Coburgs neue rot-rote Stadtratsfraktion
Autor: Simone Bastian
Coburg, Freitag, 13. Februar 2015
Drei Mitglieder verlassen die Coburger SPD-Stadtratsfraktion und gründen mit René Hähnlein (Linke) eine neue. Wesentliche Gründe für den Austritt waren Unzufriedenheit mit der SPD-Fraktionsspitze und Martin Ruggaber.
Adelheid Frankenberger, Barbara Kammerscheid und Mathias Langbein haben die SPD-Stadtratsfraktion verlassen. In der Partei wollen sie bleiben und weiterhin Oberbürgermeister Norbert Tessmer (SPD) unterstützen. Nur in der Fraktion könnten sie nicht mehr mitarbeiten, erklärten die drei am Freitagnachmittag in der "Künstlerklause".
Dort fand die Pressekonferenz statt, bei der auch der Fraktionsvertrag unterschrieben werden sollte. Zumindest stand es so in der Einladung. Doch dann wurde schon am Vorabend alles festgezurrt. Sogar einen Namen für die neue Fraktion gab es schon, zumindest laut Vertragstext: "Coburg - sozial und gerecht". Doch darüber sei noch nicht abschließend entschieden, betonte René Hähnlein (Linke), der Vorsitzende der neuen Fraktion. "Mein Namensvorschlag ist leider nicht angenommen worden."
Es habe in der SPD-Fraktion "keine Kommunikation mehr auf Augenhöhe" gegeben, begründete Adelheid Frankenberger ihren Austritt. Langbein sprach von "Stimmungen, die ich nicht mittragen konnte", und Barbara Kammerscheid sagte, sie vermisse in der Fraktion die Orientierung am Bürgerwillen. Ihre Kritik habe sie auch immer wieder vorgetragen, betonte sie. Den Stadtrat verlassen wollten die drei aber auch nicht. Da blieb nur der Austritt aus der Fraktion, und René Hähnlein schlug die gemeinsame Gründung einer neuen vor. "Ich habe ja bewiesen, dass ich sachorientiert arbeite."
Zu der Unzufriedenheit mit der Fraktion kam für die drei SPD-Mitglieder die Unzufriedenheit mit Martin Ruggaber, sagten sie. Im Sommer 2014 wurde gegen ihn wegen Sex mit einem minderjährigen Prostituierten ermittelt; Ruggaber akzeptierte am Ende einen Strafbefehl, der aber unter der Grenze für die Erfassung im Vorstrafenregister blieb. "Seine Entscheidung, nicht zurückzutreten, war für uns die falsche", formulierte es Langbein.
Für Max-Brose-Straße
Festgelegt hat sich die neue Fraktion schon in zwei Dingen: Sie unterstützt, so sie denn kommen sollte, die Umbenennung der Von-Schultes- in Max-Brose-Straße, und sie spricht sich für den Bau einer Schlossplatz-Tiefgarage aus, den OB Norbert Tessmer beim Neujahrsempfang der Stadt als Ziel ausgegeben hatte.
Mit dem Austritt der drei bleibt die SPD zwar mit elf Köpfen stärkste Fraktion im Coburger Stadtrat vor der CSU (zehn), aber es wird zu einigen Veränderungen in den Senaten kommen. Die SPD wird in den Fachsenaten einen von ihren drei Sitzen abgeben müssen, weil die neue vierköpfige Fraktion Anspruch auf einen hat. Wenn die Stimmen gewichtet werden, die Frankenberger, Hähnlein, Kammerscheid und Langbein bei der Kommunalwahl 2014 geholt haben, dann rangiert die neue namenlose Fraktion noch vor den Grünen (vier Sitze), aber hinter der ebenfalls vierköpfigen CSB-Fraktion. Barbara Kammerscheid und René Hähnlein gehören dem Stadtrat seit der Wahl 2014 an; Adelheid Frankenberger seit 1996, Mathias Langbein seit 2002.
Die SPD-Fraktionsvorsitzende Bettina Lesch-Lasaridis (im Amt seit 2014) zeigte sich am Freitag überrascht von den Austritten: Die drei hätten am Montag noch ganz normal an der Fraktionssitzung teilgenommen, Gesprächsbedarf habe keiner signalisiert. Erst im Dezember habe sie ein längeres Gespräch mit Barbara Kammerscheid geführt, sagte Lesch-Lasaridis. "Dann war angeblich alles geklärt."
Die SPD werde mit den drei Ausgetretenen weiterhin sachlich zusammenarbeiten, betonte Lesch-Lasaridis. "Es ist ein quantitativer Verlust - wir verlieren Sitze in Senaten. Aber wir haben einen Oberbürgermeister mit hohem integrativem Potenzial, das zeigen die Abstimmungen im letzten Dreivierteljahr."
OB Tessmer selbst wollte mit einer Äußerung warten, "bis ich das offiziell auf dem Tisch habe. Wenn es so ist, bedaure ich es zutiefst. Ich hoffe, dass es der momentan guten Atmosphäre im Stadtrat keinen Abbruch tut. Die Karawane zieht weiter."