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Coburger Hausärzte retten Kindernotdienst


Autor: Christiane Lehmann

Coburg, Mittwoch, 24. Mai 2017

Immer weniger Kinderärzte stehen künftig für den ärztlichen Bereitschaftsdienst zur Verfügung. Deshalb helfen jetzt die Hausärzte aus.
Wenn es einem Kind schlecht geht, sollten Eltern nicht zu lange abwarten bis sie zum Kinderarzt gehen - zumal es nur noch begrenzte Sprechzeiten beim kinderärztlichen Bereitschaftsdienst gibt. Foto: Photographee.eu


Hausarzt Thomas Scheller nennt es eine Durststrecke, die es zu überwinden gilt. Er bleibt optimistisch - obwohl die Lage in Coburg sich zuspitzt und aktuell ernst ist. Erst im Hausarztbereich, aber jetzt auch beim kinderärztlichen Bereitschaftsdienst machen sich fehlende Kapazitäten bemerkbar.
Wie Kinderarzt Mathias Zimmer am Mittwoch beim Gespräch mit Kollegen und der Presse informiert, ist der Rund-um-die-Uhr-Dienst nicht mehr zu leisten. Sieben Kollegen sind derzeit aktiv dabei. Eine Kollegin hört im kommenden Jahr definitiv auf und zwei weitere sind aus Altergründen auch nicht mehr verpflichtet, voll dabei zu sein.


Neue Sprechzeiten

Zum 1. Juli wird deshalb der Kindernotdienst neu organisiert. Und in die Bresche springen die Hausärzte, die Sprechstunden übernehmen. "Das ist eine zusätzliche Erschwernis ohne zusätzliche Vergütung", betont Scheller, auch Vorsitzender des Hausarztvereins Coburg und weist zugleich darauf hin, dass nur so der kinderärztliche Bereitschaftsdienst für die Region gewährleistet werden kann. Von einer erheblichen Belastung spricht der Herzmediziner Helmut Keller. "Bis zu 200 kleine Patienten werden übers Wochenende in der Praxis behandelt", erläutert Zimmer die Dimension. Nur wenige Landkreise hätten einen kinderärztlichen Notdienst. "Das ist hier schon eine Besonderheit", unterstreicht Keller.
Deshalb hoffen die Mediziner auf die Disziplin der Eltern, nicht bis spät in den Abend oder bis zum Wochenende zu warten bis man den Kinderarzt ruft. Kinderarzt Roland Frank: "Wir appellieren daran, zu den regulären Sprechzeiten in die Praxis zu kommen."
Der ärztliche Bereitschaftsdienst greift nur noch Mittwoch und Freitag von 18 bis 19 Uhr sowie am Wochenende und an Feiertagen von 10 bis 12 Uhr und von 17 bis 19 Uhr. Außerhalb dieser Zeiten ist der allgemeine ärztliche Bereitschaftsdienst zuständig. Welcher Kinderarzt Dienst hat, erfährt man aus der Zeitung.
Die Bereitschaftspraxis am Klinikum sei für Kinder definitiv die falsche Adresse, sagt Thomas Scheller. Auch die Kinderklinik konnte in den Bereitschaftsdienst nicht integriert werden. "Trotz mehrerer Gespräche und Anläufe haben weder der Chefarzt noch die Krankenhausdirektorin ihre Bereitschaft gezeigt. Die Mehrarbeit sei personell und strukturell nicht zu leisten, hieß es von deren Seite", erklärte Frank.
"In einigen Jahren sieht es wieder besser aus", ist sich Scheller sicher. Er setzt auf die vielfältigen Initiativen, die gestartet wurden, um Ärztenachwuchs nach Coburg zu ziehen.

Erste-Hilfe-Maßnahmen und Langzeit-Therapie

Neuregelung Zum 1. Juli wird der kinderärztliche Bereitschaftsdienst neu geregelt. Es gibt nur noch Sprechstunden in der Praxis des diensthabenden Kinder- und Jugendarztes: Samstag, Sonntag, Feiertag: 10 bis 12 Uhr und 17 bis 19 Uhr, Mittwoch und Freitag von 18 bis 19 Uhr, Rufbereitschaft ist von 13 bis 18 Uhr.
Außerhalb dieser zeiten ist der allgemeinärztliche Bereitschaftsdienst zuständig.

Hol- und Bringservice Telefon 09561 / 893553 (5 Euro Eigenanteil pro Fahrt)

Hausärzte Nach Schließung der Praxis von Uwe Stedter in der vergangenen Woche fehlt ein weiterer Hausarzt in Coburg und es wird immer schwieriger bei einem anderen Arzt in die Patientenkartei aufgenommen zu werden.
"Im Notfall muss allerdings jeder Hausarzt helfen", versichert auch der Vorsitzende des Hausarztvereins Coburg, Thomas Scheller. Er weiß um die Problematik. Seine eigene Praxis ist in den vergangenen Jahren um das Doppelte an Patienten von 800 auf 1700 gewachsen. "Das geht über unsere Grenzen", sagt er.

Bedarfsplanung Durch das große Einzugsgebiet der angrenzenden Landkreise passt die von der kassenärztlichen Vereinigung berechnete Bedarfsplanung an Kinder-, Haus- und Fachärzten für Coburg nicht mit der Realität zusammen.

Gesundheitsregion Plus
Mit der Imagekampagne "Hausärztliche Versorgung" sollen angehende Mediziner für die Region gewonnen werden. Dazu gehört eine Onlineplattform für angehende Hausärzte, auf der eine Job- und Praxisbörse, zielgerichtete Beratung und ein detaillierter Überblick über die Region zu finden sind, ebenso wie ein Videoclip, in dem ansässige Mediziner potenzielle neue Kollegen informieren und die Bandbreite der Kultur- und Freizeitangebote abgedeckt sind. Eine Sommerakademie für Studierende der Humanmedizin stellt Kontakte zu niedergelassenen Ärzten her.