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Das großen Stühlerücken am Albertsplatz in Coburg


Autor: Oliver Schmidt

Coburg, Freitag, 23. März 2018

Wie kommt die Markthalle aus der Krise? Noch-Geschäftsführer Werner Häfele hat mehrere Maßnahmen vorgestellt, die aber auch ein neues Problem verursachen.
Seit dieser Woche gehören zur Markthalle auch Tische und Stühle am Albertsplatz.Jochen Berger


Werner Häfele wird sich im Sommer als Geschäftsführer der Markthallen Coburg GmbH zurückziehen. Das hat er am Freitag mitgeteilt. Im Gespräch mit dem Tageblatt war er allerdings bemüht, die Brisanz dieser Personalie herunter zu spielen. Denn: "Das war ja von Anfang an so abgesprochen!" Demnach sollte er lediglich als "Geburtshelfer" tätig sein. "Und wenn die Markthalle läuft, ziehe ich mich zurück."

Nun könnten Spötter sagen, dass Häfele unter dieser Maßgabe doch erst recht noch bleiben müsste. Denn die Markthalle "läuft" zumindest noch nicht so, wie es sich die Betreiber ursprünglich vorgestellt haben. Das räumt auch Werner Häfele ein: "Natürlich hören wir die deutliche Kritik am Konzept." Man würde diese Kritik aber als "Herausforderung" sehen, das Angebot in der Markthalle weiterhin zu verbessern.


Gesucht wird ein "Kümmerer"

Nachdem jüngst zwei weitere Mieterwechsel bekannt geworden waren, gab Häfele jetzt Maßnahmen bekannt, wie die Markthalle wieder in Schwung kommen soll (siehe dazu die Auflistung weiter unten). Die größte Veränderung wird es aber im organisatorischen Bereich geben. So wird ein "Kümmerer" gesucht, der - anders als der aus Baden-Württemberg stammende Häfele - täglich vor Ort sein kann und sich um den reibungslosen Betriebsablauf und vor allem das Marketing und die Abwicklung von Veranstaltungen kümmert. Dieser "Kümmerer" soll dann auch neuer Geschäftsführer werden. Die Stelle wird von der Markthalle Coburg GmbH "baldmöglichst" ausgeschrieben. Häfele wird der GmbH weiterhin als Gesellschafter angehören.

Zuletzt hatte - mehr oder weniger unfreiwillig - Stefan Hinterleitner gefühlt den Job des "Kümmerers" in der Markthalle inne. Als Regionalmanager sollte er eigentlich nur den Verkauf regionaler Wurst- und Käsespezialitäten im "Genussreich" koordinieren. Doch bald engagierte er sich noch sehr viel mehr und erarbeitete schließlich sogar ein Papier, in dem er die Situation der Markthalle analysiert und zugleich Lösungen aufzeigt.

In dem Papier, das dem Tageblatt vorliegt, schreibt Hinterleitner, dass die Markthalle Coburg GmbH "nie ein klassisches Markthallen-Konzept" im Blick gehabt hätte. Denn klassische Markthallen würden von einer Vielzahl kleinflächiger Verkaufseinheiten leben, die zumeist sehr einfach als "Marktstände" realisiert sind. Dadurch könnten sie auch leicht immer wieder wechseln - und das sollten sie sogar auch, um immer wieder für neues Interesse bei potenziellen Kunden zu sorgen. Am Albertsplatz habe man sich aber auf eine überschaubare Anzahl fester, dauerhafter Mieter fokussiert, die ihre Verkaufsflächen hochwertig ausstatten und somit auch dauerhaft betreiben. Das sei ein "Center-Konzept".

Als "Fügung" bezeichnet es Stefan Hinterleitner, dass Jasmin Franz als Ankermieter gewonnen werden konnte - auch wenn Bekleidung nicht das klassische Markthallen-Sortiment sei. Aber aus den Bereichen Lebensmittel und Gastronomie seien nun mal keine weiteren Interessenten gefunden worden.

Dass Werner Häfele nur selten in Coburg sein kann, sieht Hinterleitner problematisch. In dem vor zwei Wochen erstellten Papier schlägt der Regionalmanager vor, einen "Ansprechpartner vor Ort" zu installieren - diese Idee wird nun mit dem "Kümmerer" auch umgesetzt.

Eine weitere Idee von Hinterleitner war, das "Genussreich" in ein Bistro umzubauen. Dort sollten nicht mehr in erster Linie Lebensmittel zum Verkauf angeboten werden, sondern Verköstigungen. Ein Bistro würde mehr zum Verweilen einladen als eine Wurst- und Käsetheke.


Verfallen die Fördergelder?

Doch an die Stelle des "Genussreichs" zieht jetzt die Chocolaterie. Noch bevor das Hinterleitner wusste, hatte er in dem Papier gewarnt, dass es bei einem Auszug der Destillerie Möbus und des "Genussreichs" - und ohne vergleichbare Nachmieter - wohl keinen Anspruch mehr auf die bereits beschiedenen Leader-Fördermittel geben könnte. Mit dem Laeader-Programm unterstützt der Freistaat regionale Konzepte in ländlichen Regionen. Ob der Verkauf von Schokolade in diese Kategorie fällt, darf bezweifelt werden.


Was verändert sich in der Markthalle?

1. Die Chocolaterie "Liaison au Chocolat", die derzeit noch im Nachbargebäude Zinkenwehr 1 beheimatet ist, übernimmt in der Markthalle die Fläche vom bisherigen "Genussreich". Statt regionalen Wurst- und Käsespezialitäten gibt es dort also künftig Schokolade zu kaufen.

2. Für den Brennpunkt" der Destillerie Möbus, der spätestens Ende des Jahres die Markthalle verlässt und ab April nur noch sehr eingeschränkte Öffnungszeiten haben wird, gibt es laut Geschäftsführer Werner Häfele "zwei Optionen", zu denen er sich aber noch nicht näher äußern will. Ganz wird Rainer Möbus den Standort Markthalle aber nicht aufgeben: Er will sich auch weiterhin beispielsweise an Veranstaltungen und Verköstigungen beteiligen.

3. Im Haupteingangsbereich der Markthalle werden weitere Sitzmöglichkeiten für Kunden der Chocolaterie und der Bäckerei Nahrstedt entstehen. Dies soll für eine "angenehme Aufenthaltsqualität zum Einkehren und Verweilen" sorgen, hofft Geschäftsführer Werner Häfele.

4. Auf dem Albertsplatz und entlang der Fassade der Markthalle gibt es ab sofort Sitzmöglichkeiten für alle Besucher und Kunden der Markthalle. Genutzt werden kann die Bestuhlung von allen Kunden der Markthalle, ganz egal, bei welchem Anbieter die Kunden Speisen und Getränke erwerben.

5. Die Gemeinschaftsfläche im hinteren Bereich der Markthalle wird innenarchitektonisch so flexibel gestaltet und bestuhlt, dass sie weitere Sitzflächen für das asiatische Restaurant Michido bieten kann. Bei Bedarf kann die Fläche auch als Veranstaltungsfläche genutzt werden. Geplant sind Themenwochen, Vorträge, Lesungen und Verkostungen. Die Gestaltung schließt die Beleuchtung und die Glaselemente mit ein.

6. Die Mietfläche im Nachbargebäude Zinkenwehr 1 (zurzeit noch von der Chocolaterie "Liaison au Chocolat" genutzt) wird aus der offiziellen Markthallen-Mietfläche herausgenommen und künftig direkt von der Stadtentwicklungsgesellschaft Coburg vermietet. Es soll auch schon mehrere Interessenten geben. Letztlich handelt es sich dabei um eine rein interne und organisatorische Änderung, die für Kunden keinerlei Auswirkungen hat.


Von Schokolade und einem Schlachtbetrieb

Hintergrund Die im September 2017 am Coburger Albertsplatz eröffnete Markthalle ist ein Projekt der Wohnbau Stadt Coburg GmbH und Stadtentwicklungsgesellschaft Coburg. Sie ist auch Eigentümerin der Gebäude. Um die Markthalle kümmert sich eine Betreibergesellschaft mit Werner Häfele als Geschäftsführer. Werner Häfele kommt aus Winnenden und betreibt in Baden-Württemberg mehrere ähnliche Projekte; neuerdings gehört ihm auch ein Schlacht- und Zerlegebetrieb mit mehreren Filialen.

Mieter Offiziell hat die Markthalle (Untertitel: "Genuss und Mode") sieben Mieter. Doch sowohl die Eisdiele "San Geladona" als auch der Schokoladenladen "Liaison au Chocolat" und das asiatische Restaurant "Michido" werden aufgrund ihrer separaten Eingänge oft gar nicht als Bestandteil der eigentlichen Markthalle wahrgenommen. Zumindest bei der "Chocolaterie" ändert sich das jetzt, denn sie zieht ins Herzstück des Gebäudekomplexes. Dort befinden sich das Modegeschäft von Jasmin Franz, das Backhaus Nahrstedt sowie - noch - der "Brennpunkt" der Destillerie Möbus und das "Genussreich". Im "Genussreich" hatte es bereits wenige Wochen nach der Eröffnung im September 2017 den ersten Mieterwechsel gegeben: Hubert Wall zog sich damals zurück, den dortigen Verkauf regionaler Käse- und Wurstwaren koordinierte daraufhin das Coburger Regionalmanagement um Stefan Hinterleitner. Doch nun schließt das "Genussreich" komplett, Nachmieter wird die Chocolaterie von nebenan.