Dekan Kleefeld blickt auf Kirchenvorstandswahlen
Autor: Oliver Schmidt
Coburg, Samstag, 20. Oktober 2012
Weniger Mitglieder, weniger Personal: Die evangelische Kirche steht vor großen Herausforderungen. Doch Dekan Andreas Kleefeld zeigt sich zuversichtlich - nicht zuletzt auch mit Blick auf die Kirchenvorstandswahlen am Sonntag.
63. 717 Christen aus 47 Kirchengemeinden im evangelischen Dekanat Coburg sind am Sonntag dazu aufgerufen, neue Kirchenvorstände für ihre jeweilige Gemeinde zu wählen. Wie wichtig diese Wahl ist und warum es keine Verlierer geben wird, darüber sprachen wir mit Dekan Andreas Kleefeld.
"Ich glaub', ich wähl" - das ist das Motto der Kirchenvorstandswahlen am Sonntag. Glauben Sie denn, dass viele wählen gehen werden?
Andreas Kleefeld: Ich wünsche mir eine breite Unterstützung der Frauen und Männer, die in den nächsten sechs Jahren in ihren Kirchengemeinden Verantwortung übernehmen werden. Der Rückhalt der Gemeinde ist für einen Kirchenvorstand ausgesprochen wichtig. Darum rufe ich jeden evangelischen Christen auf, wählen zu gehen oder die Briefwahl in Anspruch zu nehmen.
Die Wahlbeteiligung bei politischen Wahlen ist oft erschreckend niedrig. Gibt es für Sie so etwas wie eine Wunschmarke, die Sie gerne erreichen würden?
Kirchenvorstandswahlen sind mit politischen Wahlen kaum vergleichbar. Die Wahlbeteiligung variiert von manchmal 80 bis 90 Prozent in sehr kleinen Gemeinden bis zu zehn Prozent in großen städtischen Gemeinden. Würden wir eine Beteiligung wie bei politischen Wahlen erreichen, wäre das ein Traum. Aber es wäre für uns ein echter Erfolg, wenn wir die Marke der letzten Kirchenvorstandswahl überspringen könnten.
Warum sollten Mitglieder der evangelischen Kirchengemeinden im Dekanat Coburg denn am Sonntag wählen gehen?
Kirchenvorstandswahlen sind ein Ausdruck dafür, dass das Leben einer Kirchengemeinde von den Gemeindegliedern zu verantworten und zu gestalten ist. Diejenigen, die im Auftrag der Wählerinnen und Wähler in den Kirchenvorständen arbeiten, sollen von Fragen des Gottesdienstes, der Seelsorge und des Konfirmandenunterrichts bis zu Personal-, Bau- und Haushaltsfragen Entscheidungen treffen. Wer wählt, bestimmt die künftige Entwicklung seiner Gemeinde mit.
Sehen Sie in der nächsten KV-Periode besondere Herausforderungen?
Die nächste Kirchenvorstandsperiode wird zum einen von der Konsolidierung und Umsetzung der in den vergangenen Jahren von der Landessynode beschlossenen Veränderungen geprägt sein: Der Landesstellenplan führt zu Veränderungen in der personellen Ausstattung der Kirchengemeinden und zu Kooperationen zwischen Kirchengemeinden, die mit Leben zu füllen sind. Das Immobilienmanagement, Veränderungen im Bereich der Verwaltung, des Haushaltswesens und im Kindergartenbereich schlagen bis zur Gemeinde durch und wollen gestaltet werden. Wir haben uns einen Dekanatsentwicklungsprozess vorgenommen, bei dem es darum gehen wird, das Miteinander der Christen und der Gemeinden in unserem großen Dekanatsbezirk zu stärken.
Reformation im Blickpunkt
Inhaltlich wird uns in den nächsten Jahren die Reformationsdekade begleiten. 2013 erhält der Dekanatsbezirk eine halbe Stelle, die in unserem Dekanat für die ganze Landeskirche Veranstaltungen und Aktionen rund um das Reformationsgedenken entwickeln und durchführen und die Aktivitäten, die schon jetzt vom Dekanat und Evangelischen Bildungswerk unternommen werden, vertiefen soll.
Wie definieren Sie die Aufgabe der (evangelischen) Kirche heute? Ihr persönliches Engagement ganz aktuell für ein Bündnis gegen Rechts zeigt ja, dass sie eine Kirche wollen, die sich einmischt und auch außerhalb biblischer Themen klar Stellung bezieht. Ist das auch das Rezept, um zum Beispiel die Zahl der Kirchenaustritte zu verringern?
Die Aufgabe der Kirche ist es nicht, Kirchenaustritte zu verhindern, sondern Räume anzubieten, in denen die Menschen sie selber sein dürfen. Darum ist das gottesdienstliche Angebot unserer Gemeinde so wertvoll, weil hier Menschen in ihrem Selbstverständnis durch Gottes Zuspruch gestärkt, ermutigt und getröstet werden. Hier können Menschen zur Ruhe finden, die sich von ihrem Alltag in Beruf und Familie getrieben fühlen.
Ich wünsche mir, dass dieser geistliche und seelsorgerliche Anspruch unserer Kirche, neben der öffentlichen politischen und diakonischen Seite, die allgemeine Anerkennung und wieder eine größere Aufmerksamkeit und einen größeren Zuspruch findet.
Aber klar ist auch, dass sich die Kirche in der Sorge um den Menschen und um die Gesellschaft einzumischen und klar zu positionieren hat. Die menschenverachtende Ideologie der NPD, die am heutigen Samstag in unserer Stadt laut werden will, ist zu verurteilen.
Wie werden Sie den Wahltag am Sonntag verbringen?
Ich freue mich, dass ich in meiner Gemeinde Heilig Kreuz zwei Gottesdienste halten darf. Gewählt habe ich zwar schon. Aber ich werde mit großem Interesse die Kirchenvorstandwahl in meiner Gemeinde verfolgen und die Wahl begleiten.
Anders als bei politischen Wahlen wird es aber keine Wahlverlierer geben, oder?
Gewinner ist die Kirchengemeinde, und Gewinner sind alle, die aktiv und passiv an der Wahl teilnehmen werden. Natürlich wird es auch Enttäuschungen darüber geben, wenn jemand nicht oder nicht mehr in den Kirchenvorstand gewählt wird. Aber wenn es gelingt, die Energie und die Zeit, die ein Kandidat und eine Kandidatin für die Kirchenvorstandswahl aufwenden wollte, für eine andere Aufgabe in der Kirchengemeinde einzusetzen, dann wäre das ein echter Sieg.