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Coburger Musikfreunde feiern Leonhard Derings Heimspiel


Autor: Gerhard Deutschmann

Coburg, Dienstag, 19. Mai 2015

Wie der junge Coburger Pianist Leonhard Dering in der Reihe "Piano Spezial" bei der "Gesellschaft der Musikfreunde" mit einem anspruchsvollen Beethoven-Programm beeindruckt.
Leonhard Dering beeindruckte mit seinem Beethoven-Abend bei den Coburger "Musikfreunden" im HUK-Foyer. Foto: Jochen Berger


Als das "Neue Testament" des Klavierspiels im Gegensatz zum "Alten" des "Wohltemperierten Klaviers" von Bach bezeichnete Hans von Bülow die 32 Klaviersonaten von Ludwig van Beethoven, welche von Opus 2 bis 111 seine künstlerische Entwicklung treffend widerspiegeln.


Ein Interpret kann hier nicht wie bei Chopin oder Liszt durch reine Virtuosität glänzen, sondern muss ein großes Maß an gestalterischen Fähigkeiten mitbringen. Dass ein so junger, noch im Studium befindlicher Pianist wie Leonhard Dering bereits über solche Möglichkeiten verfügt, lässt auf entsprechende Begabung schließen und auf positive Weiterentwicklung hoffen.




Leonhard Dering zeigte sich durchwegs technisch überlegen, stilsicher und differenziert im Anschlag, sodass ihm schon sehr ausgereifte Wiedergaben gelangen, wobei er - vielleicht bewusst - auf die besonders bekannten Sonaten wie "Mondschein", "Appassionata" oder "Pathetique" verzichtete.

Orchestrale Klangfülle

Er begann mit der allerersten Sonate f-Moll op. 2 Nr.1, deren Kopfsatz er flüssig, mit energischem Beginn, deutlicher Phrasierung wiedergab, dabei das gelegentlich Dramatische zu Gunsten des musikalischen Flusses nicht überbetonend. Ausdrucksvoll und großbögig geriet das Adagio, dynamisch kontrastreich mit geschmeidigem Trio das Menuetto, stürmisch und fingerfertig das Prestissimo-Finale.



Einen schönen Kontrast bildete die folgende Sonate Nr. 16 G-Dur op. 31 Nr.1 in ihrem heiteren, spielerischen Duktus, mit dem neckischen Hauptthema des ersten Satzes, dem graziösen, von virtuosen Läufen unterbrochenen "Ständchen" des zweiten und dem durchsichtig, mit deutlich zwischen den Händen herausgearbeiteten abwechselnden Melodieführung des Schlussrondos.



Als erste Sonate erhielt die Nr. 4 Es-Dur op. 7 vom Komponisten eine eigene Opuszahl und die verlegerische Bezeichnung "Grande Sonate". Sie bildete nach der Pause den krönenden Abschluss des Klavierabends. Rein zeitlich ist das Werk nach der "Hammerklaviersonate" op. 106 die umfangsreichste Sonate Beethovens. Im ersten Satz entfaltete Leonhard Dering eine große dynamische Palette vom zarten Pianissimo bis zu orchestraler Klangfülle und zeigte enorme Sprung- und Laufsicherheit.

Anhaltender Beifall

Mit verinnerlichtem Ausdruck zelebrierte er geradezu das Largo und beschloss überzeugend mit lyrischem Scherzo und vorwiegend heiterem - nur von einer dramatischen Episode unterbrochenem - Finale das anspruchsvolle, halbstündige Werk. Im gesamten Programm, das er natürlich auswendig wiedergab, zeigte er nicht die geringste Gedächtnislücke!



Nach verdientem, anhaltendem Beifall hatte er sogar noch die Kraft für eine anspruchsvolle Zugabe, natürlich von Beethoven - den Schlusssatz der berühmten "Sturm"-Sonate d-Moll op. 31 Nr. 2.


Aus dem Leben eines jungen Künstlers

Leonhard Dering ist in Coburg kein Unbekannter: Er wurde zwar 1991 in Tomsk in Russland geboren, lebt aber seit dem dritten Lebensjahr in Coburg, wo er seine schulische Laufbahn am Gymnasium Albertinum absolvierte. Nach dem Erwerb der pianistischen Grundlagen bei Alla Schatz kam er 2011 in die Meisterklasse von Lev Natochenny an der Hochschule für Musik und darstellende Kunst Frankfurt am Main aufgenommen.
Klavier- und Kammermusikabende führten ihn bisher in zahlreiche Städte in Deutschland, Österreich und Tsche chien. Sein Orchesterdebüt gab er mit 13 Jahren als Solist des Prager Studentenorchesters. Seitdem war er Solist zahlreicher Orchester. Dering arbeitet unter anderem mit dem Pianisten Michael Leslie zusammen, der im Oktober 2013 ein umjubeltes Konzert bei den Musikfreunden gab.