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Coburger Tageblatt von 1898 bewies Bodenhaftung


Autor: Christiane Lehmann

Coburg, Mittwoch, 06. Sept. 2017

Bei der Entkernung des Hauses Allee 5 in Coburg kamen Tageblatt-Ausgaben von 1898 zum Vorschein.
Rainer Oertel ist begeistert von der Anzeige seiner Weinhandlung aus dem Jahr 1898. Fotos: Christiane Lehmann


Ein Glas Weißwein für 50 Pfennig, Fassweine im Angebot und eine "streng reellle Bedienung" verspricht die Anzeige des Hoflieferanten Oertel im Tageblatt vom Mai 1898. Rainer Oertel ist begeistert. Er kniet am Boden im Erdgeschoss der alten Villa in der Allee.
Das Haus steht derzeit zum Verkauf und beim Entkernen des denkmalgeschützten Hauses trauten die Handwerker ihren Augen nicht. Die Dielenböden sind mit alten Coburger Tageblatt-Ausgaben aus dem Jahr 1898 beklebt.
Immobilienberaterin Christine Rechl zückte sofort ihre Kamera und schickte ihre Bilder sowohl ans Tageblatt als auch an die Weinhandlung. Rainer Oertel war nicht nur sehr interessiert, er wollte auch unbedingt einen Blick aufs Original werfen. "Das war zu Zeiten unserer Gründerväter", erzählt er stolz. Mittlerweile führt die fünfte Generation die Weinhandlung in Coburg. Viele Geschäfte, die damals eifrig in der Zeitung warben, unter anderem die Pils-Bräu, gibt es längst nicht mehr .
Schnell wird der Boden zum historischen Bilderbuch. Schon damals gab es eine ganze Seite Immobilienanzeigen. Verkauft wurden Kittelschürzen und Brauselimonade aus der Coburger Mineralwasserfabrik Paul Lindemann.
Für die Abonnenten des Coburger Tageblatts gab es schon damals besondere Angebot: Eine große Wanderkarte von Deutschland konnte man für eine Mark kaufen.
1898 war just auch jenes Jahr, in dem die Weinhandlung Oertel vom Gründerhaus (heute Künstlerklause) ins Zeughaus der herzoglichen Familie umgezogen ist. An dem Brett, auf das die Anzeige klebt, wäre Rainer Oertel sehr interessiert. "Das hätte ich gern, falls es herausgerissen werden muss." Für das historischen Fundstück würde er ein schönes Plätzchen finden - als Dämmmaterial haben die Zeitungen in der Allee 5 wohl ausgedient.


Geschichte des Hauses Allee 5
1516
Auf einem 1313 Quadratmeter großen Areal liegt das Gebäudeensemble Allee 5 mit drei eigenständigen Häusern. Erstmals wurde das Grundstück 1516 als Weingarten im Altenberg erwähnt.
In den Aufzeichnungen wurde 1536 ein Stadel aufgeführt, welcher um 1700 in ein Wirtshaus umgebaut wurde.
Bis ins Jahre 1850 bewirteten unterschiedliche Pächter ihre Gäste im Gasthof "Zur Rosenau" oder "Zur goldenen Rose", wobei auch für einige Jahre eine eigene Brauerei mit Bierkellern und Stallungen hier untergebracht waren, zeitweise zusammen mit der 1738 gegründeten ersten Coburger Fayencefabrik.

1877 wurden die drei Häuser zu einer Internatsschule für Knaben von Georg Konrad Rothbart umgewandelt. Nach weiteren Umbauten entstanden im Jahre 1937 Wohnungen in dem Anwesen.
Das südliche Gebäude beeindruckt durch einen polygonalen Eckturm, der sich über drei Stockwerke erstreckt. Der architektonisch markante Eckturm, Fenster mit Naturstein-Einfassungen und ein Mansard Dach machen das Haus zu etwas ganz Besonderem. Unter dem Haus befindet sich ein gut erhaltener alter Gewölbekeller.

2017 Hier entstehen sechs 2-3 Zimmer Altbau Eigentumswohnungen zwischen 45 Quadratmeter und 87 Quadratmeter Größe. Bei drei dieser attraktiven Appartements gelangt man durch den großzügigen Wohn- Essbereich mit offener Küche in ein Turmzimmer.