Coburgs OB Tessmer wundert sich über "Campus Oberfranken" in Kulmbach
Autor: Simone Bastian
Coburg, Donnerstag, 27. Oktober 2016
Kliniken nehmen die Nachwuchsausbildung selbst in die Hand. Im Klinikverbund geschieht das schon - Kulmbach redet noch darüber.
"Medizin-Campus Oberfranken? Wir sind auch Oberfranken!" Oberbürgermeister Norbert Tessmer (SPD) klingt verwundert und nicht sehr amüsiert. Einerseits. Andererseits will er sich erst mal ansehen, was die Stadt Kulmbach und ihr Klinikum da ankündigen: zusammen mit einer europäischen Universität einen Medizinstudiengang in Kulmbach aufbauen. Das wäre tatsächlich der erste in Oberfranken, immer vorausgesetzt, dass tatsächlich eine Hochschule eine Außenstelle in Kulmbach errichtet.
Das Problem des Ärzte-Nachwuchsmangels kennen die Städte und Gemeinden im Raum Coburg auch. Aber Coburg beziehungsweise der Klinikverbund Regiomed ist auf diesem Weg schon ein paar Schritte weiter als Kulmbach: Im September wurden die ersten Studierenden verabschiedet, die an der Regiomed Medical School ihre Ausbildung absolvieren werden. Partner dabei ist die Universität Split, wo die angehenden Mediziner in englischer Sprache drei Jahre Theorie studieren, bevor sie die zweite und eher praxisorientierte Hälfte ihres Studiums in den Kliniken von Regiomed in Coburg, Neustadt, Lichtenfels, Sonneberg, Neuhaus und Hildburghausen absolvieren.
Deshalb wundert sich Tessmer ein wenig, dass die Kulmbacher mit einem "Campus Oberfranken" renommieren wollen, den es noch nicht einmal gibt. Im Gespräch sei eine Partnerschaft mit der privaten Karl-Landsteiner-Universität Krems, heißt es aus Kulmbach. Losgehen könnte es aber nicht vor 2020. "Da sind bei uns schon 120 Studierende unterwegs", sagt Tessmer.
Vorteil einer Partnerschaft mit Österreich wäre, dass das Studium in deutscher Sprache erfolgen könnte; wenn die Partneruniversität tatsächlich eine Zweigstelle in Kulmbach eröffnet, dann wäre die Kreisstadt auch Hochschulstandort, bestätigt Professor Johannes Brachmann, einer der Initiatoren der Medical School bei Regiomed.
Bei Chefärzten gefragt
Der Kardiologe, der am Klinikum Coburg tätig ist, und der Ärztliche Direktor des Klinikums Lichtenfels, Bernhard Greger, haben die Partnerschaft mit der Universität Split aufgebaut. Sie brauchten dafür gerade mal ein Jahr und keinerlei Fördergelder. Für die Kulmbacher Ideen stellte die Oberfrankenstiftung 600 000 Euro zur Verfügung, die dafür verwendet werden, dass das Institut für Medizinmanagement und Gesunheitswissenschaften an der Uni Bayreuth geeignete Partner fürs Klinikum Kulmbach findet."Wir machen unser Ding", sagt der Kardiologe und spricht davon, dass nun das Qualifizierungsprogramm für die Regiomed-Ärzte beginnt, damit sie in zweieinhalb Jahren Studierende ausbilden können. Das Akkreditierungsverfahren für den Studiengang läuft. Brachmann hat außerdem so seine Zweifel, dass in Kulmbach tatsächlich eine universitäre Außenstelle entstehen kann. Ausstattung und Labore würden einen großen Aufwand bedeuten, sagt er.
In Split wird Englisch gesprochen, das brauchen die jungen Wissenschaftler ohnehin für Publikationen und auf Kongressen, sagt Brachmann. Und: Bei Split handele es sich um eine staatliche Uni. Gegen private Universitäten gebe es in Deutschland bei solchen Kooperationen durchaus Vorbehalte. Das Thema sei auch kein neues: Das Klinikum Bayreuth bemühe sich seit Jahren um eine Kooperation mit der Universität Erlangen; Augsburg plane seit Jahren und wolle 2019 starten, erzählt Brachmann aus der Szene.
Für Regiomed habe sich die Kooperation mit der Universität Split schon positiv ausgewirkt, berichtet der Geschäftsführer des Klinikverbundes, Joachim Bovelet. "Wir werden jetzt nachgefragt von Chefarzt-Kandidaten, die wir früher suchen mussten", sagt er. Das spare zumindest schon mal Geld für die Suche nach Führungskräften. Auch international steigt das Renommee des Verbands: Johannes Brachmann wird bei einem Mediziner-Kongress nächstes Jahr in Dubrovnik das Hauptreferat halten. Erwartet werden zu dem Kongress fünf Nobelpreisträger. Brachmann: "Das ist einer der medizinisch hochrangigsten Kongresse in Europa im nächsten Jahr."