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Bürger kämpfen gegen Windräder im Itzgrund


Autor: Berthold Köhler

Itzgrund, Donnerstag, 23. Oktober 2014

Noch ist es völlig offen, wie es mit dem umstrittenen Windpark-Projekt weitergeht. Im Rathaus wartet man deshalb mit Interesse auf die Entscheidungen der Landesregierung.
Die Kommune will Windkraftanlagen bei Welsberg im Bürgerwald, die Anwohner wollen sie nicht. Foto: Berthold Köhler


Der im "Bürgerwald" bei Welsberg geplante Windpark mit vier Windrädern hat in der Gemeinde für gewaltigen Wirbel gesorgt. Eine äußerst umtriebige Bürgerinitiative auf der einen, der Gemeinderat mit der nur gegen die Stimmen seiner beiden Welsberger Mitglieder verabschiedeten positiven Stellungnahme auf der anderen Seite - es scheint, als würde der Windpark die Gemeinde spalten.

Mittendrin im Geschehen: Bürgermeister Werner Thomas (SPD) und seine Stellvertreterin, Nina Liebermann (CSU). Im Interview sprechen sie darüber, wie sie die Stimmung im Ort nach der umstrittenen Entscheidung wahrnehmen. Gemeinde-Geschäftsleiter Dieter Scherbel war beim Gespräch mit dabei - um Erläuterungen zu juristischen Fragen zu geben.

Ist der Weg für den Windpark nach der Zustimmung des Gemeinderates frei?
Werner Thomas: Die Entscheidung über die

Baugenehmigung fällt nicht der Gemeinderat. Wir haben unsere Stellungnahme dazu abgegeben. Wir haben das Projekt wie jeden anderen Bauantrag auch behandelt und zur Genehmigung an das Landratsamt weitergeleitet. Weil der Windpark in einer Vorrangfläche liegt, gab es keine sachlichen Gründe, um keine Zustimmung zu geben.
Dieter Scherbel: Im Landkreis Kronach gab es einen Fall, bei dem eine Gemeinde ihre Zustimmung konsequent verweigerte. Dann hat eben das Landratsamt das gemeindliche Einvernehmen ersetzt.
Nina Liebermann: Das hätten wir auch machen können und damit den "schwarzen Peter" ans Landratsamt weiterschieben. Aber das haben wir bewusst nicht getan. Alle Bedenken, die von der Bürgerinitiative angeführt werden, sind Teil des Genehmigungsverfahrens und werden von den verschiedenen Trägern öffentlicher Belange genau geprüft. Wenn das Landratsamt die Genehmigung erteilt, dann wird das seine Richtigkeit haben.

Wie sehr hat es Sie überrascht, als in Welsberg ein Sturm der Empörung losbrach?
Werner Thomas: Es hat mich sehr überrascht, weil es nicht stimmt, dass wir das Thema nicht rechtzeitig genug kommuniziert haben. (Werner Thomas holt einen Ordner mit Protokollen zum Thema Windpark.) 2011 hatten wir in öffentlicher Sitzung des Gemeinderates eine Bauvorfrage - schon damals haben wir auf Konzentrationsflächen für Windkraftanalagen hingewiesen. Mitte 2012 haben wir mit Seßlach und Großheirath gemeinsam und öffentlich beschlossen, dass wir eine interkommunale Fläche für einen Windpark suchen wollen. Im Protokoll einer Bürgerversammlung vom 14. März 2013 in Welsberg steht: "Die Planunterlagen möglicher Standorte wurden vorgestellt und ausgiebig diskutiert." Es ist mir unbegreiflich, wie man sagen kann, wir hätten nicht rechtzeitig informiert.
Nina Liebermann: 2013 stand ein Messwagen der Stadtwerke Neustadt auf den Höhen bei Neuses an den Eichen. Den hat jeder gesehen und jeder hat gewusst, was dort gemessen wird. Die Gemeinde hat auch schon weit vor dem Wahlkampf zur Kommunalwahl mit den Grundstückseigentümern gesprochen.

Wie nehmen Sie die Stimmung zum Windpark "Bürgerwald" außerhalb von Welsberg wahr?
Nina Liebermann: Es haben mich bisher keine persönlichen Attacken erreicht. In Kaltenbrunn, diesen Eindruck habe ich zumindest, haben die Menschen eher weniger Verständnis für die ablehnende Haltung. Hier sieht man die Sache meinem Gefühl nach durchaus positiv.
Werner Thomas: Das ist auch mein Eindruck. Bei der Bürgerversammlung in der Itzgrundhalle war es ja auch so, dass es sehr wohl Befürworter für einen Windpark gab - die waren halt nur nicht so laut.

Was können Sie aus den Vertragsentwürfen mit der Firma "Green City Energy" zur finanziellen Seite veröffentlichen?
Dieter Scherbel: In öffentlicher Sitzung wurde ein Wert von 20 000 bis 25 000 Euro Pacht pro Jahr und Windrad-Standort kommuniziert. Es werden aber auch Flächen im Umfeld, die nicht direkt betroffen sind, eine Entschädigung erhalten. Nicht ganz zwei Drittel der Flächen, die für den Windpark in Frage kommen, sind im Eigentum der Gemeinde Itzgrund.
Nina Liebermann: Es ärgert mich sehr, dass hier Teilen des Gemeinderates Geldgier unterstellt wird. Wir stecken uns keinen Cent in die eigenen Taschen. Wer profitiert, das ist die gesamte Gemeinde. Ich finde es schade, wenn die Gegner des Windparks mit ihren Attacken ins Persönliche gehen.

Auch aus den beiden Nachbarkommunen - Seßlach und Großheirath - gab es Gegenwind für den "Bürgerwald". Nennt man das interkommunale Zusammenarbeit?
Werner Thomas: Da bin ich persönlich schon ein bisschen enttäuscht. In Seßlach, wo man ja auch ein eigenes Energiekonzept hat, haben sie bei der Regionalplanung der Vorrangfläche ja zugestimmt. Sie haben die Idee mitgetragen. Irgendwas muss sich im Stadtrat geändert haben, dass er nun plötzlich dagegen ist. Ich weiß nur nicht, was der Anlass für diese Meinungsänderung war.

Ein Streitfall war die vermeintlich schlechte Wirtschaftlichkeit des Standortes Welsberg. Was würde passieren, wenn sich die Sache nicht rechnet?
Dieter Scherbel: Es gibt Vertragsbestandteile, da ist klar geregelt: Wenn die Gemeinde länger keine Pacht bekommt oder die Gesellschaft in Konkurs geht, muss es gewährleistet sein, dass die Anlagen wieder abgebaut werden.

Die Nachrichten besagen, dass in Bayern Mitte November die 10-H-Regelung gelten soll. Was passiert dann mit dem "Bürgerwald"?
Nina Liebermann: Ich war erst vor kurzem auf einem Seminar zum Thema Windenergie. Da hatte jeder Referent seine eigene Meinung zu dieser Regelung - auch zum Zeitpunkt, ab wann sie gilt. Ich bin gespannt.
Werner Thomas: Ich bin nicht sehr optimistisch. Ich glaube, das neue Gesetz wird schon bald Klarheit schaffen. Kommt die 10-H-Regelung, dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Windpark im "Bürgerwald" kommt, sehr gering. Aber warten wir ab, der Gemeinderat wird jetzt kein weiteres Öl ins Feuer gießen. Wir werden sehen, was geschieht. Vielleicht erteilt das Landratsamt die Baugenehmigung auch schon vor dem Inkrafttreten des neuen Gesetzes. Aber das wäre schon ein kleines Wunder.
Dieter Scherbel: Wenn eine Gemeinde im Rahmen ihrer Bauleitplanung von der 10-H-Regelung abweichen möchte, braucht sie - nach derzeitigem Stand des Gesetzentwurfes - die Zustimmung der Nachbarkommunen. Die wäre in unserem Fall nicht in Sicht. Kommt die Genehmigung vor der Regelung, schaut die Sache natürlich anders aus.