Coburger Radler in den USA: Über eisige Gipfel wie Aliens
Autor: Rainer Lutz
LKR Coburg, Donnerstag, 05. Mai 2016
Drei Radler aus dem Coburger Land fahren von Küste zu Küste quer durch die USA. Nicht alles ist dabei so, wie sie es sich vorgestellt haben.
Es ist die Frage, was einen durchschnittlichen Amerikaner mehr verblüffen würde, die Begegnung mit Außerirdischen oder die mit drei Radfahrern auf einem 3700 Meter hohen verschneiten Pass in den Rocky Mountains. Die drei Coburger "Bergschlange" Basti, "Stahlwade" Albert und "Wüstenfuchs" Flo würden wohl nicht auf die Außerirdischen tippen. Sie haben erlebt, wie Amerikaner schauen, wenn ihnen hoch in den Rockys Radler begegnen.
Doch bis dahin war es weit, vom letzten Punkt aus, von dem wir aus ihrem Reiseblog berichtet haben. Da hatten sie gerade die Grenze nach Utah überquert. Als sie am Mittwoch, 20. April, aufbrachen, ahnten sie noch nicht, dass sie die bisher längste Tagesetappe vor sich hatten.
Die Entscheidung, einen möglicherweise gesperrten Pass lieber gleich zu umfahren, führte auf eine anstrengende Route, zu der statt des gut 3000 Meter hohen umfahrenen Passes einer mit immerhin noch 2400 Metern gehörte. Nach 140 Kilometern kommen sie in Circle City an, wo sie im Stadtpark campieren, weil der Campingplatz geschlossen wurde.
Es wird härter
Über den folgenden Donnerstag schreibt Flo in den Reiseblog: "Und gleich nochmal so ein Brett!" Wieder ein Pass über 2549 Meter, Ärger mit der Polizei, die sie ermahnt, gefälligst so weit rechts zu fahren wie irgend möglich, und gefährliche Situationen wegen rigoroser Auto- und Lkw-Fahrer. Nette Überraschung dafür: Bei der Mittagsrast in Kooscharen unterhalten sie sich mit einem Herrn. Als sie zahlen wollen, hat er die Rechnung schon für sie beglichen und ist gegangen.
Nach den nervigen Strecken und der Anstrengung ist die Stimmung mies und es wird auch mal laut im Team. Flo schreibt: "Aber das gehört wohl auch dazu." Am Abend sind wieder 121 Kilometer weg.Allerdings kommt Zeitdruck auf. Flo muss am 3. Mai seinen Flieger in Denver erreichen. Es sind noch 800 Kilometer und sie müssen über die Rocky Mountains. Irgendwo am Straßenrand in der Wüste wird das Lager aufgeschlagen und Flo versucht sich als Teamfriseur. Immerhin sind die Haare seiner beiden Freunde danach kürzer.
Samstag, 23. Mai, geht es über Green Ville bis Moab. Die Strecke ist hart, die Stimmung im Team wird noch schlechter und Alberst angeschlagenes Fahrrad wird immer mehr zum Problem. In Moab gibt es aber endlich eine Runderneuerung für Alberts Rad und auch Basti bekommt wieder einen ordentlichen Gepäckträger. Das hebt die Stimmung schon ein wenig.
Erst recht tut das der Ruhetag am Sonntag. Zwei Französinnen nehmen die drei im Jeep mit in den nahen Arches Nationalpark. Schöne Erlebnisse und die Pause tun den Dreien gut.
Für den nächsten Tag wählt Flo die Überschrift "Heute war alles dabei". Bisher fand sich in jedem Bundesstaat ein Nummernschild als Souvenir am Straßenrand. In Utah nicht. Als sie es einer Verkäuferin erzählen, verspricht sie, ihnen eins vorbeizubringen. Das glaubt natürlich keiner wirklich. Bis sie am Morgen echt mit dem Teil vor der Tür steht. Entlang des Colorado River geht es in die verlassene Stadt Cisco. Und nach einer Rast weiter über die Autobahn nach Grand Junction und damit in den Staat Colorado. Autobahnen sind immer wieder ganz offiziell als Radweg ausgewiesen. Für Deutsche ein wenig ungewöhnlich. Mit 170 Kilometern verbuchen die Drei einen neuen Tagesrekord. Quartier gibt es über "Warm-Showers" bei einem fahrradverrückten Ehepaar.
Am Dienstag wird Regen zum treuen Begleiter. Als der Autobahn-Radweg in eine Baustelle führt, wird es gefährlich eng für die Radler. Nach 85 Kilometern gönnen sie sich ein trockenes Zimmer in einem Motel in dem Städtchen Parachute.
Gastgeber ist abwesend
Die Strecke wird auch am Mittwoch nicht erfreulicher. Jeff von "Warm Showers" soll ihnen Unterkunft gewähren. Er ist nicht einmal anwesend - lässt die drei aber in sein Haus. Auch das ist Amerika.In Richtung Vail regnet es wieder. Dafür sind die Fahrradwege schön. Kurz nachdem die 65 Kilometer geschafft sind, kommen Hagel und Sturm dazu. Glück gehabt.
Allerdings sind die Wetteraussichten nicht rosig. Zudem liegen zwei Pässe mit mehr als 3000 Metern vor ihnen. Keine schönen Aussichten, doch sie müssen weiter, wenn sie rechtzeitig in Denver sein wollen. Es sind nur 50 Kilometer bis Frisco. Doch die haben es in sich. Auf 3250 Meter geht es hinauf. Der Radweg ist unter dem Schnee kaum noch zu erkennen. Bergab geht es kaum schneller als bergauf. Frisco liegt auf 2700 Metern - aber es hat ein Motel.
Als sie am Samstag zum Loveland Pass aufbrechen, schneit es immer stärker. Dann erfahren sie, dass der Pass gesperrt ist. Sie diskutieren eine Weile, ehe sie sich entschließen, trotzdem drüberzufahren.
Bei zehn Grad unter Null im Schnee ernten sie Blicke von Autofahrern, die sie schon fast für die Strapazen entschädigen. Aber auch dieser Pass ist am Ende geschafft. Am Maifeiertag rollen sie in Broomfield ein. Das ist ein Vorort von Denver. Der Flieger ist jetzt kein Problem mehr.