Coburgs Bauern kochen mit viel Bauchgefühl
Autor: Simone Bastian
Coburg, Montag, 25. Oktober 2021
Was will der Verbraucher, was will die EU, wie lauten künftige Richtlinien? Die Landwirte der Region wüssten gern, worauf sie sich einstellen müssen.
Wertschätzung für Lebensmittel, Wertschätzung für deren Produzenten: Das zwei der Ziele, die Iris Kroon-Lottes vom Europe-Direct-Zentrum verfolgt. Außerdem soll es um Nachhaltigkeit gehen und das sinnvolle Verwerten der Lebensmittel. Deshalb ist die Veranstaltung in der Lehrküche des Amts für Landwirtschaft, Ernährung und Forsten mit "Kreatives Restekochen" betitelt.
Heidi Bauersachs, Kreisbäuerin und eine der beiden Köchinnen, hat jedoch einen frischen Schweinebauch als Vorführstück ausgewählt. Weil Coburg nämlich eine Schweinezuchtregion ist und man vom Schwein mehr essen kann als Lende, Nackensteak, Schnitzel und Kotelett.
Resteverwertung ist das zwar nicht, auch wenn Heidi Bauersachs verspricht, dass von dem Braten in der Regel nichts übrig bleibt. "Der schmeckt auch kalt auf einer Scheibe Brot." Der Schweinebauch sei jedenfalls zu schade dafür, nur in der Wurst zu landen.
Allerdings muss der Schweinebauchbraten für zwei Stunden in den Ofen. Resteverwertung ginge entschieden schneller, und die ganze Veranstaltung in der Lehrküche des Amts für Landwirtschaft ist nur auf eineinhalb Stunden angesetzt. Neben Heidi Bauersachs steht die Europa-Abgeordnete Marlene Mortler (CSU) am Herd, selbst Landwirtin und Hauswirtschaftsmeisterin. Die beiden Köchinnen sollen plaudern und brutzeln, und dabei Werbung für die regionale Landwirtschaft machen.
Bei den Zuschauern, die mit in die Lehrküche durften, war das freilich gar nicht nötig: Die kommen zum Großteil selbst aus der Landwirtschaft, und Resteverwertung war bei ihnen immer schon üblich. Ihre Probleme sind die der Erzeuger: Was will der Verbraucher? Was verlangen EU, Bund, Freistaat als nächstes? Müssen Schweine demnächst auf Stroh stehen, in ihren Ställen Platz haben, spielen können?
Solche Ställe sind teurer als herkömmliche, sie machen mehr Arbeit. "Krieg ich den Arbeitsaufwand mit Schweinen auf Stroh bezahlt?", fragt Heidi Bauersachs in die Runde. Marlene Mortler rät zu Direktverträgen mit Schlachtern. "Der Schlachthof fehlt", seufzt einer zur Antwort - zwei Metzger im Landkreis gebe es noch, die selbst schlachten. Das macht die Regionalvermarktung schon schwierig.
Die Fördermittel für den Stallbau reichen nicht, um das Strohschweinefleisch konkurrenzfähig zu machen zum konventionell erzeugten. Ist der Verbraucher bereit, dafür zu zahlen? Da gucken die Landfrauen und -männer in der Runde eher skeptisch. Bei Umfragen wird der Wunsch nach glücklichen Schlachttieren gern laut geäußert, aber die Realität an der Supermarktkasse sieht anders aus. "Da geht viel über den Preis", sagt Marlene Mortler.