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Bürgermeister Martin Rauscher blufft seinen Gemeinderat


Autor: Gabi Arnold

Niederfüllbach, Donnerstag, 21. Sept. 2017

Die Niederfüllbacher Gemeinderatssitzungen werden immer kurioser.
Ute Treuter wurde für 75-maliges Blutspenden von Martin Rauscher geehrt.  Foto: Gabi Arnold


Bei der jüngsten Sitzung überraschte Bürgermeister Martin Rauscher (ÜWN) seine Kollegen. Seine Aussage, dass er dringliche Anordnungen getroffen habe, sei ein Bluff gewesen, sagte er. Nach diesen Worten herrschte im Gremium sekundenlange Sprachlosigkeit.

Zum Hintergrund: Seit dem Amtsantritt von Bürgermeister Rauscher vor neun Jahren herrscht eine angespannte Stimmung im Gemeinderat, es kommt immer wieder zu Differenzen, die mal ruhen, mal kochen die Emotionen hoch. Im Fokus der Kritik steht vor allem die Arbeitsweise des Bürgermeisters. Diese sei zu langsam, er setze Beschlüsse nicht um. Projekte stagnieren demzufolge. Rauschers Arbeitsweise soll auch ein Thema bei der Hauptversammlung der CSU im Juli dieses Jahres gewesen sein. Die Berichterstattung in den Tageszeitungen hat den Bürgermeister jedenfalls sehr verärgert. Denn daraufhin teilte Rauscher mit, dass er nun dringliche Anordnungen zur Umsetzung von Projekten getroffen habe. Dies sei möglich, um einen Nachteil von der Gemeinde abzuwenden.


Der Bürgermeister wurde aufgeklärt

CSU-Fraktionssprecher Kilian von Pezold klärte darauf hin in einem Schreiben vom 25. August dieses Jahres den Bürgermeister über die Rechtslage auf. Demnach bestünde erheblicher Klärungsbedarf, denn die Voraussetzungen für dringliche Anordnungen für die vom Bürgermeister erteilten Planungsaufträge liegen Pezolds Worten zufolge nicht vor.
Der Bürgermeister war in der Sitzung am Mittwoch nun aufgefordert, dazu Stellung zu beziehen. Das tat er mit den einleitenden Worten: "Bisher habe ich Gelaber nicht als Gelaber, Schizophrenie nicht als Schizophrenie und Dummheit nicht als Dummheit bezeichnet." Aber in den neun Jahren seiner Amtszeit sei ihm oft genug zerstörerischer Gegenwind entgegengeblasen worden. So sei er jüngst in der CSU-Hauptversammlung als großer Bremsklotz bezeichnet worden. In Wirklichkeit sei er sehr enttäuscht, dass die Anbindung der Carl-Brandt-Straße an die CO 12 und der Bau eines Hochwasserrückhaltebeckens nicht realisiert werden konnten.

Mit seiner Aussage, er habe dringliche Anordnungen getroffen, habe er den Gemeinderat bluffen wollen. "Die Aussage der dringlichen Anordnung war ein Bluff, weil ich die Schnauze voll hatte", so Rauscher. Nach dieser Ansage herrschte Sprachlosigkeit im Sitzungssaal. Kilian von Pezold ergriff schließlich das Wort und brachte seine Verwunderung zum Ausdruck. "Ich dachte, wir wären über diese persönliche Ebene hinaus." Es sei schon komisch, wenn ein Bürgermeister seine Mandatsträger aufgrund eines Zeitungsartikels bewusst bluffe. "Das ist der Würde des Amtes nicht angemessen, wir sind doch alle keine Kinder mehr."


Beschluss: So vorgehen, wie es die Gutachter vorschlagen

Weiter ging es mit der Sanierung der Emil-Kirchner-Turnhalle. Wie berichtet ist dort das Hauptproblem der nicht tragfähige Boden. Die TSG Niederfüllbach hat einen Antrag an die Gemeinde gestellt auf Übernahme der Kosten gemäß des Erbpachtvertrages. Auch hier stand Rauscher in der Kritik. Frank Gallinsky (CSU) monierte, dass die TSG bisher nicht einmal eine Antwort auf ihr Schreiben erhalten habe. Rauscher zweifelte wiederum die Arbeitsweise der Gutachter an. Diese hätten nur im Außenbereich, nicht aber in der Halle den Boden untersucht. Tina Großmann (ÜWN) wollte den Tagesordnungspunkt in der nichtöffentlichen Sitzung besprechen. Bernd Roßberg (SPD) brach eine Lanze für die Fachleute: "Dafür haben wir Fachleute geholt, die haben das studiert und jetzt wird es angezweifelt." Schließlich beschlossen die Räte einstimmig, nach dem Gutachten der Fachleute vorzugehen.

Eine weiterer dicker Brocken war die Straßenausbaubeitragssatzung, zu der Fachanwalt Alexander Reitinger aus Sonneberg zwei Stunden referierte. Fazit: Reitinger legte den Räten dringend ans Herz, eine Fassung zu beschließen. Da es sich, wie bereits öfters kommuniziert, um eine Mussbestimmung handele. Andernfalls könnte eine Zwangssatzung erlassen werden, die bis zu 20 Jahre zurückgreifen könne. Er nannte die Vorteile und Nachteile der einmaligen Zahlung und der wiederkehrenden Beiträge. Kilian von Pezold, der ebenfalls Anwalt ist, bezeichnet das Konstrukt als Nötigung. Solange das Urteil nicht rechtskräftig sei, könne es nicht rechtswidrig sein, nichts zu tun, meinte er. Er bezog sich auf eine Aussage von Landrat Michael Busch (SPD), wonach dieser gesagt haben soll: "Wir werden nichts erzwingen."
Kämmerer Michael Heß machte sich Sorgen um den Haushalt. "Das Landratsamt stoppt uns jede Maßnahme, wenn wir keine Satzung haben", mahnte er. Rauscher wollte nach dem Vortrag über den Erlass einer Satzung abstimmen. Bernd Lewandowski (ÜWN) stellte den Antrag, die Abstimmung zu vertagen. Dem wurde stattgegeben, das Thema wird in vier Wochen erneut behandelt.
Für 75-maliges Blutspenden wurde Ute Treuter geehrt.