Coburger Auftragsmord: Abreibung oder Tötungsauftrag?
Autor: Christiane Lehmann
Coburg, Donnerstag, 27. November 2014
Am zweiten Verhandlungstag sorgten die Aussagen von zwei Frauen für Verwirrung. Die Ehefrau eines Angeklagten und eine Transsexuelle, die mit der Angeklagten in der JVA Bamberg einsitzt.
Das Wirrwar nach dem ersten Verhandlungstag nahm auch am zweiten seinen Lauf. Vorsitzender Richter am Landgericht Gerhard Amend: "Das ist mir in meiner 16-jährigen Laufbahn noch nicht passiert!" Eine Reihe von Zeugen hatte sich aus unterschiedlichsten Gründen entschuldigt, andere mussten stundenlang warten und wurden am Ende doch wieder nach Hause geschickt, weil die Zeit nicht ausreichte. Zwischendurch musste der Richter zu einer Beerdigung und der Anwalt eines Angeklagten wurde Vater.
Mehrmals musste Amend die wörtliche Protokollierung der Aussagen anordnen, da sich die Zeugen in Widersprüche verstrickten. Die Ehefrau des Angeklagten Peter G., gegen die ebenfalls ein Verfahren läuft, machte von ihrem Aussageverweigerungsrecht kaum Gebrauch. Doch ihre Erinnerung an das, was sie einst bei der Polizei ausgesagt hatte und das, was sie gestern antwortete, passten oft nicht zusammen.
Kleidung gewaschen
Tatsache ist, dass die Frau zusammen mit ihren Kindern in der Bar der Angeklagten Maria S. zu Abend gegessen hatte und von den Plänen der Beschuldigten wusste. Als ihr Mann in der Nacht nach der Tat gegen 2.30 Uhr zusammen mit Paul K. zu Hause aufschlug, war sie es, die die Kleidung beider noch in der Nacht in die Waschmaschine steckte - samt den Schuhen - und am nächsten Tag wegwarf. In der Tatnacht sind die drei nochmals in die Bar, um sich mit Maria S. zu besprechen.
Für Verwirrung sorgten anschließend die Aussagen mehrerer Mitgefangener von Maria S. aus der JVA Bamberg - allen voran eine transsexuelle Brasilianerin, die ebenfalls nur portugiesisch spricht und eine Simultanübersetzerin an ihrer Seite hatte.
Sie war es, die sich an die Polizei gewandt hatte, weil Maria S. sich ihr anvertraut hatte. Eigentlich war das gar nicht ihre Absicht, wie sie beteuerte. Weil aber die Angeklagte in der JVA verbreitet hatte, sie habe Briefe ans Gericht geschrieben - "dabei habe ich nur meiner Freundin geschrieben" - wollte keiner mehr mit ihr etwas zu tun haben. "Da habe ich dann doch die Polizei angerufen und um ein Gespräch gebeten!"
Heißes Gemüt
Die beiden Frauen hatten sich am Anfang gut verstanden, da beide portugiesisch miteinander reden konnten. Maria S. habe der Transsexuellen, die in einer Einzelzelle untergebracht ist und keinen anderen Kontakt haben darf, ihren Fall geschildert. Die Zeugin sagte, Maria S. habe ihr erklärt: "Wenn man aufgebracht ist, macht man Dummheiten. Und als Brasilianerin hat man ja sowieso ein heißeres Gemüt. Ich habe den Auftrag zum Töten erteilt." Einen Tag später beim Hofgang habe die Angeklagte das relativiert, indem sie nur noch davon sprach, dass der "Mann eine Abreibung bekommen sollte!"
Die Zeugin wusste - angeblich immer nur aus dem persönlichen Gespräch mit der Angeklagten - viele Details aus dem Fall. So habe Maria S. ihr von dem Testament erzählt, von dem Geld, das das Opfer für die Kinder hinterlassen wollte, dem Schlüssel, den Maria S. den beiden anderen Angeklagten ausgehändigt hatte, um in Beiersdorf ins Haus zu gelangen. Auch sagte sie aus, dass die Männer nach der Tat Maria S. noch baten, etwas zu warten, bis sie nach Hause fährt. Ihr gegenüber habe die Angeklagte gesagt: "Gott sei Dank hat die Polizei alles aufgedeckt!"
Geld habe bei der Tat für die beiden Täter keine Rolle gespielt, habe Maria S. immer wieder betont. Obwohl sich darüber ihre Mitinsassin gewundert habe, versicherte sie, den beiden sei es darum gegangen, später das Bordell zu führen. Ihr Noch-Ehemann, so Maria S. gegenüber der Zeugin, habe nichts mit der Tat zu tun. Er wisse auch von nichts. Zwei weitere Zeuginnen aus der JVA Bamberg widersprachen in einigen Punkten ihrer transsexuellen Mitgefangenen. Wer letztendlich die Wahrheit sagte, ließ sich nicht klären.
Schuhprofile gesichert
Ein Sachverständiger des Landeskriminalamtes Niedersachsen, der die Schuhprofile vom Tatort bestimmen sollte, traf letztendlich auch keine klare Aussagen, die an dem zweiten Verhandlungstag etwas mehr Licht ins Dunkel gebracht hätten. Zwei Schuhprofile konnte er identifizieren. Zuordnen lassen sie sich jedoch noch nicht mit Sicherheit. Auch kann man nicht sagen, dass es sich dabei um zwei Täter oder vielleicht auch mehrere handelt.
Die Verhandlung wird heute um 9 Uhr fortgesetzt. Dann wird eine Sachverständige vom bayerischen Landeskriminalamt eine 3D-Animation vom Tatort zeigen. Die Kriminalbeamten aus Coburg, die die Spuren am Tatort gesichert haben, werden dazu gehört.
Weitere Verhandlungstage sind für 9., 11. und 18. Dezember angesetzt.