Coburg zahlt gezwungenermaßen freiwillig
Autor: Simone Bastian
Coburg, Donnerstag, 17. Juli 2014
Die Stadt soll sparen - aber viele wollen Geld: Die IHK möchte einen Zuschuss für ein Gutachten, die Hochschule für ihr Jubiläum. Kein Wunder, dass der Finanzsenat sich in einem Dilemma sieht.
250 mögliche Ein- und Aussteiger bei 5100 Fahrgästen, die durch einen Halt in Coburg Zeit verlieren: So rechnet laut Marita Nehring die Bahn. Deshalb sei ein regelmäßiger ICE-Halt in Coburg unwahrscheinlich. Die Nahverkehrsbeauftragte der Stadt berief sich auf Aussagen des Bahn-Konzernbevollmächtigten Klaus Josel. Wie auch immer: Der Bahn soll bewiesen werden, dass sie in Coburg weitaus mehr Fahrgäste fände, wenn der ICE dort hielte, und dafür will die IHK zu Coburg ein "kleinteiliges regionales Verkehrsmodell" berechnen lassen. 120.000 Euro würde das kosten, und die Stadt wird sich mit 10.000 Euro beteiligen.
Allerdings nicht ohne Grundsatzdiskussion im Finanzsenat: "Wir befinden uns in einem Dilemma", stellte Gerhard Amend (CSB) fest: Einerseits solle die Stadt keine neuen freiwilligen Leistungen mehr bewilligen, andererseits könne sie sich dem Thema ICE-Halt nicht entziehen.
Bislang stellt die Bahn nur ICE-Halte in Tagesrandlagen in Aussicht, also früh und abends. Coburg will aber mindestens alle zwei Stunden ICE-Anschluss. Wenn das Gutachten neue Ergebnisse bringe, werde es auch neue Überlegungen bei der Bahn geben, sagte Tessmer. Die IHK zu Coburg will sich auch bei weiteren Stellen um Zuschüsse bemühen.
Teures Jubiläum
Eine freiwillige Leistung ist auch der Zuschuss zum 200. Jubiläum der Hochschule Coburg. 180.000 Euro sollen Feier, Ausstellung und Festschrift kosten, die Stadt wird 15.000 Euro dazu geben. Der Landkreis nur 5000. Doch das interessierte die Senatsmitglieder weniger als der Beitrag des Freistaats: 20.000 Euro will die Hochschule aus ihren Mitteln beisteuern. "Sehr schäbig" nannte das Gerhard Amend, der sich auch beschwerte, dass niemand von der Hochschule bei den Stadtratsfraktionen um Zustimmung geworben habe. "Man stellt einen Antrag, kommuniziert über die Zeitung, was man von der Stadt erwartet, und dann ist niemand da." Doch am Ende stimmte Amend wie alle anderen Senatsmitglieder zu.
"Es wäre schäbig, jetzt kleinkariert zu denken", sagte Bettina Lesch-Lasaridis. An der Hochschule werde gute Arbeit geleistet. Auch Thomas Bittorf und Max Beyersdorf (CSU) verwiesen darauf, dass die Hochschule junge hoch qualifizierte Leute nach Coburg bringe. OB Tessmer, neu gewählter Vorsitzender des Kuratoriums der Hochschule, wies darauf hin, dass der Freistaat in den vergangenen Jahren 120 Millionen Euro für die Sanierung und Erweiterung der Hochschule ausgegeben habe.
250.000 Euro fürs Theater
Nichts zu beschließen hatte der Senat in Sachen Wasserschaden am Landestheater: Die Schäden sollen nun in den Theaterferien behoben werden; die Kosten werden auf 250.000 Euro geschätzt. OB Tessmer hat das Geld in einer Sofortentscheidung freigegeben; der Finanzsenat konnte das nur noch zur Kenntnis nehmen. Die Versicherung habe sich bislang geweigert, den Schaden zu regulieren, berichtete Gerhard Amend aus dem Verwaltungsausschuss des Landestheaters. Dort war auch beschlossen worden, dass die Beseitigung der Schäden vorläufig die Stadt übernimmt.
Lieber freiwillig als Pflicht
Eine alte freiwillige Leistung sind die Investitionszuschüsse für ambulante Pflegedienste. Die hat die Stadt von 2500 Euro (1996) auf inzwischen 1600 Euro pro Vollzeit-Pflegekraft heruntergefahren. 2015 sollten die Zuschüsse ganz auslaufen. Doch nun bleiben sie bei 1200 Euro pro Pflegekraft. Genauso bezuschusst auch der Landkreis. Peter Schubert, Leiter des Sozialamts, rechnete dem Finanzsenat vor, dass die Pflichtausgaben steigen könnten, wenn die freiwillige Leistung gestrichen wird: Schon jetzt hätten mehrere ambulante Pflegedienste aufgegeben. Ohne solche Dienste würden viele Pflegebedürftige in ein Heim wechseln. Das aber sei teurer - und belaste über die Sozialausgaben am Ende die Stadt.
Als Mitglied sparen
Noch eine freiwillige Leistung, aber eine überschaubare: Die Stadt wird der "Landesarbeitsgemeinschaft der Freiwilligen-Agenturen" (Lagfa) beitreten. Nutznießer sind die Kontaktstelle Ehrenamt und die Ehrenamtlichen, die über die Landesarbeitsgemeinschaft Zuschüsse für Seminare erhalten können. Schon seit ihrer Gründung 2005 hat die Kontaktstelle Zuschüsse von der Lagfa erhalten, weil diese ihrerseits vom Freistaat Bayern gefördert wird. Nun aber kommen nur noch Mitglieder dieses Vereins in den Genuss von Zuschüssen. Die werden aber höher ausfallen als der Mitgliedsbeitrag von 60 Euro pro Jahr, versprach Peter Schubert.
Besseres Klima im Stadthaus
90 000 Euro wird es kosten, in der Ladenzeile am Marktplatz im Stadthaus neue Klimatechnik einzubauen. Die alten Gas- und Elektroheizungen müssten erneuert werden, begründete Hochbauamtsleiter Ullrich Pfuhlmann. Das alles soll noch im September geschehen. Die neue Anlage kann im Winter heizen und im Sommer kühlen.