Coburgs Hochschule in Zwischen-Phase
Autor: Simone Bastian
Coburg, Dienstag, 03. Januar 2017
Was ändert sich für eine Hochschule, wenn plötzlich der Präsident fehlt? Nicht viel, sagt die amtierende Vizepräsidentin Jutta Michel.
"Wir waren alle erst einmal sehr geschockt", sagt Jutta Michel. Als Vizepräsidentin war sie die amtierende Chefin der Hochschule, als die Nachricht eintraf, dass Hochschul-Präsidenten Michael Pötzl während einer Dienstreise plötzlich verstorben war. Weil Hochschulpräsidenten häufig unterwegs sind, gibt es Stellvertreter-Regelungen.
Der Präsident ist innerhalb der Hochschule weniger von Bedeutung, als es nach außen scheinen könnte. Pötzl war das Gesicht der Hochschule Coburg nach außen, befand sich in seiner zweiten Amtszeit und war sehr bekannt. Da konnte schon das Bild vom "Hochschulchef" entstehen, räumt Jutta Michel ein. "Aber es ist hier nicht wie in einem klassischen Familienbetrieb mit nur einem Chef."
Wöchentliche Runden
Der Präsident ist in erster Linie Vorsitzender der Hochschulleitung, der auch die Vizepräsidenten und die Kanzlerin angehören. "Die Hochschulleitung tagt wöchentlich, dort wird alles Wichtige besprochen. Die Hochschulleitung ist keine Ein-Personen-Veranstaltung", stellt Jutta Michel klar. "Der Hochschulpräsident kann viele Dinge nicht allein entscheiden." Trotzdem war es ihr und der übrigen Hochschulleitung wichtig, schnell nach außen zu kommunizieren, dass an der Hochschule auch ohne den umtriebigen Präsidenten alles seinen gewohnten Gang geht. Pötzls Aufgaben wurden verteilt; einen Großteil hat Jutta Michel übernommen, deren Ressorts als Vizepräsidentin eigentlich Studierendenservice und Personalstrategie sind. Vor allem muss sie seither täglich zahllose Dokumente unterschreiben: Briefe, Zeugnisse, Urkunden. "Das sind jeden Tag etwa sieben Unterschriftenmappen."
Für die Studierenden mache es kaum einen Unterschied, ob der Präsident im Haus sei oder nicht, meint Michel. Auch für die Professoren nicht: "Wir haben Freiheit der Forschung und Lehre. Da hat auch der Präsident nichts reinzureden." Deshalb müssten die verschiedenen Gremien der Hochschule immer versuchen, gemeinsame Lösungen zu finden für ein gut abgestimmtes Lehrprogramm.
Hochschulpolitisch versiert
Auch die Ernennung eines neuen Präsidenten ist das Ergebnis eines demokratischen Findungsprozesses. Der Präsident wird vom Hochschulrat gewählt, dem nicht nur Professoren, sondern auch Externe angehören. Ein solcher Findungsprozess dauert seine Zeit: Die Position musste ausgeschrieben werden, es sind Fristen einzuhalten. Am 18. November schließlich stand Silke Fritze als neue designierte Präsidentin der Hochschule Coburg fest.
"Für uns war wichtig, dass sie hochschulpolitisch versiert ist", betont Jutta Michel, die selbst nicht mitwählen durfte, aber natürlich im Hochschulrat eine beratende Stimme hat. Bis Oktober war Silke Fritze Vizepräsidentin der Hochschule für angewandte Wissenschaften (früher Fachhochschule) in München. Die Hochschule Coburg dürfte ihr aus dieser Zeit hinlänglich bekannt sein, da sich die leitenden Personen der bayerischen Hochschulen monatlich treffen und austauschen. "Alle haben die gleichen Themen", sagt Jutta Michel: Es gehe um die Studierendenzahlen, die Finanzierung, das eigenständige Promotionsrecht der Hochschulen (bislang brauchen sie Partneruniversitäten). Der Austausch darüber sei relativ offen.
Das Hochschulgesetz und die Grundordnung der Hochschule setzen Regeln und Rahmen für die Präsidentenwahl. Dass die Mitglieder der Hochschulleitung bei der Wahl nicht mit abstimmen dürfen, habe Sinn, sagt Jutta Michel: "Damit wir nicht im eigenen Sumpf bleiben. Eine Präsidentin, die von außen kommt, kann einen neuen Blick auf die Akteure werfen, das Bestehende hinterfragen, neue Ideen einbringen. Das Risiko besteht darin, dass sie nicht mit allem einverstanden ist."