Druckartikel: Coburger auf Pilgerreise nach Jerusalem

Coburger auf Pilgerreise nach Jerusalem


Autor: Oliver Schmidt

Coburg, Freitag, 12. April 2013

Der Jakobsweg ist schön. Sehr viel mehr Überraschungen birgt es aber, nach Jerusalem zu pilgern - neun Coburger liefen und erlebten jetzt den Abschnitt zwischen Bratislava und Budapest.
Immer wieder kamen die Pilger aus Coburg an der Donau entlang; hier am kanalartig ausgebauten Abschnitt bei Bratislava. Fotos: Oliver Schmidt


Es ist kalt in Bratislava. Aber bereits die erste Begegnung auf unserer Tour wärmt die Herzen. Das mag für Außenstehende pathetisch und nach all zu übertriebener Gefühlsduselei klingen - aber es ist tatsächlich so! Naja, es muss sowieso niemand verstehen, wa rum wir uns das alles antun. Den ganzen Tag laufen, mit schwerem Rücksack, und das auf unbekannten Wegen durch zum Teil noch unbekanntere Orte. Egal. Wir sind keine Touristen. Wir sind Pilger, die gespannt sind auf Menschen und auf Begegnungen; Pilger, die beten, die gerne Gedanken austauschen, die aber auch mal für zwei Stunden am Tag einfach nur schweigen.

Beeindruckt sind wir von Matúš: Er studiert evangelische Theologie und freut sich wie ein Schneekönig über den Besuch aus Deutschland. Dazu muss man wissen: Evangelen sind in der Slowakei eine absolute Minderheit. Matúš begleitet uns den ganzen Tag.

Seine Begeisterung für Kirche steckt an. Hoffentlich wird er das eines Tages auch als Pfarrer tun können.



Dunajská Streda - noch nie gehört? Kein Wunder. Aber auch gar nicht schlimm. Der Ort ist schrecklich und die Stimmung in der evangelischen Gemeinde auf dem Tiefpunkt: Am Gotteshaus fällt der Putz ab; außerdem entsteht direkt daneben ein 25 Meter hohes Bürogebäude. Der Pfarrer zuckt die Schultern. Der Glaube an eine gute Zukunft? Fehlanzeige. Schade. Ein bisschen Matúš würde hier gut tun.



Komárno? Könnten zumindest Opernliebhaber kennen. Hier wurde Franz Lehár geboren. Und auf den sind sie hier sehr stolz - auch Milan, der uns bei einer Führung zig Denkmäler zeigt. In Iza gibt es keine Denkmäler. Den Ort erreichen wir nach einem Fußmarsch durch Regen und Wind. Zum Aufwärmen geht's in die Kirche. Von außen wirkt sie schmucklos - doch drinnen überrascht sie mit einem farbenprächtigen Wandgemälde, das wir uns gerne erklären lassen. Noch mehr überrascht uns die Gastfreundschaft: Frauen der Gemeinde haben ein Büfett vorbereitet. Ein üppiges Büfett. Als Zeichen des Danks singen wir Lieder. Die Frauen lächeln. Aber so richtig zufrieden sind sie erst, als alles aufgegessen beziehungsweise alle Reste eingepackt sind. Die leckeren Brote mit Wurst und Streukäse werden uns bis Budapest begleiten. In den Rucksäcken lagern sie ja kühl.



Wir sind in Ungarn! Ganz problemlos. Die große Brücke beginnt im slowakischen Komárno und endet im ungarischen Komárom. Ab hier nehmen wir für ein paar Kilometer den Zug - und wir freuen uns über einen Schaffner, der uns zeigt, wo wir aussteigen müssen. Zum Glück können wir unser Ziel "Kisbér" aussprechen. Beim übernächsten Ort wär's schwerer gewesen.



Bakonyszombathely! Aber: Alles kein Problem, weil uns ja Pfarrer István Szarka begleitet. Es geht durch Wald und Schnee. Bei Csatka gelangen wir zu einem Wallfahrtsort der Sinti und Roma. Hier wird Maria verehrt. Und Papst Johannes Paul II., weil er den Sinti und Roma einst ein Holzkreuz segnete, das heute Mittelpunkt einer Kapelle ist.



Jetzt wird's matschig! Wenn der Weg das Ziel ist, dann könnte man jetzt glatt ins Grübeln kommen. Wir erreichen Súr. Erneut werden wir von einer Gemeindegruppe herzlich empfangen. Gemeinsam wird gekocht. Beim Abendspaziergang merken wir: Auch in Ungarn hat der Frühling Verspätung. Wir sind dankbar, im Gemeindehaus ein warmes Nachtquartier zu haben.



Noch mehr Schnee! Und ganz schön oft geht's noch dazu bergauf. Wann kommt endlich Gànt? Ganz zu schweigen von Csákvár, unserem Ziel am Abend. Endlich ist der kleine Ort mit den insgesamt vier Kirchtürmen zu sehen. Der kleinste gehört zur evangelischen Kirche. Sie strahlt trotzdem viel Vertrautes aus. Das mag auch an der Adresse liegen: Lutherstraße! Ganz bestimmt liegt es aber an Pfarrer Szarkaìfiese, der uns so nett empfängt und stolz seine Kirche zeigt. Leider noch ohne Orgel. "Aber wir sparen", sagt er - und sofort steckt ihm einer der Pilger einen Geldschein zu.



Wir nehmen Kurs auf Budapest. Der Vorort, wo wir in der evangelischen Gemeinde eine Jugendgruppe treffen, heißt Budaörs. Die Jugendlichen wollen wissen, warum wir nach Jerusalem laufen - und sie sind beeindruckt, als wir von Coburg erzählen und dass dort einst Luther weilte. Luther ist hier allgegenwärtig. Sogar das W-Lan-Passwort ist ihm gewidmet.



Budapest! Eine tolle Stadt. Und ein würdiger Schlusspunkt unserer Tour. In der Matthiaskirche halten wir ein letztes Mal inne für Fürbitten und ein Gebet. Danach geht's raus. Der Zug nach München wartet. Es ist immer noch kalt - aber in unseren Herzen sehr warm.


Hintergrund

Markus Merz, Pfarrer in St. Moriz, möchte von Coburg nach Jerusalem laufen, verteilt auf mehrere Abschnitte und Jahre. Nach Ostern stand die vierte Etappe an, und er lief von Bratislava nach Budapest. Er wurde dabei von sieben Coburgern sowie einem Freund aus München begleitet.