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Der echte Carl Altmann kommt aus Oeslau


Autor: Rainer Lutz

Oeslau, Freitag, 10. Oktober 2014

"Himmel ohne Sterne" heißt ein Film über eine Liebe im geteilten Deutschland. Grundlage dafür war die wahre Geschichte von Herbert Korn aus Oeslau.
Am Set mit Helmut Käutner. Herbert Korn durfte als Berater an dem Film mitwirken, der seine wahren Erlebnisse mit der Teilung Deutschlands aufarbeitet. Foto: Archiv Korn


Wenn jedes Jahr im Oktober, und vor allem im November der Rummel um das Gedenken an Mauerfall und Wiedervereinigung groß wird, dann wird ein Mann in Oeslau an seine ganz besondere Geschichte erinnert. Viele verbinden eine eigene Geschichte mit der Grenze, ihrer Entstehung und ihrem Fall. Aber die von Herbert Korn ist wohl eine der ganz wenigen, die verfilmt wurden. Herbert Korns Erlebnisse wurde zur Vorlage für den mehrfach ausgezeichneten Film "Himmel ohne Sterne" aus dem Jahr 1955.

Ein bewegtes Leben führte Herbert Korn von seinem Geburtsort Oeslau weg und wieder hierhin zurück. Wohin ihn sein Weg auch führte, er wurde stets in Bildern festgehalten. Filmen und Fotografieren waren Korns Passion und sein Beruf. So legt er denn auch eine Reihe von Fotografien auf den Tisch, die zu seiner Erinnerung an die Dreharbeiten zu dem Filmdrama von Helmut Käutner gehören.

Die Bilder entstanden am Set in Naila, Ludwigsstadt, Töpen oder Görsdorf und Wallenfels. Herbert Korn war stets vor Ort, stand Käutner mit Rat zur Seite, damit der Film nicht zu weit von der realen Geschichte abwich.

Eine riskante Liebesbeziehung
Es geht um die junge Ostdeutsche Anna. Sie lebt nahe der Grenze als Näherin und verliebt sich in den westdeutschen Grenzpolizisten Carl Altmann. Ihr Sohn, dessen Vater im Krieg gefallen ist, lebt auf der Westseite der Grenze bei den Großeltern. Daher überschreitet sie regelmäßig diese Grenze. Und ihr Carl hilft ihr dabei. Er besucht sie dafür immer wieder im Osten. Für beide ein riskantes Unterfangen. Herbert Korns Frau Ilse (geborene Knorr) heißt im Film Anna Kaminski und wird von Eva Kotthaus gespielt. Den Carl, also Herbert Korn, spielt Erik Schumann. Aber auch Horst Buchholz gehört zu den Darstellern, ebenso Gustav Knuth und Georg Thomalla.
Im Film entschließt sich Anna schließlich zur Flucht in den Westen, doch die Grenze wird immer stärker bewacht und das Entkommen zum lebensgefährlichen Wagnis.

Und im realen Leben des Herbert Korn? "Ich habe meine Frau auf einer Hochzeit in Unterlind kennen gelernt", erzählt Herbert Korn. Er war im Krieg zum Kameramann ausgebildet worden, hatte Filme für die Wehrmacht gedreht. Nach Kriegsende kehrte er in die Heimat nach Oeslau zurück. Und fand sich damit nahe an der Grenze zur sowjetisch besetzten Zone wieder. "Gegenüber der Bergmühle war ein Sägewerk, da bin ich immer rüber", erinnert er sich. Allerdings war diese günstige Stelle zum Überqueren der Grenze auch den Leipziger Stadtpolizisten bekannt, die teilweise dort zu wachen hatten. "Die waren nicht streng, die sahen auch nicht ein, warum da so eine Grenze sein sollte", erzählt der heute 89-jährige Herbert Korn.

Immer gefährlicher
Doch dann kamen die Russen. Auch die waren anfangs nicht so übermäßig dienstbeflissen. Doch das änderte sich mit der Zeit. Korn erlebte, wie Menschen an der Grenze erschossen wurden. Fast hätte es ihn selbst erwischt. Er wurde verhaftet, geschlagen, schließlich wieder in den Westen gelassen. Das Signal für einen Schlussstrich. Er holt seine spätere Frau nach Franken herüber. "Wir haben alles erst in die Bergmühle geschafft - da war sogar ein alter Herd dabei. Dort haben wir die Sachen dann später geholt," erzählt er. Lebensgefährlich war das wirklich. Da übertreibt der am 14. Oktober 1955 in Nürnberg uraufgeführte Film nicht. 1963 zeigte ihn das ZDF im Fernsehen. An der Bergmühle in dem Sägewerk konnte natürlich nicht gedreht werden. Es lag ja auf der Ostseite der Grenze und wurde übrigens bald auch abgerissen. "Wir haben in Wallenfels gedreht, da gab es ein Sägewerk, das sah ganz genauso aus", erzählt Korn.



Das wahre Leben schrieb ein Happyend ins Drehbuch für Herbert Korn und seine Frau. Er wurde Fotograf bei Goebel und fertigte unzählige Bilder von Hummelfiguren an. Später wechselte er nach Siegen, war sogar Cheffotograf für den Krupp Konzern. "Da hatte ich sogar einen eigenen Chauffeur", erinnert er sich. Wenn er heute in seinem Album blättert und auf Bilder zeigt, fallen Namen, die viele nur aus dem Geschichtsbuch kennen. Jimmy Carter hat er vor die Linse bekommen, Tito, Ludwig Erhardt und Erich Honecker. "Den hab ich die Brille abnehmen lassen", sagt Korn und lächelt verschmitzt. Seine Arbeiten wurden immer wieder ausgezeichnet. 1970 bekam er die Goldmedaille der Europäischen Fotografie. Auch sein Film "Stahlfahrt" über die Herstellung von Stahl in den Krupp Werken erhielt eine Auszeichnung. Stolz ist Herbert Korn aber auch darauf, dass er oft mit Hilfe der Film- oder Fototechnik Ingenieurprobleme lösen konnte. Eine Weltraumkapsel etwa offenbarte erst in farbigem Licht fotografiert ihre Schwächen. Und technische Abläufe konnte er durch Hochgeschwindigkeitsfilme aufklären. 1990 ging Herbert Korn in den Ruhestand. 1999 kehrte er nach Oeslau zurück. Dorthin, wo seine Lebensgeschichte begann und eine Liebesgeschichte, die unter dem Titel "Himmel ohne Sterne" Filmgeschichte geschrieben hat.