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Coburgs ungeliebter Herzog


Autor: Jochen Berger

Coburg, Freitag, 28. März 2014

Johann Casimir hat das Gesicht der Vestestadt geprägt wie kaum ein anderer Herzog. Zum 450. Geburtstag des Regenten bieten die Kunstsammlungen der Veste die Gelegenheit, einen neuen Blick auf einen widersprüchlichen Herrscher zu werden.
Casimir im Alter von 56 Jahren: Detail eines Gemäldes (um 1625), das dem Coburger Hofmaler Wolfgang Birckner zugeschrieben wird (Öl auf Leinwand).Fotos: Kunstsammlungen der Veste Coburg


Müde sieht Johann Casimir aus. Grau der Bart, der das Kinn verdeckt, grau das stark gelichtete Haar. Distanziert der Blick - so zeigt sich der einstige Herzog von Sachsen-Coburg auf einem Bild aus der Zeit um 1620. Da war der 1564 in Gotha geborene Coburger Regent nach den Begriffen jener Zeit schon ein alter Mann. Zermürbt von den heiklen Bemühungen, sein Herzogtum aus den zerstörerischen Händeln des Dreißigjährigen Krieges herauszuhalten? Zermürbt von Widrigkeiten des Lebens an der Wende vom 16. zum 17. Jahrhundert?


Wer mag das postum entscheiden. Denn Johann Casimir lebte in Zeiten, die heute schwer vorstellbar sind. Was hat den Regenten damals bewegt, worauf hat er gehofft, wovon geträumt, was hat er gefürchtet? Der Gang durch die Kunstsammlungen der Veste auf Casimirs Spuren wird zur nachdenklich stimmenden Begegnung mit Coburgs ungeliebtem Herzog - mehr noch: zur Entdeckungsreise.

"Das wird auch die Coburger reizen, die Kunstsammlungen neu zu erkunden", wünscht sich jedenfalls die Kunsthistorikerin Franziska Bachner. Die ehemalige langjährige Leiterin der Herzoglichen Sammlungen auf Schloss Callenberg ist eine profunde Kennerin der Coburger Herzogsgeschichte und hat den aufschlussreichen, schön bebilderten Katalog verfasst.

Dieser Katalog lässt sich bei Bedarf durchaus auch als knapp gefasste Biografie des "wichtigsten Coburger Herzogs" (Weschenfelder) verstehen - wenn auch nicht gänzlich mit dem Anspruch auf Vollständigkeit. Im Spiegel der Exponate wird Johann Casimirs Wirken ebenso sichtbar wie seine Leidenschaft beispielsweise für die Jagd.

"Es ist phänomenal, was es alles in der Sammlung gibt", betont denn auch Franziska Bachner. Von den rund 60 Exponaten gehört eine Hälfte zu den Beständen der Dauerausstellung - die zweite Hälfte aber wurde aus den Depots geholt und beziehungsreich eingefügt in die Präsentation.

Eigentlich seltsam: Johann Casimir hat in der Vestestadt vielfältige Spuren hinterlassen - Spuren, die bis in die Gegenwart hinein sichtbar sind. Doch obwohl er im Namen des von ihm begründeten Gymnasiums lebendig geblieben ist wie Ernst, Alexandrine und Albert - sein Bild ist in den Augen der Nachwelt höchst ambivalent.

Ehedrama im 16. Jahrhundert

Die Schau in den Kunstsammlungen bietet nun zum 450. Geburtstag des einstigen Herzogs immerhin die Chance zur Annäherung. Das Konzept der Präsentation ist - den äußeren Umständen gehorchend - im Grunde sehr schlicht. Da das Jahr 2014 in den Kunstsammlungen der Veste ab April ganz im Zeichen des 4. Coburger Glaspreises steht, ist für eine zweite große Sonderausstellung in den historischen Räumen schlicht kein Platz.

Doch die Lösung, die Klaus Weschenfelder als Direktor der Kunstsammlungen gewählt hat, besitzt durchaus ihren eigenen Reiz. In der Dauerausstellung werden ganz einfach jene Exponate, die sich auf Johann Casimir beziehen, mit einem Aufsteller als Orientierunghilfe versehen.

Dazu zählt beispielsweise eine Münze mit dem Konterfei des Herzogs, die 1630 zum 100. Jahrestag der Augsburger Konfession geprägt wurde. Zu sehen ist auch ein Fingerring der Herzogin Anna von Sachsen, die Johann Casimir am 16. Januar 1586 in Dresden geheiratete hatte.

Dieser goldene Ring erinnert freilich nicht nur an die Hochzeit, sondern auch daran, dass diese Ehe rasch in die Brüche ging. Ehebruch warf Casimir seiner Frau vor, ließ sich 1593 scheiden und hielt Anna zunächst in Eisenach, bis 1596 im Kloster Sonnefeld und dann bis zu ihrem Tod 1613 auf der Veste gefangen. Ein weiteres dunkles Kapitel aus Johann Casimirs Leben taucht nur als Fußnote auf: "Das Thema Hexenverfolgung können wir nur am Rande streifen. Das ist ein Thema, das sich im Museum nicht abbilden lässt", sagt Weschenfelder und verweist auf Archivalien, die beispielsweise im Staatsarchiv verwahrt werden.

"Auf den Spuren Casimirs die Sammlungen in neuem Licht sehen" verspricht Weschenfelder. Die Schau löst diese Versprechen klug und vielseitig ein.

Ausstellungs-Tipp
"Mit Herzog Johann Casimir durch die Veste Coburg - Ausgewählte Objekte in der Dauerausstellung der Kunstsammlungen", Veste Coburg (bis 2. November)

Katalog
Franziska Bachner: "Mit Casimir durch die Kunstsammlungen der Veste Coburg", 72 Seiten, 62 Abbildungen, 9 Euro

Johann Casimir von Sachsen-Coburg wurde am 12. Juni 1564 in Gotha geboren. Casimir stammte aus der Familie der ernestinischen Wettiner. Er förderte Wissenschaft und Künste, das Schützenwesen und die Wehrhaftigkeit des Landes, reorganisierte die Verwaltung und verankerte die Reformation in seinem Staatswesen. Aber auch die Hexenverfolgung gehörte zu den Kennzeichen seiner Regierungszeit. Durch seine Bautätigkeit prägte er das Stadtbild. Er starb am 16. Juli 1633 in Coburg.

Rundgang
Anlässlich seines 450. Geburtstages wird in den Kunstsammlungen der Veste ein besonderer Rundgang zu Objekten angelegt, die mit Johann Casimir und seinem Werk verbunden sind. Neben Objekten aus der Dauerausstellung werden kaum bekannte Exponate aus den Depots präsentiert. Sie geben Auskunft über Leben und Wirken des bedeutenden Herzogs von Kindesbeinen bis zur Bahre - vom Fingerring seiner Gattin Anna bis zur Hochzeitskutsche, vom jugendlichen Portrait des modebewussten Prinzen bis zur einzigartigen Hornstube.

Führungen
"Mit Johann Casimir durch die Veste Coburg" - Themenführung, 5. April bis 2. November, jeden ersten Samstag im Monat, 14 Uhr (Anmeldung nicht erforderlich); "Ich, Casimir, Herzog von Sachsen-Coburg" - Eine szenische Führung mit Schauspielern des Landestheaters Coburg (4. Mai, 22. Juni, 13. Juli und 7. September, jeweils 17 Uhr); Kostümführung zum 450. Geburtstag von Johann Casimir "Wie küssen sich die zwei so fein" - Herzogin Margarete plaudert über ihren Mann (12. Juni, 14 Uhr)