der Stadtrat im Juni 2018, dass die Stadt den Güterbahnhof als innerstädtische Entwicklungsfläche behalten solle. Inzwischen hegt die Hochschule neue, noch größere Pläne, die bis an den ehemaligen Güterbahnhof heranreichen.
Wenn die Bauarbeiten an der Kühlhalle abgeschlossen sind, wird es voraussichtlich im Frühjahr 2022 auf der anderen Hofseite weitergehen, weil die Hochschule auf dem Gelände die Professuren für Künstliche Intelligenz (KI) unterbringen will. Derzeit laufen die Verkaufsverhandlungen um das Grundstück zwischen Stadt und Freistaat Bayern, erklärt Hochschulsprecherin Margareta Bögelein. Der Bau für die KI soll Ende 2023 fertig sein und nicht der einzige bleiben: In den Folgejahren soll sich der geplante Prinz-Albert-Campus der Hochschule weiter nach Süden ausdehnen, bis hinein ins frühere Güterbahnhofsgelände.