Cyber-Mobbing: Es kann jeden treffen
Autor: Dr. Carolin Herrmann
Coburg, Montag, 21. Januar 2019
Auch das dritte Siegerstück des Coburger Autorenforums beeindruckte sehr. Auch wenn es nur als halbe Inszenierung in der Reithalle zu sehen war.
Kevin Cooper hat sich erhängt. Und, nein, das sieht sie gar nicht ein, die 16-jährige Tori ist nicht schuld daran. Nur weil sie auf Facebook ein paar Witze gemacht hat. Haben die anderen doch auch. Wieso muss sie sich jetzt so beschimpfen lassen?
Weil sie sich in einer - selbst geschaffenen - Welt aus Hass, Gefühllosigkeit, Bosheit befindet und darin aktiv mitwirkt. In den neuen unsozialen Medien. Und wiederum nein: Gott kann nichts dafür, das ist menschengemacht.
Das dritte Coburger Autorenforum ging in der Reithalle mit einer intensiven szenischen Lesung von Tom Leveens Stück "Random" zu Ende. Damit wurden alle drei Siegerstücke des in der letzten Saison vom Landestheater durchgeführten Autorenwettbewerbes eindrucksvoll der Öffentlichkeit präsentiert. Die Brisanz und Qualität aller drei durch dieses Verfahren in besonderem Maße geförderten Stücke unterstreicht die Bedeutung des alle zwei Jahre mit Unterstützung des Coburger Lions Club ausgeschriebenen Wettbewerbes. Nicht nur für die jungen Autoren, sondern auch für das Coburger Landestheater selbst. Es erringt sich damit Beachtung und einen besonderen Stellenwert über die Region hinaus. Und die Theatergänger der Region kommen in den Genuss, spannender aktueller Stücke.
"Random", von dem amerikanischen Autor Tom Leveen nach seinem eigenen Roman "Ich hätte es wissen müssen" für die Bühne adaptiert, hatte den zweiten Preis des Wettbewerbes bekommen. Gleichberechtigt auf dem ersten Platz gesetzt worden waren Marisa Wendts Monolog "Goldzombies", letzte Woche als Klassenzimmerstück in Coburg uraufgeführt, und Olivier Sylvestres "Das Gesetz der Schwerkraft" - beeindruckende deutschsprachige Erstaufführung am Wochenende in der Reithalle.
Roh und abgestumpft
"Random" bedeutet zufällig, aufs Geradewohl. Und tatsächlich kann es jeden treffen, in dieser schönen neuen Welt der elektronischen Medien, in der jeder meist ungestraft tun und lassen kann, was er will. Mit nur zwei Proben hat ein ambitioniertes Team des Landestheaters Leveens Stück am Sonntag nicht nur gelesen, sondern schon fast halb inszeniert so vorgeführt, dass in den dreißig Minuten der pure Schrecken über die unter der Facebook- und Twitter-Generation herrschenden Kälte in die Glieder fährt.
Tori (Alexandra Weis) hat nach dem tödlichen Internet-Mobbing und vor dem anstehenden Gerichtsprozess Hausarrest. Sie erhält einen Anruf von dem ihr unbekannten Andy (Nils Liebscher), der ihr sagt, er werde sich jetzt umbringen, wenn sie ihm keinen driftigen Grund nennt, es nicht zu tun.
Der Disput und die Enthüllung des Geschehens, eingebunden in einen bedrohlich zischenden Sound-Hintergrund aus übelsten, unter der jungen Generation aber üblichen Beschimpfungen, sind ungemein packend.