Beiersdorfer Mordprozess: Der Enkel des Getöteten soll aussagen
Autor: Fenna Kreuz
Beiersdorf bei Coburg, Freitag, 20. Mai 2016
Im Beiersdorfer Mordprozess stellten die Verteidiger der Angklagten und die Nebenklägervertreterin am Freitag neue Beweisanträge.
Auch nach zehn Verhandlungstagen werden immer noch neue Beweisanträge an das Gericht gestellt. Meist gehen diese von den Verteidigern der vier Angeklagten aus, doch am heutigen Freitag wirkt auch die Nebenklage auf den Prozess ein: Elias S., der Enkel des getöteten Wolfgang R. und Sohn der Nebenklägerin Alexandra S., soll als Zeuge aussagen, um zu bestätigen, dass ein "normales Verhältnis" zwischen Wolfgang R. und dessen Tochter bestanden habe, so die Anwältin Elke Zipperer.
Als Beweis soll auch eine Geburtstagseinladung dienen, die der Getötete von seinem Enkel per SMS erhalten habe. "Wolfgang R. konnte die Einladung nicht wahrnehmen, weil er an dem Tag im ,Clou‘ gearbeitet hat", führt Zipperer weiter aus.
Ursprünglich wollte die Nebenklage Elias S. aufgrund seines Alters nicht in den Zeugenstand rufen lassen: "Elias ist 14 Jahre alt und wird bald 15", berichtet Anwältin Zipperer.
Die Verteidiger der Angeklagten würden das Verhältnis zwischen Alexandra S. und ihrem getöteten Vater immer wieder als schlecht darstellen, kritisiert deren Rechtsanwältin. Sie beschuldigt insbesondere Rechtsanwalt Till Wagler, der Peter G. verteidigt, er habe aufgrund einer Zeugenaussage behauptet, die Nebenklägerin sei mit ihrem Vater zerstritten gewesen.
Oberstaatsanwalt Martin Dippold will den Antrag ablehnen: "Diese Aussage ist für die Verhandlung nicht relevant."
Oberstaatsanwalt lehnt ab
Aber auch die Anträge der Verteidiger weist er zurück: So beschwert sich Rechtsanwalt Joachim Voigt, der die Brasilianerin Maria S. verteidigt, dass der Dolmetscher, der in den ersten Vernehmungen übersetzt hatte, nicht über die nötige Qualifikation verfügt habe. Denn der gebürtige Angolaner habe "weder Portugiesisch, noch Deutsch studiert", so Voigt. Außerdem spreche der Coburger europäisches Portugiesisch, das sich - so behauptet Voigt - stark von brasilianischem Portugiesisch unterscheide.
Der Oberstaatsanwalt erwidert auf diese Argumentation nur abweisend: "Bayern und Preußen können sich auch verständigen. Unterschiedliche Dialekte sind trotzdem verständlich."
Ein weiterer Antrag wird von Rechtsanwalt Norman Jakob gestellt: Er fordert ein Gutachten über die Niederschläge in Beiersdorf für Herbst und Winter 2013, den Zeitraum, kurz bevor Wolfgang R. getötet wurde. Hintergrund ist die Aussage der Hundeführer am Mittwoch, die den Spuren vom Tatort aus nachgegangen waren. Sie hatten angegeben, dass starker Regen Spuren verwischen könnte. Mit einem entsprechenden Gutachten will die Verteidigung feststellen lassen, ob die Witterung die Spuren verfälscht haben könnte. Dippold antwortete auf diesen Antrag schlicht: "Es ist offenkundig, dass es im Herbst und Winter regnet."
Zahlreiche DNA-Spuren
Bevor die Anträge gestellt werden konnten, verlas Rechtsmediziner Stephan Seidl, Professor an der Universität Erlangen, wie schon beim ersten Prozess 2014 detailliert die Gutachten der Spurensicherung. Die Kriminaltechniker hatte unter anderem eine große Zahl an DNA-Proben vom Tatort in Beiersdorf und von der Kleidung der Täter genommen. Obwohl Schuhe und Kleidung von Paul K. und Peter G. von dessen Noch-Ehefrau Tina G. nach der Tat gewaschen worden waren, konnten trotzdem Spuren sichergestellt werden: Während an den Schuhen von Peter G. nur noch Fragmente von Spuren nachgewiesen werden konnten, wurde an Socken und Schuhen von Paul K. Blutspuren und DNA von Wolfgang R. sichergestellt. Das deute auf eine massive Spur hin, erklärt der Rechtsmediziner, denn "Waschen ist ein DNA-Killer".
Auch im Fußraum des Autos des mittlerweile 25-jährigen Täters wurden auf der Fahrerseite Blutspuren gefunden.
Prozess dauert an
Das Gericht dürfte dementsprechend noch einige Prozesstage vor sich haben: Den letzten Termin hat Vorsitzende Richterin Ulrike Barausch vorsorglich für den 6. Dezember angesetzt.Ein Opfer, vier Angeklagte: Wer ist wer im Prozess?
Wolfgang R. Der 66-Jährige, ehemals Orchestermusiker am Landestheater, wurde in der Nacht zum 12. Dezember 2013 in seinem Haus in Beiersdorf getötet. Für die Tat wurden Paul K. und Peter G. verurteilt.
Maria S. Die ehemalige Lebensgefährtin des Opfers ist noch immer mit Helmut S. verheiratet. Die 43-jährige Brasilianerin wurde im ersten Prozess zu sieben Jahren Gefängnis verurteilt, weil sie Paul K. und Peter G. zur Tat angestiftet hat.
Helmut S. Der 59 Jahre alte Noch-Ehemann von Maria S. erhielt für die Anstiftung zur Tat ebenfalls sieben Jahre Haft.
Paul K. und Peter G. Der 25-jährige Thüringer und der 47-jährige Coburger sollen gemeinsam Wolfgang R. getötet haben. Das Landgericht Coburg hatte die beiden Männer, die zeitweise dem Rockermilieu angehörten, 2015 wegen Totschlags zu je dreizehneinhalb Jahren Haft verurteilt. Der BGH hob das Urteil auf. Im neuen Prozess soll geklärt werden, ob die Tat nicht doch als Mord geahndet werden muss.