Coburger Neurowissenschaftler über die Auswirkungen der Digitalisierung
Autor: Christiane Lehmann
Coburg, Donnerstag, 16. Mai 2019
Der Coburger Unternehmer Josua Kohberg spricht im Oktober zusammen mit Ruediger Dahlke über die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Gesundheit.
Wissenschaftler und Esoteriker in einer Person - das geht eigentlich nicht. "Mein ganz persönliches Dilemma" nennt es Josua Kohberg und grinst. Doch genau das macht das Gespräch mit ihm so spannend. Auf der einen Seite spricht der "Digital-Held" über neue Lernmethoden und Marketingstrategien, auf der anderen sitzt da der Mensch, der um die Auswirkungen von elektromagnetischer Strahlung weiß und die Veränderungen in unseren Gehirnen mit Besorgnis sieht - vor allem bei Kindern und Jugendlichen.
Hirngerechte Lernstrategien
Josua Kohberg befasst sich seit Ende der 90er Jahre mit Lernforschung, Neurowissenschaft und positiver Psychologie. Der 45-Jährige zeigt die Zusammenhänge von bewusstem und unbewusstem Lernen auf und skizziert einfache und sofort anwendbare Wege für die - seiner Meinung nach - perfekte Lernstrategie. "Ob es um das Erlernen einer neuen Sprache oder um die Integration eines neuen Verhaltensmusters geht - all das kann einfach, schnell und nachhaltig gelernt werden, wenn gehirngerechte Lernstrategien zum Einsatz kommen." Davon ist er überzeugt.
Josua Kohberg hat ein Master Studium in Cognitive Neuroscience in Köln absolviert und bis heute sieben Bücher, 14 Sprachkurse und mehr als 100 Mental Trainings als Autor veröffentlicht. Ein Meilenstein seines Wirkens war und ist die Entwicklung eines Ultraschall-Geräts, das es möglich machen soll, über die Haut zu hören und so Lerninhalte passiv und nebenbei unbewusst aufzunehmen.
In seinen Vorträgen verbindet er aktuelle Erkenntnisse aus Hirnforschung und Mental Training. Mit einem Mix aus Wissenschaft, pragmatischer Umsetzung und Humor begeisterte er bis heute mehr als 300000 Teilnehmer in Vorträgen und Online-Events. Josua Kohberg vermittelt leicht verständlich die Wirkprinzipien des menschlichen Gehirns und weckt die Lust aufs Lernen.
"Ich kann mir gut vorstellen, dass in ein paar Jahren der Englisch-Unterricht in der Schule überflüssig wird, da die Kinder schon alles beherrschen", sagt er und kommt damit auf unser Bildungssystem zu sprechen. "Völlig überaltert", nennt er es. Die Schule schaffe es nicht, Kinder zu binden - ganz anders aufgestellt sind da Game-Entwickler. "Kinder bezahlen Geld, um stundenlang auf ihren Handys spielen zu können. Aber auf Schule hat keiner Lust. Da läuft doch was falsch", kritisiert er. Wer genauer hinschaut, erkenne auch die Krux: Bis zum Eintritt ins Schulleben lernen Kinder mit Neugier, Freuden, freiwillig und reflektiert. Danach sei Schluss damit. Feste Abläufe und Strukturen demotiviere.
Immer mehr Schlafprobleme
Auf der anderen Seite locken Online-Spiele, soziale Netzwerke und die Welt der tausend neuen Möglichkeiten und sorgten für gefährliche Ablenkung vom echten Leben. Die Folge seien enorme Konzentrationsschwierigkeiten und Schlafstörungen. Schon jetzt schlafen 80 Prozent der erwerbstätigen Bayern schlecht. "Das wird bei unseren Kindern noch viel schlimmer", diagnostiziert er.
Schulpsychologische Untersuchungen haben ergeben, dass sich Siebenjährige etwa 15 Minuten konzentrieren können. EEG-Messungen an der Uni Berlin hätten allerdings gezeigt, dass sich Kinder und Jugendliche maximal 18 Sekunden konzentrieren können, sagt Kohberg. "Schuld daran sind die Videoclips und bewegten Bilder im Netz. Das Gehirn gewöhnt sich an die schnelle Information, befindet sich im Dauerstress", erläutert der Neurowissenschaftler. Was das fürs spätere Arbeitsleben bedeute, könne sich jeder selbst vorstellen.