Druckartikel: Der "Flying Clipper" legt wieder ab

Der "Flying Clipper" legt wieder ab


Autor: Rolf Krebs

Coburg, Sonntag, 13. August 2017

Der Coburger Film-Enthusiast Jürgen Brückner hat sich die Rechte an einem ganz besonderen Streifen gesichert und bringt ihn nun fürs Heimkino heraus.
Das Plakatmotiv für den Film: "Superpanorama" nannte sich das Format, in dem "Flying Clipper" 1961/62 gedreht wurde. Eine Schiffsreise durchs Mittelmeer war damals für die meisten Menschen unvorstellbar.


Es war ein langgehegter Herzenswunsch des Coburgers Jürgen Brückner: die Neu-Veröffentlichung "seines" Dokumentarfilms "Flying Clipper". Als der Film 1962 erschien, war er ein Kinoschlager, die Kritiken überschlugen sich, der Film war mehr als richtungsweisend. Er dokumentierte die Fahrt eines schwedischen Segelschulschiffs mit internationaler Crew durchs Mittelmeer. Das Besondere: Erstmals kam eine 70-Millimeter-Kamera bei einem deutschen Film zum Einsatz.

"Ich war damals zum Studium in München. Es war kurz vor Weihnachten im Jahre 1962, und ich besuchte einen Tag nach der Weltpremiere den Royal Filmpalast", erinnert sich Jürgen Brückner. "Die Dreharbeiten des ersten deutschen 70-mm-Films, dem Nachfolger des legendären Windjammer-Films, der noch im Drei-Streifen-Verfahren gedreht wurde, hatte ich bereits in der Presse verfolgt. Im einstreifigen 70-mm-Format konnte ,Flying Clipper‘ nun auch in normalen Lichtspielhäusern und bis ins kleinste Landkino über die Leinwand flimmern. Mit der eigens entwickelten Kamera wurden später Filme wie ,Onkel Toms Hütte‘ und ,Old Shatterhand‘ gedreht."
Obwohl sich die damalige Euphorie im Laufe der Zeit etwa legte, hatte Brückner den Film nie aus den Augen verloren. Als er eine 35-mm-Kopie für sein Heimkino erwerben konnte und hörte, dass die Filmrechte frei geworden sind, erwachte in ihm die alte Leidenschaft. "Der Produzent Rudolf Travnicek starb, die Rechte an den Dokumentarfilm gingen an seine Ehefrau und Schauspielerin Hannelore Bollmann über. Sofort suchte ich den Kontakt zu ihr."

In Rom wurde der Vertrag für die Filmtheaterauswertung unterzeichnet. Kaum ein Jahr später startete Jürgen Brückner den Film wieder in deutschsprachigen Filmtheatern mit einer neuen 70-mm-Kopie. Die Wiederaufführungs-Premiere war natürlich in Alfred Heubleins Film-Casino in Coburg.

Als die Videoformate "Beta" und "VHS" das TV-Licht erblickten, war eine der ersten Veröffentlichungen auch Flying Clipper. Zuvor war er schon als 8-mm-Kurzfassung am Markt erschienen. Auch im Fernsehen lief er bei RTL und ZDF.

"Man muss wissen, das war damals kein normaler Kinofilm, es war eine Dokumentation", sagt Brückner. "Es gibt soviel zu entdecken. Grace Kelly und die Begum sind zu sehen, ebenso der längst verstorbene Formel 1 Fahrer Graham Hill." 2009 wurde Brückner als Rechteinhaber zur Berlinale eingeladen. "Das war natürlich ein Ereignis. Viele Schauspieler habe ich kennengelernt und zusammen mit Hannelore Bollmann durfte ich viele Events und Filme besuchen. Im Rahmen der Retrospektive wurde auch ,Flying Clipper‘ gezeigt. Das Bundesfilmarchiv hatte dankenswerterweise dafür sogar eine neue 70-mm-Kopie in Los Angeles in Auftrag gegeben."
Doch Brückner geht es um mehr: "Diese außergewöhnliche Dokumentation muss der Nachwelt erhalten bleiben. Dieses Ziel habe ich mir vor ein paar Monaten gesteckt!" Nun ist es erreicht: "Flying Clipper" ist auf DVD, Blu-Ray und UHD 4K zu haben. Viel Zeit hat Brückner investiert, um eine passenden Vertriebspartner zu finden. "Als die Zusage von der Busch Media Group kam, war ich schon sehr erleichtert!"

Um die neue Veröffentlichung abzurunden, wurde in der Schauburg Karlsruhe eine Art "Making of" aufgenommen. "Ein ganz spezielles Programmkino, das mir ans Herz gewachsen ist", erläutert Brückner. Denn es gebe nur noch ganz wenige Kinos, die 70-Millimeter-Filme zeigen können. Neben einem Interview mit Brückner erläutert der 90-minütige Film die Restaurierung des Materials und die Besonderheiten des 70-mm-Films. Der erlebt Brückner zufolge gerade eine Renaissance, "ähnlich wie die Vinyl-Schallplatte". Der Film ,Dunkirk‘ ist zum Beispiel in dieser Technik gedreht, "und im Herbst folgt ,Mord im Orient-Express‘".

Ein besonderes Erlebnis hatte Jürgen Brücker erst vor ein paar Tagen. "Ich ließ es mir natürlich nicht nehmen, dem damaligen Kameramann Heinz Hölscher, einen der wenigen noch lebenden Zeitzeugen des Films, eine neue Fassung zu schicken. Aus Freude kamen ihm die Tränen. Die Erinnerungen kamen wieder hoch in ihm, als er das Werk in den Händen hielt!"

Nun gilt es für Brückner, weltweit Vertriebsfirmen zu finden. "Japan ist bereits gebongt, Amerika ist dagegen noch nicht in trockenen Tüchern" Zudem hofft er, dass "Flying Clipper" auch eines Tages wieder im Fernsehen und diesmal in UHD 4K zu bestaunen sein wird. "Das wäre genial. Gespräche dahingehend laufen schon!"