Coburger Bauern blicken mit Sorge in die Zukunft
Autor: Rainer Lutz
Coburg, Montag, 12. August 2019
Das Wetter macht den Bauern zu schaffen. Doch fast noch mehr belastet sie der Umgang der Politik und der öffentlichen Meinung mit ihrem Berufsstand.
           
Am Hof im Ort wurde es zu eng. Daher entschloss sich die Familie Renner in Kleinwalbur, den nötigen neuen Milchviehstall auszulagern. Das war 2017. Der Laufstall war der letzte, der in der Region gebaut wurde. "Die Bauern sind verunsichert. Sie investieren nicht mehr in die Zukunft", sagt Coburgs BBV-Geschäftsführer Hans Rebelein. Es macht ihm Sorgen.
Der Klimawandel und damit verbundene Ernteeinbußen spielen eine Rolle bei dieser Verunsicherung. Politik und Darstellung der Landwirtschaft in den Medien machen die Bauern aber in höherem Maße dafür verantwortlich, dass immer mehr Betriebe aufgegeben - oder eben nicht mehr weiterentwickelt werden. Das Höfesterben ist nicht neu. Hans Rebelein nennt Zahlen. 1990 gab es im Landkreis noch 813 Betriebe mit Rinderhaltung. 2017 waren es noch 196. Die Zahl der Tiere sank von 13 500 auf 8800. Neu ist, dass Betriebe, die in dieser Phase des Strukturwandels gewachsen sind und investiert haben, jetzt beginnen, an der Zukunft zu zweifeln.
"Wer heute in einen Stall investiert, weiß nicht, ob er schon in Kürze nachbessern muss, weil ständig neue Auflagen gemacht werden. Wenn er Pech hat, muss er den Stall abreißen, ehe er überhaupt bezahlt ist", sagt Wolfgang Schultheiß, stellvertretender Kreisobmann des BBV.
Für Kreisbäuerin Heidi Bauersachs steht fest: "Das Schlimmste sind die ständigen Negativschlagzeilen in den Medien und was in den sozialen Netzwerken über die Landwirtschaft verbreitet wird." Für Wolfgang Schultheiß ist der jüngste Bericht des Klimarates ein typisches Beispiel: "Da steht überall in den Medien, dass die Landwirtschaft weltweit für 23 Prozent des -Ausstoßes verantwortlich ist. Nur wenige schreiben aber, dass da auch gesagt wurde, dass sie im Gegenzug mehr bindet, als sie selbst ausstößt."
BBV-Kreisobmann Martin Flohrschütz vermisst Kritik an anderer Stelle. "Durch Volksbegehren und Düngeverordnung gängelt man die Landwirte, protestiert aber nicht, dass Rindfleisch, das aus zweifelhaften und unkontrollierbaren Haltungsbedingungen kommt, einen Marktzugang in die EU bekommt", wettert er. Martin Flohrschütz lässt keinen Zweifel daran, an wen er seine Kritik richtet: "Ich bin enttäuscht von ÖDP und Grünen sowie allen Umweltverbänden, die ständig die Verschärfung von Haltungs- und Produktionsbedingungen fordern und durchsetzen und damit für das Höfesterben in unseren Breiten Verantwortung tragen." Nicht zuletzt spielten seiner Meinung nach fortwährende Schuldzuweisungen aus diesen Reihen eine große Rolle dabei, wenn bäuerliche Familien sich entschließen aufzugeben.
In der Konsequenz fordert Martin Flohrschütz die Aussetzung der Düngeverordnung und der Einigung zum Thema Volksbegehren "Rettet die Bienen".
Wetter und Ernte
Können die Interessenvertreter der Bauern gegen Politik und Medien ins Feld ziehen, müssen sie beim Wetter mit dem leben, was vom Himmel kommt - oder eben nicht, wie im vergangenen Jahr. Trotz der Dürre stand der Mais etwa 2018 im Grunde besser da als heuer. "Er hat mehr Masse geliefert, allerdings wurden kaum Kolben gebildet", schildert Heidi Bauersachs das Ergebnis. In diesem Jahr fehlt es dem Mais an der Masse. "Wenn jetzt keine Körner an den Kolben gebildet werden, dann wäre das eine Katastrophe", sagt die Kreisbäuerin.