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Das Coburger Ausgabenproblem


Autor: Simone Bastian

Coburg, Donnerstag, 27. März 2014

Nach fünf Jahren erhöht der Stadtrat den Gewerbesteuerhebesatz. Mehr Geld bringt das aber wahrscheinlich nicht. Und Streit gab's auch.
Der sinnbildliche Einnahmen-Eimer wird aus verschiedenen Hähen gefüllt - und die Stadt Coburg gibt eine Spritze aus ihrer Rücklage dazu.


Traditionsgemäß ist es in Coburg der Kämmerer, der die Haushaltsrede hält. Wilhelm Austen erläuterte am Donnerstag im Stadtrat, wie die Finanzkraft der Stadt und ihre tatsächliche Haushaltslage zusammenhängen. Denn unbestritten ist, dass die Stadt über eine große Steuerkraft verfügt. Das führt dazu, dass sie hohe Bezirks- und Gewerbesteuer-Umlagen in den kommunalen Finanzausgleich einzahlen muss. Andere, weniger finanzkräftige Städte erhalten aus diesem Finanzausgleich Schlüsselzuweisungen.

Allerdings hatte Coburg bislang einen sehr niedrigen Gewerbesteuerhebesatz, schöpfte also das Steuerpotenzial gar nicht in dem Maße aus, wie das der Finanzausgleich vorsieht. Beim Finanzausgleich werden nun alle Städte so behandelt, als gäbe es einen einheitlichen Gewerbesteuerhebesatz, und zwar sowohl bei den Umlagen als auch bei den Zuweisungen.

Coburg lag mit 275 Prozent unter diesem Einheitshebesatz von 300 Prozent - und zahlte somit drauf.

Austen verdeutlichte das am Beispiel der Stadt Hof: Die Hochfranken nehmen insgesamt 46,8 Millionen Euro an Steuern ein und erhalten zusätzlich Schlüsselzuweisungen von 21 Millionen Euro. Abgeben müssen sie 8,7 Millionen Euro Bezirksumlage und 3,5 Millionen Euro Gewerbesteuerumlage. Am Ende bleiben Hof 55,6 Millionen Euro netto. Coburg dagegen hat Steuereinnahmen in Höhe von 75,9 Millionen Euro, null Schlüsselzuweisungen und muss insgesamt 28,4 Millionen Euro Umlagen abführen. Netto bleiben also 47,5 Millionen Euro.

"Wer uns mit Bamberg, Hof oder Bayreuth vergleicht, der vergleicht Äpfel mit Salatgurken", kommentierte Oberbürgermeister Norbert Kastner (SPD). Um 21 Millionen netto mehr zu haben, müsse Coburg zusätzlich 60 Millionen Euro mehr Gewerbesteuern einnehmen. Deshalb erhöht die Stadt den Gewerbesteuerhebesatz von 275 auf 300 Prozent.

Streit um die Zukunft

Um diese Erhöhung gab es auch keine großen Debatten. Lediglich den Grünen war das zu wenig - sie hätten die Gewerbesteuer gleich auf 320 Prozent erhöht und diesen Satz für die nächsten fünf Jahre festgeschrieben. 2016 steht dieser Hebesatz in der Finanzplanung - und genau darum gab es Streit. Zwischendurch sah es sogar so aus, als würde der Haushalt gar nicht verabschiedet.

Denn die Finanzplanung ist Teil des Haushalts 2014. Zwar wiederholten OB Kastner und Kämmerer Austen gebetsmühlenartig, dass damit ein Hebesatz von 320 Prozent ab 2016 noch nicht beschlossen sei. Zumindest Friedrich Herdan (CSU) konnten sie damit nicht überzeugen. Der warnte davor, jetzt schon mit diesem Hebesatz zu planen. Dann werde er auch so kommen, "da geht keiner mehr runter".

Mehrheit dagegen?

Mehrmals betonte OB Kastner, dass die Höhe der Gewerbesteuereinnahmen in erster Linie von der Höhe der Unternehmensgewinne abhänge: Obwohl 2014 ein höherer Hebesatz gelten soll, erwartet die Kämmerei niedrigere Einnahmen als 2013 - 46,9 statt 51,6 Millionen Euro. Sollte sich die Situation bessern, werde wohl auch der dann amtierende Stadtrat 2016 den Hebesatz nicht erhöhen.

Deutlich wies Kastner auf die Folgen hin, wenn der Stadtrat die Finanzplanung ablehnen würde: Dann würde die Regierung den Haushalt nicht genehmigen, der neue Stadtrat müsste im Mai oder Juni einen neuen beschließen, dann hätte die Stadt womöglich erst nach der Sommerpause einen genehmigten Haushalt. Und so lange könne die Verwaltung nichts machen außer den unumgänglichen Dingen, kein Bauprojekt vergeben, keine Zuschüsse auszahlen.

Die Mahnung war nötig, da sich abzeichnete, dass CSU, CSB, Grüne und ÖDP-Mann Klumpers gegen die Finanzplanung stimmen würden, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen: Die CSU störte sich an den 320 Prozent, die CSB sahen zu wenig Sparwillen und forderten gar eine Erklärung des zukünftigen OB Norbert Tessmer (SPD), den Grünen war die Erhöhung zu gering. Das wären 18 Stimmen gewesen - noch keine Mehrheit, aber kurz davor.

Im Finanzsenat und in der Sparkommission sei der Haushaltsentwurf einstimmig befürwortet worden, kritisierte SPD-Fraktionsvorsitzender Thomas Nowak. Die CSU-Fraktion beantragte eine Sitzungsunterbrechung, und am Ende hieß es dann: 13 Stimmen gegen den Haushalt, von CSB (4), Grünen (3), ÖDP (1) sowie den CSU-Stadträten Friedrich Herdan, Friederike Werobèl, Stefan Stirtzel, Carl-Ludwig Fahrenholz und Jürgen Oehm.