Coburger Uraufführung: Aufrüttelnde Geschichte einer Radikalisierung
Autor: Jochen Berger
Coburg, Samstag, 25. Februar 2017
So erlebt das Publikum in der Coburger Reithalle die Uraufführung von Daniel Rattheis Jugendstück "Jihad Baby".
Jona ist 16 Jahre alt und angewidert vom spießigen Leben, das seine Eltern führen. Jona ist angewidert von der moralisierenden Selbstgerechtigkeit seines Lehrers. Und Jona ist unglücklich verliebt - ausgerechnet in die Tochter seines Lehrers. Das könnte die Geschichte einer ganz normalen Pubertät sein. Alltäglich und irgendwie banal. Bei dem jungen Bühnenautor Daniel Ratthei aber wird daraus die Geschichte eines jungen Lebens, dessen Reise allzu früh in den Abgrund führt.
Fatale Sogwirkung
"Jihad Baby!" hat Ratthei sein Stück genannt, mit dem er die zweite Auflage des Coburger Forums für junge Autoren gewann - verbunden mit der Uraufführung in der Reithalle. Unheilvoll wummernde Klänge empfangen die Besucher und ziehen das Publikum hinein in ein Stück mit fataler Sogwirkung. Denn Jona gerät immer mehr unter den Einfluss seines muslimischen Freundes Musa, konvertiert zum Islam und verwandelt sich Schritt für Schritt in einen islamistischen Krieger, für den es kein Zurück mehr gibt.
Profis und Laien
Daniel Ratthei hat "Jihad Baby!" ursprünglich als Monologstück für einen Schauspieler angelegt. Maike Bouschen aber lässt die Figur des Jona von einem Darsteller-Septett aus Profis und talentierten Laien spielen. Dieser Regie-Ansatz erweist sich als glückliche Entscheidung, die die eigentlich allzu vorhersehbare Entwicklung des Stücks aufbricht. Ingo Paulick und Benjamin Hübner teilen sich die Rolle des Jona mit Darstellern des Jugendclubs und des Refugee-Projekts. Beeindruckend, mit welcher Intensität Paulick und Hübner diese Figur zum Bühnenleben erwecken. Beeindruckend, wie konzentriert und entschlossen sich Kevin Pojani, Luca Schenk, Ayman Shanana, Christof Stier und Dominik Tippelt einfügen in dieses Konzept und der Figur des Jona zusätzliche Facetten verleihen.
Das sichert dem Premierenabend in der ausverkauften Reithalle seine nachdrückliche Wirkung und verdientermaßen ausdauernden Beifall.