Druckartikel: Der "Neue" bei der Kripo Coburg

Der "Neue" bei der Kripo Coburg


Autor: Ulrike Nauer

Coburg, Freitag, 21. Juli 2017

Kriminaloberrat Rainer Schmeußer hat die Leitung der Dienststelle zum 1. Juli übernommen.
Fürs Foto demonstriert der neue Kripo-Chef Rainer Schmeußer, wie der moderne Fingerabdruck-Scanner in der Coburger Dienststelle arbeitet. Foto: Ulrike Nauer


Schon einmal hatte Rainer Schmeußer den Chefsessel von Bernd Rebhan übernommen: als er im Oktober 2007 Leiter der Polizei Bamberg Land wurde. Nun tritt der 46-jährige Ebermannstadter erneut die Nachfolge Rebhans an - als Chef der Kriminalpolizei Coburg. Im Interview spricht Schmeußer über die Polizeiarbeit in Zeiten von Internet und Globalisierung und erklärt, warum es notwendig ist, dass die Polizei ab und an Details für sich behält.

Tageblatt: Sie leiteten fünf Jahre lang die Polizeiinspektion Forchheim und waren zuletzt bei der Bereitschaftspolizei in Bamberg. Wie unterscheiden sich diese Aufgaben von Ihrer neuen als Coburger Kripo-Chef?
Rainer Schmeußer: Hier in Coburg bin ich derzeit in der Einarbeitungsphase, lerne die Dienststelle, die Aufgaben, die Kollegen kennen, das Umfeld, Land und Leute. In den Zuständigkeiten gibt es sicherlich Unterschiede. Es sind alles polizeiliche Tätigkeiten, für die man ausgebildet wurde und studiert hat. Personalführung, Organisation, Dienstbetrieb, das ähnelt sich in vielen Dingen. Ansonsten arbeitet die Schutz- und Kriminalpolizei nach einem festgelegten Aufgabenkatalog. Aber - das ist das Schöne bei der Polizei - mit unserer Generalistenausbildung ist ein Spartenwechsel innerhalb der Polizei grundsätzlich möglich.

Was hat Sie bewogen, sich nach Coburg zu bewerben?
Eine neue Aufgabe, eine neue Herausforderung - Kriminalpolizei. Das hat mein Interesse geweckt, so dass ich mich dann hierher beworben habe. Die Aufgabe hat mich gereizt.

Kannten Sie Coburg schon vorher?
Ja, natürlich. Eher die touristischen Dinge in Coburg, aber auch der Dienstbereich war mir nicht ganz fremd. Ich war viele Jahre Angehöriger der oberfränkischen Polizei. Daher ist mir die auch die polizeiliche Lage und die Struktur nicht ganz unbekannt. Aber auch der Erfahrungsaustausch mit den Kollegen ist hierbei hilfreich gewesen.

Gerade ist das Samba-Festival zu Ende gegangen, die besucherstärkste Veranstaltung in Coburg. Haben Sie das Festival schon mal besucht?
Das Festival ist mir bekannt. Ich war mal vor einigen Jahren hier, allerdings nicht am vergangenen Wochenende. Das hat leider nicht geklappt, aber ich werde es nächstes Jahr sicher besuchen.

Konnten Sie sich in der kurzen Zeit schon einen Überblick über Ihren neuen Wirkungsbereich verschaffen - haben Sie vielleicht dabei etwas entdeckt, was Sie gerne ändern würden?
Ich bin dabei, mir einen Überblick zu verschaffen. Es ist ja ein sehr vielschichtiges Aufgabenfeld, das die Coburger Kripo begleitet, und mit Stadt und Landkreis Coburg, Landkreis Lichtenfels und Kronach ist es ein sehr großer Dienstbereich. Ich bin jetzt in der dritten Woche, und meine ersten Eindrücke sind durchwegs positiv.

Die digitalen Möglichkeiten sind heute beinahe unendlich, damit werden auch die Kriminellen immer erfindungsreicher. Ist die Coburger Dienststelle für solche Herausforderungen gut gerüstet?
Ich würde es sogar noch eine Ebene höher legen. Cyberkriminalität ist ein gesamtgesellschaftliches Problem. Hier hat die Staatsregierung sehr gut reagiert, mit der Einführung der sogenannten Cyberkommissariate. Seit März ist ein solches Kommissariat auch bei der Kriminalpolizei Coburg angesiedelt.
Wird die Kriminalität in diesem Bereich noch zunehmen?
Rein persönlich denke ich, ja. Wir sind in einer sehr schnelllebigen Zeit. Die Technik entwickelt sich immer mehr fort, entsprechend müssen auch die Ermittlungsbehörden, die Sicherheitsbehörden nachziehen.

Kommen Sie bei dieser Entwicklung noch hinterher?
Wie gesagt, wir haben eine sehr schnelllebige Zeit. Es wird eher immer bei der Reaktion bleiben als bei der Aktion, weil man nicht weiß, was der Markt entwickelt, welche Phänomene sich daraus entwickeln. Es ist ja nicht so, dass da etwas Technisches auf den Markt kommt, was von Anfang an zur Begehung von Straftaten benutzt wird. Ganz im Gegenteil, es sind ja eigentlich sinnvolle Dinge, die der Menschheit das Leben erleichtern sollen. Aber, wie so oft, kann man manches auch gesetzeswidrig einsetzen, und da gilt es, Schritt zu halten. Wir versuchen, die Reaktionszeiten zu verkürzen. Deshalb bin ich sehr zuversichtlich, dass sich die Polizei auch wegen der Cyberkommissariate hier nicht im Nachzug sieht, sondern durchaus auf Augenhöhe kommt.

Das heißt, auch die Polizei lernt dazu...
Selbstverständlich! Wie jede Organisation muss auch eine Polizei gerade in diesem Bereich flexibel bleiben.

Dabei ist sicher auch für Sie das Internet eine Hilfe.
Sicher, generell alle technischen Möglichkeiten, sofern sie gesetzlich erlaubt sind. Die entsprechende Rechtsgrundlage muss vorhanden sein. Dann greift natürlich auch die Polizei auf diese technischen Mittel zurück. Öffentlich zugängliche Quellen wie das Internet nutzen wir genauso wie jeder Privatmann.

Es vergeht kaum ein Tag, an dem nicht getötet, geraubt, eingebrochen... wird. Ist das nur gefühlt so, weil sich jeder Vorfall in Sekundenschnelle übers Internet verbreitet, oder schlägt sich das auch in den Kriminalstatistiken nieder?
Man kann den Eindruck bekommen, dass Kapitaldelikte zugenommen haben. Aber in den letzten Jahren ist das eher relativ gleich geblieben. Außerdem gilt es, zwischen subjektivem und objektivem Sicherheitsgefühl zu unterscheiden. Durch die Vernetzung der Welt, bekommt man viel mehr Zugang zu den Ereignissen - per Facebook, Twitter, was es alles gibt. Aber Oberfranken ist, was die objektive Sicherheit anbelangt, eine der sichersten Regionen in Deutschland. Das ist die objektive Seite. Subjektiv ist es sicherlich so, dass es jeder Einzelne für sich bewertet.

Bei manchen Leuten lässt diese Objektivität aber offenbar nach.
Es wird viel dramatisiert. Die persönlichen Meinungen, Einschätzungen - die einer schreibt, der nächste schon wieder als Tatsache weiterverbreitet - das ist ein Phänomen der Zeit. Das ist bei vielem so, egal, ob im Sport oder in der Politik. Solche Nachrichten verbreiten sich dann sehr schnell, beziehungsweise Meinungen, die von der tatsächlichen Realität doch ein Stück entfernt sind.

"Soziale Medien" machen es möglich: Der Bürger und auch manche Medien spielen Polizei, jagen etwa mit Hilfe von Handyfotos auf eigene Faust mutmaßliche Verbrecher. Wie sehen Sie solche Trends?
Ich sehe das eher kritisch. Die Verfolgung von Straftaten ist Aufgabe der Sicherheitsbehörden. Gleichwohl, wenn jemand eine Straftat feststellt, ist es dessen Bürgerpflicht, das der Polizei zu melden. Alles Weitere ist unsere Aufgabe. Es ist ja auch nicht ungefährlich, wenn sich jemand in die Rolle der Polizei begibt. Wenn im Western einer dem anderen das Messer aus der Hand schießt, mag das bei John Wayne gut aussehen, aber von der Realität ist das ganz ganz weit entfernt. Die Polizei ist ausgebildet und hat die nötigen Einsatzmittel und setzt diese professionell ein.

Gerne wird auch mal behauptet, "die Polizei verschweigt uns was" - etwa, wenn in einer Meldung die Nationalität eines Verdächtigen nicht genannt ist.
Es gibt Einschränkungen, die beispielsweise in die Persönlichkeitsrechte des Einzelnen greifen. Oder es hat ermittlungstaktische Gründe, dass nicht alles sofort preisgegeben wird. Dafür bitte ich um Verständnis. Die Frage ist auch, ob zum Beispiel die Nationalität relevant ist. Bei einem Verkehrsunfall ist es völlig egal, ob nun ein Inder oder ein Deutscher die Vorfahrt missachtet hat. Anders sieht es aus, wenn ich konkret jemanden suche.

Sie sind auch CSU-Stadtrat und Dritter Bürgermeister in Ebermannstadt - eine gewisse Parallele zu Ihrem Vorgänger.
(lacht) Wenn man so will, ja. Beides sind ehrenamtliche Tätigkeiten, ich bin auch noch Kreisrat im Landkreis Forchheim. Für mich steht aber der Beruf an allererster Stelle.

Schauen Sie eigentlich "Tatort" oder Krimis im Fernsehen?
Ja, den Tatort am Sonntag. Weil ihn meine Frau immer so gern schaut. Da bin ich fast gezwungen, zu schauen (lacht). Nein, ich schau' ihn auch gern an.

Und welcher ist Ihr Lieblings-Kommissar?
Am besten finde ich den Münster-Tatort. Ich finde die Zwei einfach gut. Der "Wilsberg" ist auch gut gemacht.

Rainer Schmeußer ganz persönlich

Der 46-jährige Rainer Schmeußer aus Ebermannstadt wechselte zum 1. Juli vom Präsidium der Bayerischen Bereitschaftspolizei in Bamberg zur Kriminalpolizei Coburg.

Schmeußer begann seine Ausbildung 1988 im mittleren Polizeivollzugsdienst und schloss diese 1991 mit einem "hervorragenden" Ergebnis ab. In den Folgejahren war er bei der Bayerischen Bereitschaftspolizei in Nürnberg eingesetzt. 1997 beendete der Ebermannstädter das Studium an der Beamtenfachhochschule mit einem sehr guten Abschluss und leistete als frischgebackener Polizeikommissar Dienst bei seiner Heimatdienststelle in Ebermannstadt.

Über weitere Stationen in Bamberg, unter anderem auch bei der Kriminalpolizei, beim Polizeipräsidium Oberfranken und der Polizeiinspektion Pegnitz bewährte er sich für den Aufstieg in den höheren Dienst.
Nach erfolgreichem Abschluss übernahm Schmeußer die Polizeiinspektion Bamberg-Land und war damals schon Nachfolger von Bernd Rebhan. Weiter folgten Führungsaufgaben bei der damaligen Polizeidirektion Bamberg sowie der Inspektion Bamberg-Stadt.

Im Oktober 2010 wechselte er als Dienststellenleiter zur Polizeiinspektion Forchheim, ehe er 2015 zum Präsidium der Bayerischen Bereitschaftspolizei nach Bamberg (Sachgebiet Einsatz) versetzt wurde.

Bei der Kripo Coburg ist Schmeußer für rund 100 Beschäftigte verantwortlich und für einen Schutzbereich mit etwa 1800 Quadratkilometern.