Coburg: Grünen-Büro mit Parole besprüht - "Kann den Frust nachvollziehen"
Autor: Ralf Welz, Erik Jasper
Coburg, Dienstag, 17. Januar 2023
In Coburg ist das Büro von Grünen-Politiker Johannes Wagner mit einer Parole beschmiert worden. "Der Inhalt der Botschaft hat mich nicht überrascht", erklärt der 31-Jährige inFranken.de.
In Coburg ist das Wahlkreisbüro des Bundestagsabgeordneten Johannes Wagner Opfer mit einer Parole versehen worden. Laut Schilderung des Grünen-Abgeordneten besprühten Unbekannte sein Büro in der Nacht auf Samstag (14. Januar 2023). Die Aktion steht offensichtlich in direktem Zusammenhang mit den Geschehnissen in Lützerath. Mit pinker Farbe hinterließen mutmaßliche Klima-Aktivisten den Slogan "LÜTZI BLEIBT X".
Rund um das geräumte Dorf im rheinischen Braunkohlerevier gibt es gegenwärtig massive Proteste. Vor diesem Hintergrund kam es unter anderem am Samstag zu Zusammenstößen zwischen Kohle-Gegnern und der Polizei. Die Räumung des Areals für den Braunkohletagebau gilt für die in der Bundesregierung sitzenden Grünen als schwerer Spagat.
Lützerath: Coburger Grünen-Abgeordneter äußert sich zu Spray-Aktion - "Botschaft hat mich nicht überrascht"
"Ich kann den Frust, ja sogar die Verzweiflung über die desaströse Klimapolitik der letzten Jahre nachvollziehen", erklärt Johannes Wagner in einem öffentlichen Statement. Der 31-Jährige sitzt seit 2021 für Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag. "Niemals dürfen ökonomische Interessen über Sozial- und Umweltaspekten stehen." In den vergangenen Jahren sei das allerdings "der Standard" gewesen. Die Verunstaltung der Außenfront seines Wahlkreisbüros ließ ihn anfänglich dennoch zusammenschrecken. "Im ersten Moment war ich erschrocken. Zugleich aber auch erleichtert, dass kein Schaden entstanden ist", berichtet der Grünen-Politiker gegenüber inFranken.de.
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Die Fensterscheiben seien ganz geblieben. "Der Inhalt der Botschaft wiederum hat mich nicht überrascht", erklärt Wagner. Für die Initiatoren zeigt der 31-Jährige sogar Verständnis. "Was ich nachvollziehen kann, ist die Wut und Enttäuschung derer, die mit solchen Aktionen auf die Versäumnisse der Politik aufmerksam machen wollen." Jahrzehntelang sei im Bereich Klimaschutz zu wenig passiert. "Und es wird lange brauchen, die Fehler der Vergangenheit zu korrigieren", konstatiert Wagner. "Manchen, und das verstehe ich, dauert das zu lange."
Doch wundert es ihn, dass es ausgerechnet seine Person trifft? "Ja und nein", beantwortet der Bundestagsabgeordnete die Frage. "Ja, weil es uns Grünen gelungen ist, den Kohleausstieg um Jahre vorzuziehen. Wir haben fünf von sechs Dörfern gerettet und haben dafür gesorgt, dass die Hälfte der Braunkohle unter der Erde bleibt", berichtet Wagner. "Nein, weil wir noch immer nicht auf einem 1,5 Grad-Pfad sind", gibt Wagner zu bedenken. Zu oft stoße seine Partei in der Koalition auf verschlossene Türen, moniert er. "Sei es beim Tempolimit oder beim Abbau fossiler Subventionen."
Wagner empfiehlt enttäuschten Menschen das persönliche Gespräch - "Türen immer offen"
Würde er die Täter der Spray-Aktion zu Gesicht bekommen, würde er ihnen sagen, "dass ich Ihren Frust verstehe und wir alles daran setzen müssen, gemeinsam politische Mehrheiten für den Klimaschutz zu gewinnen." Mit den 14,8 Prozent erhaltenen Wählerstimmen bei der letzten Bundestagswahl sei es klar, dass die Grünen nicht zu 100 Prozent ihre Ziele für den Klimaschutz umsetzen könnten.
Enttäuschten Menschen empfiehlt Wagner derweil, das persönliche Gespräch mit ihm zu suchen. "Sofern sich die Botschaft persönlich an mich gerichtet hat, möchte ich darauf hinweisen, dass die Türen meines Wahlkreisbüros immer offen stehen und ich immer ein offenes Ohr habe." Um die Dinge politisch voranzubringen, gebe es viele Möglichkeiten. "Ich selbst bin und war auf zahlreichen Klimaprotesten und Demos aktiv, und auch bei anderen Formaten wie dem Parking Day oder der Critical Mass", hält er gegenüber inFranken.de fest.