Der Nachwuchs macht sich ans Werk
Autor: Cindy Dötschel
Coburg, Dienstag, 02. November 2021
In vielen Handwerksbetrieben steht in den kommenden Jahren ein Generationenwechsel an. Das stellt manchen familiengeführten Betrieb vor Existenzprobleme. Doch es gibt auch Sprösslinge, die gerne in die Fußstapfen der Eltern treten.
In den nächsten zehn Jahren werden rund 6000 Handwerksbetriebe in Oberfranken an die nächste Generation übergeben. "Gerade in den Lebensmittelberufen, wie beim Bäcker oder beim Metzger, ist es sehr schwierig, Nachfolger zu finden", sagt der Coburger Kreishandwerksmeister Jens Beland.
Zum Teil liege das auch daran, wie Eltern ihren Kindern die Selbstständigkeit vorleben. "Salopp gesagt, sagen wir Handwerker oft zu unseren Kindern, dass sie mal was Gescheites lernen sollen. Und wenn man sieben Tage die Woche 24 Stunden arbeitet und nie Urlaub macht, ist das auch kein Anreiz, mit dem man junge Leute begeistern kann."
Damit die Vielfalt nicht verloren geht, geht es Jens Belands Meinung nach jetzt vor allem darum, junge Menschen wieder für das Handwerk zu begeistern. "In Oberfranken sind wir echt verwöhnt, vor allem was die Lebensmittelbetriebe angeht. Bei einem Bäcker kaufen wir das Brot, beim nächsten das Gebäckstück und beim dritten die Semmeln", zählt er auf.
Nicht nur in den Lebensmittelbetrieben sind die zunehmenden bürokratischen Anforderungen die Ursache dafür, dass schwer Nachfolger gefunden werden. Generell gehen viele lieber einer aufgetragenen Arbeit nach und sind dann pünktlich fertig. "Als Unternehmer hat man Verantwortung gegenüber seinem Personal und muss auch weniger tolle Entscheidungen treffen. Auch in Vereinen sieht man, dass junge Leute dazu oft nicht mehr bereit sind, leitende Funktionen zu übernehmen."
Generell gebe es auch viele Beispiele, in denen Kinder die Betriebe ihrer Eltern übernehmen. "Junge Kollegen, die jetzt übernehmen, arbeiten auch anders als die alte Generation. Sie haben eine Work-Live-Balance und nehmen auch mal Urlaub", sagt Jens Beland, der selbst in vierter Generation das gleichnamige Maler- und Putzgeschäft in Großheirath leitet. Seine Tochter hat kürzlich ihre Kirchenmalerlehre begonnen. "Es ist toll, selbstständig zu sein. Man weiß, für wen man was macht und ist flexibel."
Unterwegs Erfahrungen sammeln
Wie auch Matthias Klar, Pressesprecher der Agentur für Arbeit Coburg-Bamberg, weiß, ist die Nachfolge bei familiengeführten Betrieben oft ein heikles Thema. "Eine Selbstständigkeit muss man leben", sagt Matthias Klar.
Umso erfreulicher sei es, dass immer wieder Kinder in die Betriebe ihrer Eltern einsteigen würden, was auch in zwei Betrieben in Coburg kürzlich der Fall war. Um zur Meisterprüfung zugelassen zu werden, sind Gesellen im späten Mittelalter bis zur beginnenden Industrialisierung auf die Walz gegangen. So haben sie in fremden Regionen Praktiken für ihr späteres Berufsleben angeeignet. Wie Matthias Klar erzählt, sei es noch heute oft der Fall, dass junge Erwachsene erst überregional Erfahrungen sammeln und dann in die Betriebe ihrer Eltern einsteigen. "Man saugt Wissen und Ideen aus anderen Regionen auf und bringt dann frische Ideen in den elterlichen Betrieb mit."