Coburger Turnerschaft befürchtet, Opfer von Verteilungskämpfen zu sein
Autor: Wolfgang Desombre
Coburg, Montag, 01. April 2019
Der Coburger Turnerschaft wurde durch den Abriss der Halle am Anger ein Mehrzweckraum weggenommen. Der Antrag auf einen neuen Raum scheiterte im Stadtrat.
Das Jahr 2018 sei für die Vereinsführung der Coburger Turnerschaft abermals ein sehr herausforderndes Jahr gewesen, erklärte Vorsitzender Stefan Wulf zu Beginn seines Berichtes anlässlich der Hauptversammlung im Sportheim in der Karchestraße. Das erste Vierteljahr sei durch unaufschiebbare Sanierungsarbeiten zum Zweck des Substanzerhaltes des Gebäudes in der Karchestraße geprägt gewesen. Wie Wulf weiter berichtete, mussten gleichzeitig die Küche und teilweise auch der Gastraum renoviert werden, um eine Neuverpachtung der Gaststätte überhaupt zu ermöglichen. Hier musste der Verein sowohl eigenes Geld in die Hand nehmen sowie auch einen Kredit aufnehmen. Eine weitere und ungeplante Baumaßnahme brachte das Gebäude der "Füllbachstuben". Ein kleines Leck im Bereich des Flachdaches über dem Gastraum hatte sich als Großschaden an der Dachunterkonstruktion dargestellt.
Die große Angerhalle ist abgerissen. Dadurch seien einige Abteilungen schwer gebeutelt, wie Wulf sagte, denn die angebotenen Ausweichlösungen seien nicht immer sehr zweckmäßig. Die Hallen hätten oft nicht die notwendige Ausstattung oder seien zu weit entfernt. Auch der Sportverband habe schon moniert, dass bei den Hallenkapazitäten das Ende der Fahnenstange längst erreicht sei. Schon jetzt würden Hallen der Landkreisschulen angemietet, um den Bedarf decken zu können. Die Stadt Coburg möchte zwar einen neuen Mehrzweckraum in der Backsteinhalle Schützenstraße schaffen, allerdings würden noch Anträge für staatliche Fördergelder laufen, so dass die Verwirklichung trotz des Bedarfsdrucks wohl noch einige Zeit in Anspruch nehmen werde, "Die wir eigentlich nicht haben", hob Wulf hervor.
Es fehle an allen Ecken und Enden
Die Angerhalle fehle an allen Ecken und Enden und der Neubau neben dem Vereinsheim der Turnerschaft sei kein adäquater Ersatz. Hier fehlten der in der Planungsphase erbetene Mehrzweckraum und ein ausreichend großer und ausgestatteter Kraftraum, sagte der Vorsitzende. Leider werde man den Eindruck nicht los, dass die städtischen Ausgaben für Sportförderung in keinem Verhältnis mehr zu den zig Millionen geplanter Aufwendungen für Kulturtempel stehen, ohne hier natürlich eine Wertung der beiden sehr wichtigen Bereiche vornehmen zu wollen, merkte der Vorsitzende des Traditionsverein deutlich an. Sicherlich sei das Theater ein wichtiges Aushängeschild der Stadt, aber "die über 16 000 Sporttreibenden in den Vereinen sollten nicht vergessen werden, wenn es um die Attraktivität eines Gemeinwesens geht".
Der Mitgliederstand der Turnerschaft beträgt aktuell etwas über 1400 Sportfreunde. Wulf wertet dies als eine sehr erfreuliche Entwicklung. Der Anteil der Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen bis 27 Jahre liege bei 44,63 Prozent. Turnen ist die größte Abteilung (406), gefolgt von Tennis (360), Handball (157), Leichtathletik (93), Taekwondo (64), Fußball (62), Volleyball (54) und American Football (44). Die neue Abteilung Kickboxen habe derzeit bereits 33 Sportler. In der Geschäftsstelle veränderte sich nun nach 24 Jahren eine Personalie. Katja Weißbrot hat zum Ende des Jahres 2018 aufgehört, Louisa Wedekind tritt an ihre Stelle.
Das Ziel des Vereins sei es, Sponsoren zu finden und mehr Einnahmen zu generieren, sagte Schatzmeister Jens Dittrich. Die Zurückzahlung von Geldern bezüglich des Sanierungskonzeptes stelle eine große Herausforderung für den Verein dar.
Große Sportvereine funktionierten nur mit der Solidarität aller Abteilungen, sagte der Präsident Hans Michelbach. Er müsse allen Dank sagen, die sich für die Coburger Turnerschaft einsetzen. Der alteingesessene Coburger Sportverein habe den Menschen viel zu bieten. Die Herausforderungen, so der Präsident, seien sehr hoch. Deshalb müsse der Verein auch in Zukunft eine geeignete Infrastruktur zur Verfügung stellen, damit es eine Perspektive gebe. Was Michelbach nicht gefällt, ist, dass der Antrag auf einen Mehrzweckraum im Stadtrat nicht durchsetzbar gewesen ist. Die Coburger Turnerschaft werde Vereinen ohne eigene Liegenschaften gleichgestellt. Die Stadt Coburg saniere die Pakethalle und baue den Schlachthof für Millionen Euro um, obwohl es private Investoren gegeben habe, kritisierte der CSU-Politiker. Die Coburger Turnerschaft müsse ihre Meinung hier einbringen und ihre Interessen behaupten, um nicht Opfer von Verteilungskämpfen zu werden, mahnte Michelbach. Es müsse gerecht vorgegangen werden.