Coburg-Krimi: Tödliche Leidenschaft der Jäger
Autor: Dr. Carolin Herrmann
Coburg, Freitag, 17. März 2017
Ilona Schmidt, früher in Coburg lebend, kam aus den USA geflogen, um ihren handfesten Frankenkrimi "Bocktot" zu präsentieren. Dazu gab es Jagdsignale.
Ein Ort für Mord und Totschlag? Schon wieder gibt es einen neuen Coburg-Krimi, wieder einen durchaus respektablen, dabei in neuer, eigenwilliger Variante. In Ilona Schmidts Roman "Bocktot" aus dem renommierten Regionalkrimi-Verlag Gmeiner gehen wir unter die Coburger Jäger und mit ihnen in die Ebersdorfer Flur. Da erfahren wir einiges über das Weidwerk und nicht nur das.
So etwas muss schon angemessen angekündigt werden, weshalb am Donnerstag in der Coburger Buchhandlung Riemann drei Vertreter des Jagdhornbläsercorps Coburg mit den passenden Signalen und entsprechenden Erläuterungen durchs Premierenprogramm führten. Das war was Neues.
Die Autorin war tags zuvor extra aus den USA herangeflogen, um ihren Roman zu präsentieren. Dabei ist sie eigentlich Chemikerin. - Was waren, was sind das denn für Konstellationen? - Spannende.
Mit vielen geretteten Tieren
Ilona Schmidt, 1956 in München geboren, in Nürnberg aufgewachsen, in Erlangen promoviert, seit 1985 in Coburg lebend, wo sie selbst auch den Jagdschein erwarb, seit 2001 in den USA, ist im Herzen Fränkin geblieben, wie sie sagt und wie sie mit ihrem keineswegs ersten Roman "Bocktot" belegt. "Koppelmord" spielte ja auch schon hier in der Gegend. Sie wurde, wie sie bei der Riemann-Lesung, spitz anmerkte, damals mit Corning, (Siecor, Glasfaserkabel) aus Neustadt in die USA verkauft. Also sei sie mit Mann Michael (der ihr fränkischer Sprachkontrolleur beim Buchschreiben ist), zwei Kindern, Pferd, vielen Hunden und Katze in die USA gezogen. Heute lebt sie mit noch mehr Tieren auf einer Farm in North Carolina, ist im Management ihres US-Konzerns, zuständig für Normenschreibung, weltweit viel unterwegs und schreibt auch noch seit 2006 hartnäckig Romane, bewusst auf Deutsch, um die Verbindung zu ihrer Muttersprache nicht zu verlieren, und bewusst in Coburg verortet, "weil ich die Ecke sehr liebe".
Es wird weitergehen
Mit "Bocktot" hat Ilona Schmidt den Kriminaloberkommissar Richard Levin ins Leben gerufen, ein knorriger Kerl mit nicht allzu vielen Allüren, dem eine (scheinbar) knallharte junge Chefin vor die Nase gesetzt wird. Das klingt - um es schon jetzt zu sagen - nach Fortsetzung. Aber ja, Ilona Schmidt hat die nächsten beiden Romane schon ansatzweise im Kopf. Levin wird zu Holger Mechtinger, angesehener Coburger Lateinlehrer, gerufen. Der liegt mit zerschossenem Kopf am Fuße seiner Kanzel. Seine Frau Astrid, die zuständige Försterin in diesem Bereich, hat ihn gerade noch durchs Zielfernrohr ihres Gewehres beobachtet. Da war er plötzlich weg.
Ilona Schmidt verstrickt ihre Leser geschickt in ihr solide aufgebautes Spannungsmuster und führt sie hinter die Fassaden der Figuren. Bisweilen klingt eine Formulierung etwas standardhaft, die erwarteten Coburger Reminiszensen werden zuverlässig geliefert. Doch heimelig wird es bei Ilona Schmidt nicht; die Verortung ihrer fesselnden Geschichte erfolgt eher kühl.
Dazu zieht sie geschickt aktuelle politische Fäden ein: Was hat es mit den Lkw-Reifenspuren im Wald und dem nach wie vor nicht identifizierten, sechs Wochen zuvor hier gefunden Toten auf sich? Holger Mechtingers Unternehmer-Freund Wolfgang Halbert ist eine unangenehme zwielichtige Figur. Und wieso tauchte Astrids jüngere, nach Mallorca gezogene Schwester Karin schon am Tag vor Holgers Tod wieder in Coburg auf?
Es dauert nicht allzu lange, bis dem Leser der richtige Verdacht kommt. Aber er bleibt bis zum Schluss verstrickt in den Zusammenhängen.
Ilona Schmidt: Bocktot. Ein Franken-Krimi. Gmeiner Verlag Meßkirch, 313 Seiten, 11,90 Euro.
Ilona Schmidt wurde 1956 in München geboren, wuchs in Nürnberg auf und studierte Chemie in Erlangen. Ab 1985 lebte sie in Coburg. 2001 Umzug in die USA. Über den Beginn ihrer literarischen Arbeit erzählt sie: "Als ich im August 2006 im Zug von Glasgow nach Fort William saß, packte ich es an und begann, einen historischen Abenteuerroman über einen Highlander im späten 17. Jahrhundert zu schreiben. Von ihm inspiriert, lernte ich die gälische Sprache, studierte die Geschichte seines Volkes und folgte ihm von Frankreich, Istanbul, Deutschland und zurück nach Schottland." Das Handwerk des Schreibens erlernte sie in zahlreichen Kursen, Kritikzirkeln und Literaturforen. Seit 2010 ist sie als Jurorin für den amerikanischen Daphne-du-Maurier Preis tätig.
Ilona Schmidt arbeitet hauptberuflich im Management eines US-Konzerns und lebt mit ihrer Familie, inklusive Hunden, Katzen und Pferden, auf einer sechs Hektar großen Farm in North Carolina.