Die Geschichte und ihre Vorgeschichte
"Das Rheingold" ist so etwas wie die Vorgeschichte einer neuen Serie, ein Appetitanreger gewissermaßen. Die handelnden Personen werden vorgestellt, die Konflikte und ihre Ursachen werden angelegt - aber richtig spannend wird es erst in den Fortsetzungen von der "Walküre" über "Siegfried" bis zur "Götterdämmerung". Ein klassischer Fall von Cliffhanger also. Klar ist aber von Anfang an: Diese Geschichte geht nicht gut aus, denn sie beginnt mit einem Chef, der auf fatale Weise Schulden macht: Wotan. Göttervater Wotan hat sich mit fremder Hilfe (durch die Riesen Fafner und Fasolt) eine neue Firmenzentrale bauen lassen (Walhall) - auf Pump.
Verpfändet aber hat er Freia, die eigentlich Garant sein soll für die ewige Jugend der Götter. Um Freia auszulösen aus dem fatalen Pakt, muss Wotan aber neue Schulden machen. Er raubt Alberich, der den Rheintöchtern zuvor das Rheingold geraubt hatte, seinerseits dieses Gold. Damit beginnt die verhängnisvolle Kette gebrochener Verträge, die am Ende beinahe zwangsläufig zu mehreren Bluttaten führt. Wer den Begriff Rheingold als Symbol für Rohstoff liest, ist mitten drin in einer Geschichte der Ausbeutung der Natur - einer Ausbeutung mit katastrophalen Folgen.
Die Darsteller
Bis auf wenige Gäste (Simeon Esper mit schlankem Tenor als am Ende lautstark gefeierter als Loge und Evelyn Krahe als sonor warnende und mahnende Erda) ist dieses "Rheingold" mit Solisten des Coburger Ensembles besetzt. Allen voran: Michael Lion, der den Göttervater Wotan mit souverän geführtem Bass als nur scheinbar erfolgreichen Strippenzieher zeichnet. Ebenso beeindruckend wie überraschend: das stimmlich wie darstellerisch souveräne Alberich-Debüt Martin Trepls aus den Reihen des Landestheaterchors. Marvin Zobel als Donner, Peter Aisher als Froh, Felix Rathgeber (als Gast) und Bartosz Araszkiewicz als die beiden Riesen Fasolt und Fafner, Kora Pavelic als Wotans sorgenvoll gestimmte Gattin Fricka, Olga Shurshina als Freia, Dirk Mestmacher als Mime (mit pointierter Stepptanz-Einlage) und nicht zuletzt Dimitra Kotidou, Laura Incko und Emily Lorini als Rheintöchter-Trio - sie alle beeindrucken solistisch wie als Ensemble.
Der Dirigent
Coburger Generalmusikdirektor Roland Kluttig startet als jederzeit umsichtiger "Rheingold"-Dirigent in seine letzte Saison am Landestheater. Aus der Not der beengten Platzverhältnisse und der deshalb deutlich reduzierten Orchesterbesetzung macht er die Tugend eines zumeist gut durchhörbaren Wagner-Klanges. Dass Wagners Partitur gerade in ihren vielen leiseren Passagen besonders spannungsvoll klingen kann, wird in seiner klar disponieren Interpretation sehr gut hörbar. Unter seiner Leitung muss die Sängerschar nirgends forcieren.
Das Orchester
Wagners Rheingold-Partitur ist am Landestheater in einer geschickt reduzierten Fassung zu hören - einer Mischung der sogenannten Coburger Fassung und einer späteren Bearbeitung durch den Dirigenten Gotthold Ephraim Lessing. Das Philharmonische Orchester dringt konzentriert ein in Wagners Klangkosmos, musiziert bei Bedarf mit geballter Kraft, überzeugt aber nicht zuletzt mit fein differenzierten leisen Tönen.
Das Fazit
Wenn sich der Vorhang senkt im fast ausverkauften Haus am Schlossplatz, brandet Jubel auf, garniert mit Bravo-Rufen. Anders als bei der Eröffnungspremiere mit "Zauberflöte" im vergangenen Jahr: Mit diesem "Rheingold" gelingt der Spielzeit-Start wie erhofft. Mehr noch: Mit ihren wuchtigen, einprägsamen Bildern, aber auch mit überzeugenden Solisten ist diese Neuinszenierung allemal einen Besuch im Landestheater wert.
Rund um "Das Rheingold" am Landestheater Coburg
"Das Rheingold" - Vorabend des Bühnenfestspiels "Der Ring des Nibelungen" von Richard Wagner Landestheater Coburg Termine 3. Oktober, 18 Uhr; 8. Oktober, 19.30 Uhr, 20. Oktober, 1. November, 18 Uhr, 20. November, 4. Dezember, 9., 31. Januar, 19.30 Uhr
Produktionsteam Musikalische Leitung: Roland Kluttig
Inszenierung und Bühne: Alexander Müller-Elmau
Kostüme: Julia Kaschlinski
Dramaturgie: Dorothee Harpain
Besetzung Wotan: Michael Lion
Donner: Marvin Zobel
Froh: Peter Aisher
Loge: Simeon Esper
Alberich: Martin Trepl
Mime: Dirk Mestmacher
Fasolt: Felix Rathgeber
Fafner: Bartosz Araszkiewicz
Fricka: Kora Pavelic
Freia: Olga Shurshina
Erda: Evelyn Krahe
Woglinde: Dimitra Kotidou
Wellgunde: Laura Incko
Floßhilde: Emily Lorini
Vorverkauf Tickets gibt es in der Tageblatt-Geschäftsstelle, Hindenburgstraße 3a, Coburg