Der dunkelste Johannistag in Neustadt: Ein Feuer zerstörte Hunderte Gebäude
Autor: Dieter Seyfarth
Neustadt bei Coburg, Freitag, 21. Juni 2019
Beim Stadtbrand am Johannistag von 1839 versank Neustadt in Schutt und Asche. Die Feuersbrunst machte 1400 Menschen obdachlos.
Am Montag, 24. Juni 2019, jährt sich der große Stadtbrand von 1839 zum 180. Male. Dieser Unglückstag prägt wie kein anderer die Geschichte der Stadt in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Pfarrer Albert Greiner berichtet im zweiten Band seiner "Geschichte der Stadt und Pfarrei Neustadt" von einer entsetzlichen Feuersbrunst, die am Johannistag 1839, einem Montag, mittags um 12.45 Uhr losbrach. Die Unglücksstelle befand sich im Hause des erst 1838 zugezogenen Färbermeisters Gustav Kuder, das in nordöstlicher Richtung dem Brunnen am Viehmarkt (heutiger Alexandrinenplatz) gegenüber stand.
Ursache war auch die Trockenheit
Schon seit 14 Tagen war eine sehr trockene Witterung gewesen. Am Johannistag selbst wehte ein heftiger Westwind, der gegen Mittag sturmähnlich wurde. Ein Großteil der Einwohner befand sich auf den Feldern und Wiesen. Obwohl das Feuer von den in der Stadt Gebliebenen sofort bemerkt und mit den damals sehr bescheidenen Mitteln bekämpft wurde, konnte es nicht aufgehalten werden. Das wahrscheinlich durch Holzkohlefunken verursachte Feuer wurde durch eine große Menge auf dem Boden liegenden dürren Holzes genährt. Angetrieben durch den heftigen Südwestwind loderten die Flammen über den Dachstuhl empor und ergriffen die dahinterliegenden Häuser und Nebengebäude, deren Dächer damals größtenteils mit Strohwischen eingedeckt waren. Infolge des Sturmes verbreitete sich das Feuer mit rasender Geschwindigkeit und übersprang einzelne Straßen. Schon nach einer Stunde stand ein großer Teil der Häuser in der Toten-, Mittel- und Organistengasse (heute Kirch-, Wilhelm- und Augustastraße) in Flammen. Sogar die am Ostende der Stadt gelegenen Scheunen und Kellerhäuser am Muppberg wurden ein Raub des wütenden Elements.
Wie Pfarrer Albert Greiner eindrucksvoll schildert, erfüllten Jammer- und Hilfeschreie die Luft. Die Glocken des Rathauses und der Stadtkirche riefen die Bewohner der Ortschaften rund um Neustadt nach Hilfe. Obwohl an die 60 Spritzen nach und nach ankamen, standen die Menschen dem Flammenmeer machtlos gegenüber.
In der Beschreibung des Stadtbrandes im Heimatblatt "Rund um den Muppberg" vom 26. Juni 1929 ist von der großen Anstrengung der braven Sonneberger und Oberlinder die Rede, welche mit Spritzen und Löschgeräten im Marsche herbeieilten, das Justizamtsgebäude sowie durch dieses den ganzen dahinter liegenden vierten Stadtteil retteten.
Die Turmglocken stürzen herab
Als die Feuersbrunst immer schlimmer wurde, eilten die betroffenen Männer und Frauen mit ihrer Habe die Kirchgasse (heute Glockenberg) hinauf, um sich bei der Kirche in Sicherheit zu bringen. Gegen 13.45 Uhr zeigten sich bereits die ersten Rauchwölkchen an der Spitze des Rathausturmes. Bald danach brannte er lichterloh und wenige Augenblicke später auch die Kaplanei. Gegen 14.50 Uhr begann auch die Kirchturmspitze zu brennen, und um 16 Uhr stürzten die Glocken des Turmes, dessen Bau am 26. August 1787 vollendet worden war, auf das Kreuzgewölbe.
Bald lag auch die Superintendentur und ein Teil der Heubischer Straße in Asche. Dagegen gelang es, das 1833 eingeweihte neue Schulhaus am heutigen Glockenberg zu retten. Darum machte sich die Coburger Feuerwehr verdient, die unter der Leitung von Herzog Ernst I. und seiner Söhne Ernst und Albert stand.
Abends um 17 Uhr glich die Stadt einem Feuermeer. Die hoch emporlodernden Flammen, die schwarzen Rauchsäulen, das Zusammenstürzen der Häuser, das Rasseln der Spritzen, das Rufen und Schreien der Rettenden, das umherirrende Vieh, die vielen ihres Obdachs beraubten Menschen und die weinenden Frauen und Kinder prägten die Szene.