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Dauerstress im Sonnefelder Freibad


Autor: Berthold Köhler

Sonnefeld, Samstag, 27. August 2016

Bernd Steckmann, der Betriebsleiter des Freibades Sonnefeld (Landkreis Coburg), über Sommer, Sonne, Badewetter.
Eine Aufgabe für schattige Stunden: Bademeister Bernd Steckmann (links) erklärt Berthold Köhler, was er und seine Kollegen alles zu tun haben, bevor die Badegäste kommen - zum Beispiel das Spaßbecken für Kinder zu reinigen. Foto: privat


Sommer, Sonne, Badewetter - es sind stressige Tage, die Bernd Steckmann derzeit im Freibad durchmacht. Aber am Ende seiner Kräfte ist der Betriebsleiter des Schwimmbads deshalb noch lange nicht. "Da braucht es schon mehr als nur ein paar Tage Schönwetter", sagt der 50-Jährige lachend. Aber viel Zeit für lange Gespräche hat der Bademeister in diesen Tagen nicht. Pünktlich um 10 Uhr kommen die ersten Badegäste und über zwei Stunden dauern jeden Morgen die Vorbereitungen, damit das Freibad für den Besucheransturm gerüstet ist.
Was er in seinem Job zu tun hat und auf was die Besucher in einem Freibad achten sollten - das erzählt Bernd Steckmann im Gespräch mit dem Tageblatt.

Auf Ihrem Meisterbrief hier im Büro steht "Geprüfter Meister für Bäderbetriebe". Darf man Sie da eigentlich noch "Bademeister" nennen?
Bernd Steckmann: Auf

jeden Fall! Wenn mich jemand fragt, was ich beruflich mache, sage ich immer: Bademeister! Wir haben hier in Sonnefeld alle das Wort "Bademeister" auf dem T-Shirt stehen - egal, ob im Shirt ein Rettungsschwimmer, ein Geselle oder ein Kollege mit einem Meisterbrief drin steckt. Wir legen hier keinen so großen Wert auf Titel.

Erleben Sie derzeit die stressigsten Tage des Jahres 2016 im Freibad?
(Bernd Steckmann blättert in seinem Betriebstagebuch) Wir tragen jeden Tag die Besucherzahlen ein. Bei einer Schönwetterphase Anfang Mai und im Juni hatten wir schon ein paar Mal über 1000 Besucher. Aber so viele Tage hintereinander wie jetzt hatten wir heuer noch kein schönes Wetter.

Wie viele Besucher kommen an Schönwettertagen?
Wir hatten in Sonnefeld schon 1500 Badegäste an einem Tag, derzeit sind es so um die 1100. Bei 1000 haben wir die Grenze, wo es allmählich stressig wird. Dann ist man nach einer Woche so weit, dass man über ein, zwei Tage Schlechtwetter gar nicht einmal so unglücklich ist (lacht).

Kann man als Bademeister bei über 1000 Besuchern eigentlich noch den Überblick über das Geschehen behalten?
In Sonnefeld sind wir dank der Unterstützung der Gemeinde bei der Sicherheit der Badegäste extrem gut aufgestellt. Es sind immer mindestens zwei Bademeister unterwegs und schauen, dass nichts passiert. An den Wochenenden werden wir von ehrenamtlichen Rettungsschwimmern der Wasserwacht Sonnefeld unterstützt. Nicht zuletzt deshalb hatten wir auch heuer keinen ernsthaften Notfall.

Was sind dann die Ereignisse und Probleme, die sich an einem langen Tag im Schwimmbad auftun?
Das fängt schon am Morgen an, wenn die Anrufe von Besuchern kommen, die am Vortag etwas liegen gelassen haben. Und während des Tages kommen die klassischen Geschichten: Stürze, aufgeschlagene Knie und Arme, Insektenstiche. Wobei es mit den Bienen und Wespen heuer nicht so schlimm ist wie in den vergangenen Jahren.

Wie viele Personen sind eigentlich in einem Freibad wie Sonnefeld beschäftigt?
Vier Kassiererinnen, fünf Reinigungskräfte und drei Bademeister - alle im Schichtbetrieb.

Sieht man als Bademeister an solchen Tagen wie jetzt eigentlich auch einmal was anderes wie das Schwimmbecken?
Wir haben einen guten Schichtplan: Sieben Tage Spätschicht - zwei Tage frei; acht Tage Frühschicht - vier Tage frei. All das entspricht den gesetzlichen Vorschriften zur Arbeitszeit. Aber wenn viel Betrieb ist und du zur Frühschicht eingeteilt bist, dann kommen am Ende des Tages schon einmal elf, zwölf Stunden zusammen. Die Überstunden und den größten Teil des Jahresurlaubs feiern wir dann im Winter ab.

Was macht ein Bademeister, wenn wenig los ist?
Immer noch auf die Badegäste aufpassen. Selbst wenn nicht viel los ist, kann immer etwas passieren. Wenn aber wirklich mal nur ein Bademeister aufpassen muss, gibt es noch die Pflege- und Wartungsarbeiten. Wir machen das alles selbst, es gibt also genug zu tun. Die Abwechslung ist es aber auch, was unseren Job hier in Sonnefeld so schön macht.

In Sonnefeld leben auch Flüchtlinge, natürlich besuchen die das Freibad. Hat es da schon Probleme gegeben?
Die Flüchtlingsfamilien, die in Sonnefeld leben, sind sehr offen und interessiert. Ein bisschen schwierig war es am Anfang, weil sie die deutsche Bäder-Kultur mit den tiefen Schwimmer-Becken nicht gekannt haben. Wenn man von außen reinschaut, denkt man: Das ist ja nicht tief! Aber das sind fast zwei Meter! Wenn da ein Nichtschwimmer reinspringt, ist er weg. Deshalb muss man als Bademeister besonderes Augenmerk darauf haben, damit da nichts passiert. Zum allgemeinen Verhalten im Freibad haben wir vorne am Eingang Info-Tafeln in allerlei verschiedenen Sprachen. Unsere Kassiererinnen weisen immer wieder ausdrücklich auf die Regeln hin. Dann klappt das auch!

Was sind die klassischen Fehler, die einheimische Besucher machen?
Viele überschätzen ihre schwimmerischen Fähigkeiten. Und wir erleben es immer wieder, dass Mütter nicht gut auf ihre Kinder aufpassen. Wenn da so ein kleiner Dreijähriger alleine am Beckenrand rumläuft, musst du als Bademeister extrem wachsam sein - kann sein, dass die Mama irgendwo auf der Liegewiese schläft...

Jetzt dürften Sie aber auch ein bisschen Werbung machen. Das Sonnefelder Freibad...
... ist absolut herrlich in die Umgebung eingebettet, liegt im Grünen und kommt dadurch nicht so steril rüber. Es ist überschaubar groß, wir haben viele Stammgäste und damit eine schöne, familiäre Atmosphäre. Bei uns gibt es kein Problem-Publikum - unsere Kinder und Jugendlichen wissen, wie man sich benimmt. Das ist in großen Städten ganz anders...

Wie lange dauert für sie noch die Hochsaison?
Normal ist mit Ende der Ferien Schluss. Aber wir sind total flexibel. Wenn es Mitte September noch eine Hitzewelle geben sollte, dann lassen wir einfach ein, zwei Wochen länger auf. Das ist für uns kein Problem.
Das Gespräch führte
Berthold Köhler