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Coburg hat viele Biber - doch nicht alle sind damit glücklich


Autor: Rainer Lutz

LKR Coburg, Dienstag, 15. August 2017

Der Bund Naturschutz ist überzeugt, dass der Biber dem Menschen viel mehr Geld erspart, als er ihn kostet.
Einer der beiden leer gelaufenen Biberteiche bei Tremersdorf. Aber der Hauptdamm, hinter dem dem die Burg liegt, steht noch. Fotos: Rainer Lutz


Der Biber hat den Landkreis erobert, alle Herzen allerdings nicht. "Teilweise bilden sich schon richtige Bürgerwehren, gegen den Biber", sagt Heike Hess von der Geschäftsstelle beim Bund Naturschutz (BN) Coburg. Die Naturschützerin bricht eine Lanze für den großen Nager und erinnert daran, welchen Nutzen der Biber für die Natur und den Menschen hat.
Zwischen Neukirchen und Tremersdorf hat eine Biberfamilie gleich mehrere Dämme hintereinander in die Lauter gebaut. Der oberste und der unterste davon sind gebrochen. Dass hier eine "Bürgerwehr" am Werk war, lässt sich nicht erkennen. Es wird wohl eher Hochwasser gewesen sein. Das ausgedehnte Biberbiotop, gilt eigentlich als eines der weniger problematischen im Landkreis. "Solange der Hauptdamm noch da ist, kommen die Biber wohl zurecht", meint Heike Hess. In dem Stauwerk liegt auch die Biberburg.
"Einen Biberdamm zu entfernen, liegt nicht im Ermessen des Grundeigentümers", betont die Naturschützerin. Ohne Sondergenehmigung, die bei der Naturschutzbehörde am Landratsamt beantragt und erteilt werden müsste, geht gar nichts. Ein Landwirt wurde vor drei Jahren vom Amtsgericht Schweinfurt zu 35 Tagessätzen a 20 Euro verurteilt, weil er fahrlässig einen Biberdamm bei Pfersdorf zerstört hatte. Wird Vorsatz angenommen, kann so etwas noch viel teurer werden.


Rechtsweg einhalten

Wer also Probleme mit einem Biber und seiner Art der Gewässergestaltung hat, der tut gut daran, sich an die zuständigen Stellen zu wenden. Beim Landratsamt Coburg ist Evelyn Pilz von der Unteren Naturschutzbehörde die richtige Ansprechpartnerin. "Problembiber" können der Natur entnommen, ihre "Problemdämme" zerstört werden.
Nach Ansicht der Naturschutzverbände wird in manchen Regionen die Sondergenehmigung für die Jagd auf den Biber gar leichtfertig erteilt. Immerhin werden im schnitt der vergangenen Jahre etwa 1300 Biber in Bayern erlegt - das erscheint nicht wenig für eine Art, die eigentlich ja streng geschützt ist.


Bauern klagen über Schäden

Andererseits ist der Biber kein seltenes Tier mehr, vor allem nicht in Bayern. Hier leben nach Angaben des Bayerischen Bauernverbandes (BBV) 20 000 Tier. Bundesweit wird der Bestand auf 30 000 Biber geschätzt.
"Wir sind nicht gerade Biber-Fans", sagt auch BBV Geschäftsführer Hans Rebelein in Coburg. Im Landkreis gebe es vor allem im Seßlacher Raum und bei Tremersdorf Probleme mit dem Großnager. "Biberteiche verhindern, dass Drainagen ablaufen, die Äcker werden nass und die Landwirte können nicht mit Maschinen zur Bearbeitung aufs Feld", erklärt Rebelein.
Dazu kommen Schäden an Kulturpflanzen. Der Biber weiß beispielsweise Mais oder Zuckerrüben wohl zu schätzen. "Man kann den Schaden beim Landratsamt melden und bekommt ihn zumindest zum Teil ersetzt", sagt Hans Rebelein. Das wüsste noch nicht jeder Betroffene.
Die Zahl der Biber, die eine Region wie der Landkreis aufnehmen kann, sei letztendlich begrenzt. Diese Grenze sieht Rebelein für das Coburger Land inzwischen als erreicht an. "Die gehen ja schon bis in die kleinsten Gräben", nennt er ein Indiz für langsam erreichte Überbesiedelung. Wenn Jungtiere von den Eltern vertrieben werden, und sich ein eigenes Revier suchen müssen, finden sie schon länger keines mehr an einem der großen Gewässer, wo sie nicht anstauen müssen, um dort leben zu können. Also schaffen sie sich ein eigenes Gewässer - und stauen einen Bach.
Das tun sie spätestens wenn sie ihrerseits eine Familie gründen wollen, erklärt auch Heike Hess. Doch nicht überall, wo dem Biber das Wohnrecht streitig gemacht werden soll, ist das aus Sicht des BN vertretbar. Bei Buscheller etwa hat die Autobahndirektion ein Problem mit dem Biber, der dort einen beachtlichen Teich angelegt hat. Durch seinen Damm staut sich das Wasser in einen Durchlass unter der Autobahn. Der ist dafür aber nicht ausgelegt, weil er aus Metall besteht, das zu rosten beginnt, wenn es ständig dem Wasser ausgesetzt wird. Daher verlangt die Autobahndirektion, dass der Wasserspiegel im Biberteich gesenkt wird, wofür inzwischen Rohre eingebaut wurden. Doch damit ist das Problem nicht gelöst.
Laut Heike Hess soll nun bereits über eine Verlagerung des Baches nachgedacht werden. Dabei wäre es aus ihrer Sicht einfacher, den Durchlass einfach durch ein Betonrohr zu ersetzen. "Die Leute in Buscheller sehen das schon als ein Naherholungsgebiet an, was der Biber da geschaffen hat", sagt Heike Hess. Vor kurzem wurde dort auch schon eine Abfischaktion mit Netzen und Angeln beobachtet, berichtet sie. Ob es da so ganz mit rechten Dingen zuging, wird in Kommentaren auf der Facebook-Seite zum Bibersee bei Buscheller durchaus angezweifelt.


Bibermanagement

Gerade weil es immer wieder Konflikte zwischen Biber- und Menscheninteressen gibt, genießt diese Tierart besondere Aufmerksamkeit. Der Bibermanager des BN für Nordbayern, Horst Schwemmer, ist aber überzeugt: "Das Bibermanagement hat sich absolut bewährt, bei gutem Willen sind Konflikte zwischen Mensch und Biber immer zu lösen. Schwemmer erinnert: "Biberfeuchtgebiete können in Bächen die Hochwasserspitze kappen und die Flutwelle hinauszögern. Beides ist entscheidend, um größere Überflutungsschäden zu verhindern."
Bei der Diskussion um Schäden an Landwirtschaft und Fischteichen wird nach Ansicht des BN verkannt, welche Vorteile der Biber für den Naturhaushalt und gefährdete Arten hat. Ebenso sein Nutzen für den Menschen.
"Der gesamtwirtschaftliche Nutzen des Bibers durch kostenlose Renaturierungsleistungen, Verbesserung der Wasserqualität und Wasserrückhalt ist damit in Bayern wohl um den Faktor 70 größer als die einzelnen Schäden", heißt es in einer Mitteilung des BN.