Coburg und das Geheimnis der Cranachs
Autor: Jochen Berger
Coburg, Dienstag, 24. März 2015
Was machte die Malerfamilie aus Kronach im 16. Jahrhundert so erfolgreich? Eine umfangreiche Grafik-Schau in den Kunstsammlungen der Veste Coburg verspricht interessante Einblicke.
Alle Welt redet in diesem Jahr über Cranach. Alle Welt zeigt in diesem Jahr Cranach. Auch die Kunstsammlungen der Veste Coburg, die den 500. Geburtstag von Lucas Cranach dem Jüngeren gleich doppelt zum Anlass nehmen, die eigenen Cranachs zu präsentieren. Das gilt selbstverständlich für die Cranach-Gemälde auf der Veste, das gilt aber natürlich auch für die Cranach-Grafiken in den höchst reichhaltigen Beständen des international renommierten Kupferstichkabinetts.
Umfangreicher Cranach-Bestand auf der Veste
Beim Thema Cranach-Grafik befinden sich die Coburger Kunstsammlungen in einer geradezu komfortablen Situation. Schließlich verfügt das Kupferstichkabinett über den nahezu vollständigen Bestand an grafischen Blättern von Lucas Cranach dem Älteren und seiner Werkstatt. Von den rund 200 Blättern aus der Hand von Cranach dem Älteren sind rund 70 Kopien oder Arbeiten aus der Werkstatt. Bleiben immerhin rund 130 originale Blätter. Hinzu kommen rund 70 Blätter von Cranach dem Jüngeren.
Neue Ausdrucksformen erprobt
Die Grafik bietet vielfältige Ansatzpunkte, das künstlerische Schaffen der Cranachs und ihrer Werkstatt neu zu beleuchten, wie die von Klaus Weschenfelder, Direktor der Coburger Kunstsammlungen, kuratierte Schau vor Augen führt. Die Grafik, das belegt diese Ausstellung sehr anschaulich, war für Cranach regelrecht ein Experimentierfeld. In der Grafik wurden neue Ausdrucksformen erprobt und entwickelt.
"Corporate Identity" der Cranach-Werkstatt
In der Kunstproduktion der Cranachs entdeckt Klaus Weschenfelder interessante Parallelen zur Gegenwart. "Corporate Identity" würde man heute die Praxis nennen, den Arbeiten regelrecht einen unverwechselbaren, überall wiedererkennbaren Stempel aufzudrücken. Das Mittel dazu: der konsequente Gebrauch der Schlangensignatur und der Wappen der kursächsischen Auftraggeber Cranachs. Was aber machte die künstlerische Handschrift Cranachs tatsächlich aus?
Cranachs Faible für Begleitmotive
Dazu zählt sicherlich Cranachs Faible für eigenwillige Begleitmotive und allerlei Nebenszenen, die breiten Raum einnehmen in den grafischen Blättern. Ein besonders typisches und markantes Beispiel ist ein Blatt aus dem Jahr 1506, das die Peinigung des heiligen Antonius zeigt. In der Fülle der Details, die Cranach hier darstellt, ist die Hauptfigur in ihrer Not auf den ersten Blick fast nicht zu entdecken. Typisch für Cranach ist aber auch das ausgeprägte Interesse an der Darstellung von Landschaft und Natur wie bei der "Buße des Heiligen Chrysostomus".
"Cranach erfindet Luther"
Wer sich mit Cranach befasst, kommt natürlich am Thema Reformation nicht vorbei - in Zeiten der Luther-Dekade schon gar nicht. Schließlich war es Cranach mit seiner Werkstatt, der das Bild Luthers und seiner Mitstreiter so nachhaltig geprägt hat, dass es bis heute seine Wirkung entfaltet. "Cranach erfindet Luther - sowohl in der Grafik als auch in der Malerei", betont Weschenfelder.
Was die Kunstsammlungen der Veste Coburg mit Lucas Cranach und seiner Werkstatt verbindet
Ausstellungs-Tipp "Cranachs Graphik - Neue Narrative im Zeichen der Schlange", in den Kunstsammlungen der Veste Coburg (27. März bis 31. Mai). Zur Ausstellung erscheint ein Faltblatt.
Öffnungszeiten Am 27. März von 13 bis 16 Uhr, ab 28. März täglich 9.30 bis 17 Uhr
Führungen zu "Cranach" für Einzelbesucher (ohne Anmeldung): 29. März, 12. April, 3., 17., 24. Mai,, jeweils um 11 Uhr.
Das Kupferstichkabinett der Kunstsammlungen der Veste Coburg verfügt über den nahezu vollständigen Bestand an grafischen Blättern von Lucas Cranach dem Älteren und seiner Werkstatt. Eine Auswahl von 100 Arbeiten, darunter Unikate wie das Bildnis Martin Luther mit Doktorhut (1521) vor hellem Grund, wird ergänzt um einige Vergleichsbeispiele von Hans Burgkmair d. Ä., Albrecht Dürer, Hans Baldung Grien und Hans Schäufelein. Insgesamt verfügen die Kunstsammlungen über rund 450 Arbeiten der Cranach-Familie, darunter 37 Gemälde. Zu den grafischen Arbeiten zählen auch 148 Aquarelle eines Turnierbuches.