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Coburgs zauberhafte Nachtseite


Autor: Simone Bastian

Coburg, Sonntag, 11. Sept. 2016

Ganze Pilgerscharen im Hofgarten, Gedränge in der Ehrenburg: Das ist das Vertraute an der Museumsnacht, die so vieles Bekannte im neuen Licht zeigt.
Der Fürstenbau verfremdet als Projektionsfläche. Foto: Ronald Rinklef


Ja, das klingt vertraut. Die perlenden Läufe von Mozarts Symphonie in g-moll, in einer Fassung für akustische Gitarre und Cello, sehr minimalistisch und passend zur Stahl-Glas-Konstruktion des Foyers im Brose-Gebäude 25 - Moment: Das ist doch jetzt nicht mehr Mozart? Der erst gefühlvolle Bogenstrich wird härter, die säuselnde Gitarre verwandelt sich in ein Brüllmonster und rummst die Riffe von "Enter Sandman" von Metallica in den Saal. Auch vertraut, wenn auch nicht gerade mit Gitarre und Cello. Die zwei Schweizer MozartHeroeshaben gerade mal zwei Minuten gebraucht, um das Motto der "Nacht der Kontraste" hörbar zu machen: "Fremd und vertraut" heißt es und hätte über jeder Museumsnacht seit 2005 so stehen können.



Denn darum geht es, wenn Coburg die "Nacht der Kontraste" ausruft. Das Vertraute in neuem Licht sehen und somit neu entdecken, Offenheit entwickelt für das Anderes, Fremde. "Gehen Sie heute Abend mal fremd", wortspielerte Organisator Martin Rohm bei der Eröffnung im Brose-Gebäude 25. Das taten Tausende. Die Museumsnacht ist längst das vierte Coburger Großereignis nach Samba-, Schlossplatz- und Schützenfest, das die ganze Stadt auf die Beine bringt.


Menschen überall

Wer sonst die Beschaulichkeit des Hofgartens schätzt, die Ruhe im Naturkundemuseum, den Atem der Jahrhunderte in den Kunstsammlungen, der erlebt an diesem zweiten Samstagabend im September ein Kontrastprogramm. Es wimmelt im Hofgarten, ins Naturkundemuseum kommt man wegen der Schlangen an den Verpflegungsständen draußen fast nicht hinein, und im Burghof steht Klaus Weschenfelder, der Direktor der Kunstsammlungen, und strahlt angesichts der Massen. Die kann die Burg an einem Tag durchaus mal bewältigen, aber nicht ständig. Aber es spielt ja auch nicht ständig der Holstuonarmuscbigbandclub im Burghof. "Ein bisschen flotter hätte ich mir das schon vorgestellt", brummelt der Pensionär am Stehtisch vorm Weinausschank, denn die sechs Vorarlberger lassen es gerade ein wenig elegisch angehen. Doch Adriano Celentanos "Una festa sui prati" versöhnt ihn dann wieder, und als bei "den größten Hits aus Österreich der letzten 300 Jahre" Falcos "Rock me, Amadeus" und der Radetzkymarsch zusammengezwirbelt werden, wird klar, welch schräg-virtuose Gruppe da am Werk ist.


Durch die Stadt und die Welt

Da ist dann schon ein weiter Bogen geschlagen vom Gebäude 25 in der Max-Brose-Straße bis zur Burg, dazwischen liegen gut fünf Stunden Bummel, Schauen, Staunen, Lauschen, Freuen: An den Lichtspielen im Hofgarten und an der Ehrenburg, über den gewaltigen balinesischen Gong im Chorraum von St. Augustin, über die fast schon italienische Atmosphäre der warmen Spätsommernacht, die viele nach draußen gelockt hat. "Das Wetter ist wie bestellt - aber ich sag immer: Jedem, wie er es verdient", stellt Oberbürgermeister Norbert Tessmer bei der Eröffnung fest. Er hatte als Vorsitzender der Coburger Landesstiftung vor zwölf Jahren den Anstoß zur Museumsnacht gegeben. Einheimische, Neubürger, Gäste sollten sehen können, was ihre Stadt zu bieten hat.

Damit das nicht auf Dauer zum Immergleichen wird, tut Martin Rohm jedes Jahr ein, zwei andere Türen auf, durch die man normalerweise nicht hineinkommt. Auf Brose - erstmals dabei und auch Sponsor der Museumsnacht - sind viele neugierig: Schon eine halbe Stunde vor Beginn sammeln sich die ersten vorm Gebäude 25, und als die Türen dann aufgehen, ist es so schnell so voll, dass der Zugang reguliert werden muss. Hier spielt mit Nina Scheidmantel eine Weltklassepianistin, Coburg dient als Zwischenstation zwischen China und New York.

Dass es nächstes Jahr wieder eine Nacht der Kontraste geben wird, steht schon fest, und dass Martin Rohm sie iorganisieren wird, auch. Sie wird mit Luther zu tun haben, Teil der Landesausstellung 2017 sein - alles andere wird uns Martin Rohm dann sagen, wenn es soweit ist.