"Coburger Modell" bietet Teilzeitumschulung für junge Mütter
Autor: Helke Renner
Coburg, Mittwoch, 27. August 2014
Junge Mütter, vor allem alleinerziehende, können von einem Projekt des Jobcenters profitieren. Es ist auch für Arbeitgeber ein lukratives Angebot.
Wenn Valentina Taran durch die Regalreihen geht, erkennt niemand, dass sie eine Auszubildende ist. Sie wird immer wieder angesprochen, hilft den Kunden freundlich und bereitwillig. Die 32-Jährige absolviert seit dem 1. August im Real Markt eine Ausbildung zur Verkäuferin. Und das obwohl sie zwei Kinder hat - acht und drei Jahre alt. Möglich macht das ein Projekt des Jobcenters Coburg-Stadt. Das bietet jungen Müttern, die keine Ausbildung haben, drei Jahre in Elternzeit waren oder gar eine Ausbildung, aber keine Arbeit haben, eine betriebliche Umschulung in Teilzeit an. "Ich war drei Jahre zu Hause. Jetzt geht mein jüngstes Kind in den Kindergarten, und ich möchte gern arbeiten", erzählt Valentina Taran.
Es mache ihr viel Spaß im Real-Markt. Und auch mit den ungewöhnlichen Arbeitszeiten - eine Schicht läuft von 8 bis 14 Uhr, eine andere von 14 bis 20 Uhr - stelle für sie kein Problem dar.
"In der Regel ist es bei Umschulungen so, dass sich die Lehrzeit von drei auf zwei Jahre verkürzt. Das schreibt der Gesetzgeber so vor", erläutert Stefan Trebes, Geschäftsführer des Jobcenters Coburg-Stadt. Für alleinerziehende Mütter sei das nicht ganz leicht zu stemmen, weil sie das erste Berufsschuljahr aufholen und 40 Stunden arbeiten müssten. Dazu kommen die Familienpflichten.
Beim Coburger Modell nun wird die geforderte Lehrzeitverkürzung über die Arbeitszeit erreicht und nicht über die Ausbildungszeit. Darüber hinaus wü rden auch die Arbeitgeber gefördert. Die stehen inzwischen im Konkurrenzkampf um Auszubildende - nicht nur in Coburg. Deshalb plant die Bundesagentur für Arbeit am 3. September eine bundesweite Kampagne mit dem Titel "Einstellungssache - Jobs für Eltern". Das Jobcenter Coburg-Stadt kann da gut mithalten.
Gute Erfahrungen mit Umschülern
Roland Beier, Geschäftsleiter des Real-Marktes, weiß das zu schätzen. "Wir haben gute Erfahrungen mit den Umschülerinnen gemacht. Sie sind reifer als die ganz jungen Frauen und motiviert", sagt er. Die Situation sei besonders in Dienstleistungsunternehmen schwierig. Oft seien die Bewerber um einen Job auch noch nicht so weit, dass man sie im vollen Umfang einsetzen könne. Mit Valentina Taran ist Roland Beier zufrieden. "Wir behalten sie jetzt erst einmal zwei Jahre bei uns. Wenn es weiter gut läuft, können daraus auch drei Jahre werden."
Stefan Trebes und Nina Axmann, Beauftragte für Chancengleichheit im Jobcenter, überlassen indes nichts dem Zufall. "Wir schauen, wo offene Stellen sind und sprechen persönlich mit den Arbeitgebern über unser Angebot", erläutert Nina Axmann. Und Stefan Trebes ergänzt: "Das funktioniert besser, als wenn wir das schriftlich tun." Das Interesse der Bewerberinnen, die das Jobcenter in eine Teilzeitumschulung vermitteln kann, ist breit gefächert und beschränkt sich nicht nur auf die sogenannten Frauenberufe. " Wir haben auch Interessentinnen, die Tischlerin oder Fachlageristin werden möchten."
Im Ausbildungsjahr 2014 laufen 15 Umschulungen in Teilzeit. "Der Zulauf war aber viel größer. Damit hatten wir gar nicht gerechnet", stellt Stefan Trebes fest. 100 Bewerberinnen hatte das Jobcenter angeschrieben. 25 haben daraufhin eine Beratung gewünscht. Davon seien einige dann doch wieder abgesprungen, weil sie fürchteten, dass sie den Anforderungen nicht gerecht werden könnten oder weil ein psychologisches Gutachten von der Umschulung abgeraten hatte.
Suche nach passgenauen Stellen
"Für diejenigen, die übrig geblieben sind, haben wir intensiv nach Ausbildungsstellen gesucht, die auch passen", ergänzt der Geschäftsführer des Jobcenters Coburg-Stadt. Einige wenige Frauen seien noch auf der Suche für 2014 und für 2015 sei eine Fortsetzung der Teilzeitumschulungen geplant.
Interessierte Arbeitgeber können sich bei Nina Axmann unter der Telefonnummer 09561/2365131 melden.