Das Gas, das aus der Erde kommt
Autor: Rainer Lutz
LKR Coburg, Dienstag, 04. Januar 2022
Der Nordwesten des Coburger Landes gilt als Gebiet mit hoher Konzentration von radioaktivem Radon im Boden.
Wir können es nicht sehen und nicht riechen, trotzdem ist das radioaktive Gas Radon allgegenwärtig. Es kann krank machen oder heilen. Die Dosis macht bekanntermaßen das Gift. Wo sich Radon konzentriert, wird es zum Problem, einem Problem, mit dem sich das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) beschäftigt. Es hat untersucht, wo in Deutschland besonders viel Radon aus dem Boden aufsteigt. Der Nordwesten des Coburger Landes gehört dazu.
Vom Bad Rodacher Stadtteil Rossfeld bis Gauerstadt und Mährenhausen sowie bis hinüber in den Landkreis Hildburghausen zeigt die Radonkarte des BfS eine dunkelblaue Färbung. Das bedeutet, es ist mit einer Konzentration von mehr als 100 000 Becquerel (Bq) je Kubikmeter Luft zu rechnen. Das ist die höchste Konzentration, die die Karte ausweist. Ein Wert, den niemand fürchten muss, der sich im Freien aufhält. Dort verteilt sich Radon rasch in der Umgebungsluft und erreicht keine gefährliche Konzentration, heißt es seitens des BfS.
Anders sieht es in geschlossenen Räumen aus. In Heilstollen beispielsweise sammelt sich Radon über die Zeit an und erreicht hohe Konzentrationen. Patienten werden zur Behandlung von Lungenproblemen dieser Konzentration für kurze Zeit gezielt ausgesetzt. Im Arbeitsumfeld oder Wohnbereich besteht aber hohes Gesundheitsrisiko, wenn sich das Gas bei mangelnder Belüftung zu hohen Konzentrationen anreichert.
Um solchen Risiken entgegen zu wirken, verpflichtet das Strahlenschutzgesetz die Bundesländer dazu, Ermittlungen anzustellen, wo hohe Radonkonzentrationen vorhanden sind und entsprechende Regionen zum so genannten Radon-Vorsorgegebiet zu erklären. Das sollte bis Ende 2020 geschehen. In Bayern wurde im vergangenen Jahr der Landkreis Wunsiedel als solches Gebiet ausgewiesen. Dort sind regelmäßige Radon-Messungen an allen Arbeitsplätzen Pflicht, die im Kellergeschoss liegen. Für Neubauten auch in der Wohnbebauung gelten Vorschriften zur Abdichtung des Kellers oder der Bodenplatte.
Auf der Karte des BfS sind aber weit mehr Gebiete als die Region um Wunsiedel dunkelblau markiert, eben auch der Nordwesten des Coburger Landes. Eine Nachfrage beim Bauamt der Stadt Bad Rodach beantwortet Bauamtsleiter Dirk Hochberger: "Uns sind keinerlei neue Vorschriften im Zusammenhang mit Radon im Boden bekannt." Solche Vorschriften gibt es auch nicht, denn das Gebiet ist eben kein Radon-Vorsorgegebiet.
Schon im vergangenen Frühjahr hatte das Bayerische Umweltministerium dazu mitgeteilt, dass die Ausweisung weiterer Vorsorgegebiete über Wunsiedel hinaus im Freistaat derzeit nicht nötig sei.
Voraussetzung nicht erfüllt
Ein Sprecher des Ministeriums dazu: "Radon-Vorsorgegebiete sind Gebiete, in denen erwartet wird, dass die über das Jahr gemittelte Radonkonzentration in der Luft in mindestens zehn Prozent der Gebäude mit Aufenthaltsräumen oder Arbeitsplätzen den gesetzlich festgelegten Referenzwert von 300 Becquerel pro Kubikmeter Luft überschreitet. Die Festlegung der Radon-Vorsorgegebiete in Bayern beruht auf Grundlage zweier Prognosekarten des Bundesamts für Strahlenschutz von 2017 und 2020 und auf eigens durchgeführten Bodenluftmessungen. Festgelegt werden nur Gebiete, die aufgrund der aus den beiden Prognosekarten erhobenen Daten die im Bundesrecht aufgeführten Kriterien erfüllen und deren Festlegung durch die Ergebnisse der zusätzlich durchgeführten Bodenluftmessungen gestützt werden. Gebiete, die diese Anforderungen nicht erfüllen, wurden nicht festgelegt. (...) Die Festlegung von Radon-Vorsorgegebieten wird anhand der Datenlage und weiterer Bodenluftmessungen regelmäßig überprüft."