Das Vergnügen geht im Landkreis Coburg heuer wohl baden
Autor: Christoph Winter
Coburg, Donnerstag, 30. April 2020
Betreiber von Frei- und Hallenbädern können sich im Moment nicht vorstellen, wie ein Betrieb unter dem Gebot, Abstand zu halten, laufen könnte.
Sommer, Sonne, Temperaturen von mehr als 30 Grad Celsius - trotzdem sind die Freibäder geschlossen. Schwimmbecken und Wasserrutschen bleiben in der Saison 2020 verwaist, Liegewiesen leer und Sprungtürme verlassen. Im Jahr der Corona-Pandemie ist dieses Szenario durchaus real. "Wir halten in der Freibadsaison 2020 ein geschlossenes Bad, trotz Erlaubnis zur Wiederöffnung, für ein durchaus denkbares Szenario", sagt SÜC-Geschäftsführer Wilhelm Austen. Die Städtischen Werke betreiben das Coburger Hallen-Freibad "Aquaria". Auch die Verantwortlichen für die Freibäder in Neustadt bei Coburg, in Sonnefeld, für das Waldbad in Bad Rodach und das Rödentaler Hallenbad mit Freifläche sehen die diesjährige Saison als höchst ungesichert an. Denn wie sich mit den Lockerungen der Corona-Beschränkungen die Infektionszahlen und damit auch mögliche Todesfälle entwickeln, vermag niemand vorherzusagen.
Bereits Mitte April hat der Verein European Waterpark Association, nach eigenen Angaben "die Interessenvertretung der europäischen Freizeitbäder, Thermen und Wasserparks", an den bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder geschrieben und eine Öffnung der öffentlichen Bäder anstelle von Badeseen ins Gespräch gebracht. In den Badeanstalten, so die Argumentation, könnten Abstandsregeln und die Zahl der Gäste im Gegensatz zu Badeseen kontrolliert und reguliert werden. Weiter sei eine Ansteckungsgefahr mit dem Coronavirus durch das gechlorte und aufbereitete Wasser sehr gering. Zitiert wird eine Stellungnahme des Umweltbundesamtes vom März dieses Jahres, wonach "Filtration und Desinfektion wirksame Verfahren zur Inaktivierung von Bakterien und Viren" seien. Auch im unbehandelten Wasser stufen die Fachleute eine Infektion als gering ein, da sich ein Verdünnungseffekt einstelle. Aber letzte Sicherheit dafür gebe es nicht.
20 Seiten umfassenden "Pandemieplan Bäder"
Ähnlich hat sich die Deutsche Gesellschaft für das Badewesen in einem Brief an die Bundeskanzlerin und die deutschen Länderchefs positioniert. In einem mehr als 20 Seiten umfassenden "Pandemieplan Bäder" sind Verhaltensregeln ausgearbeitet worden, wie Freibäder aktuell betrieben werden können. Da geht es um die Einhaltung von Abständen, Schutzausrüstung, Desinfektion und Niesetikette. 4,5 Quadratmeter Fläche müsse danach jeder Schwimmer in einem Sportbecken zur Verfügung haben, im Nichtschwimmerbereich fordert die Gesellschaft für Badewesen 2,7 Quadratmeter je Badegast. "Das wären etwa 50 Menschen im Sportbecken oder vier Schwimmer je Bahn", rechnet Aquaria-Betriebsleiter Jörn Kirchner vor. Auch der Schutz der Mitarbeiter, Wegeplanung für Abstandsgebote und viele andere Aspekte mehr umfasst der Pandemieplan.
Technisch sei das in den Becken durchaus zu machen, meint Armin Münzenberger, Leiter der Stadtwerke Neustadt. Aber auch er erachtet den personellen Aufwand als unverhältnismäßig hoch, den geforderten Mindestabstand von 1,5 bis zwei Metern zwischen den Badegästen auf den Liegewiesen zu überwachen. "Solange das Abstandsgebot gilt, kann ich es mir nur sehr schwer vorstellen, dass unser Freibad wieder geöffnet werden kann."
Stefan Markus, geschäftsleitender Beamter in der Gemeindeverwaltung von Sonnefeld, sieht den enormen organisatorischen Aufwand vor dem Freibad. Die Menschen könnten vermutlich in diesem Jahr nicht in den Urlaub fahren und "rennen uns dann die Bude ein". Bei einer Beschränkung der Besucherzahlen sieht Markus die Gefahr, dass sich die Leute vor dem Freibad drängen. "Es ist durchaus möglich, dass wir in diesem Jahr nicht aufsperren." In normalen Jahren ist das Sonnefelder Freibad von Anfang Mai bis Mitte September geöffnet.
Im Mai und Juni, so die Einschätzung von Rödentals Bürgermeister Marco Steiner, werde das Hallenbad mit Freifläche nicht geöffnet sein. "Wir halten uns selbstverständlich an die Vorgaben des Freistaates." Durch die aktuelle Schließung seien die Schwimmvereine, die Wasserwacht, überhaupt die Schwimmausbildung gestoppt.
Es bleibt nichts anderes übrig, als zu warten
"Wir hoffen, zumindest einige Wochen unser Waldbad öffnen zu können", so Michael Fischer. Dem Stadtkämmerer von Bad Rodach bleibt zurzeit auch nichts anderes übrig, als auf Informationen aus der Politik und von den Virologen zu warten. Vorteil des Waldbades sei die Größe des Geländes. "Dort lassen sich Abstände der Menschen zueinander einhalten." Als Ersatz für den in diesem Jahr wohl nicht stattfindenden Sommerurlaub im Ausland sei es wichtig, "wenigstens während der Sommerferien den Betrieb aufnehmen zu können", betont Fischer.