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Brexit in der Coburger Nägleinsgasse


Autor: Ulrike Nauer

Coburg, Freitag, 25. Januar 2019

Birgit Eibl schließt ihren Laden "The British Corner" zum 31. März. Das hat zum einen mit dem Brexit zu tun, zum anderen mit mangelnder Wirtschaftlichkeit.
Dreieinhalb Jahre lang verkaufte Birgit Eibl in der Nägleinsgasse britische Spezialitäten und schöne Dinge von der Insel. Die Kundenfrequenz reichte auf Dauer aber nicht aus, um zumindest ein "normales Monatsgehalt" für die Inhaberin zu erwirtschaften.Ulrike Nauer


Ob Großbritannien einen "harten" Brexit hinnehmen muss, ob der Brexit überhaupt kommt und welche Folgen er dann für die Inselbewohner und das restliche Europa haben wird, steht derzeit noch in den Sternen. Für die Coburgerin Birgit Eibl hat der drohende Austritt Großbritanniens aus der EU aber bereits Konsequenzen. Sie wird ihren Laden "The British Corner" in der Nägleinsgasse zum 31. März schließen.

Natürlich ist nicht der Brexit-Hickhack allein schuld an Birgit Eibls Entscheidung, auch viele andere Faktoren haben dazu beigetragen. Leicht hat sie es sich auch nicht gemacht. "Ich überlege seit einem Jahr. So etwas kann man nicht schnell mal in einem Vierteljahr beschließen."

Letztlich sei das "British Corner" einfach nicht wirtschaftlich gewesen. Der Laden trage sich zwar, aber unterm Strich sei praktisch nichts für sie übrig geblieben, erklärt Birgit Eibl im Gespräch mit dem Tageblatt. Dass sie mit dem Geschäft nicht reich werden würde, sei von vornherein klar gewesen. Das war auch nicht ihr Ziel. Aber ein "normales" Monatsgehalt hätte für sie schon übrig bleiben sollen. 50 bis 60 Stunden Arbeit pro Woche, zwei Wochen Urlaub im Jahr und am Ende doch immer nur eine "schwarze Null"? Das war nicht das, was sich die 53-Jährige vorgestellt hatte.

Letztlich habe ihr der drohende Brexit die Entscheidung erleichtert, ihren Laden zu schließen. Schon jetzt seien die Preise ihrer Produkte manchen Kunden zu hoch gewesen, berichtet Birgit Eibl. Wenn demnächst noch ein Wust an Bürokratie dazukomme und hohe Zölle alles noch weiter verteuerten, "dann wird das Ganze unmöglich".

Großhändler verliert Kunden

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Ihrem Großhändler in Dover, von dem sie ihre Ware bezogen hat, hat sie schon mitgeteilt, dass er nun eine weitere Kundin weniger hat. "Ihm sind in der letzten Zeit schon viele Kunden weggebrochen", weiß Birgit Eibl.

Als sie 2015 begann, ihr Geschäft zu konzipieren, war der mögliche Ausstieg Großbritanniens aus der EU bereits Thema. "Ich hatte es damals schon im Hinterkopf, dass das kritisch werden könnte. Aber ehrlich gesagt, habe ich es nicht für möglich gehalten, dass es tatsächlich zum Brexit kommen würde."

Birgit Eibl hatte ihr Geschäft übersetzt "Britische Ecke" genannt. Ironischerweise stellte sich genau die Lage in einer Ecke der Nägleinsgasse als ungünstig heraus. "Die Räume sind schön, die Lage ist leider nicht besonders gut", resümiert die 53-Jährige. Wer vom Parkhaus Mauer kommt, läuft zwar direkt auf das Schaufenster zu, hat aber seinen Einkauf noch vor sich und geht deshalb erst einmal vorbei. Wer später mit vollen Taschen zum Parkhaus zurück läuft, nimmt den Laden in der Ecke meist gar nicht mehr wahr.

Oft sei die Fläche direkt vor ihrem Schaufenster einfach zugeparkt worden, kritisiert Birgit Eibl - von Handwerkern mit großen Fahrzeugen zum Beispiel. Ein andermal war ihr Laden mehrere Wochen lang nur über eine (meistens verwaiste) Baustelle erreichbar. Auf Hilfe seitens der Stadt hoffte die Geschäftsfrau vergebens.

Auch an anderen Stellen kann Birgit Eibl der Stadtverwaltung Kritik nicht ersparen: "Ich finde es befremdlich, dass die Stadt die Ketten immer so hypt." Natürlich ließen sich Leerstände mit solchen finanzkräftigen Mietern schnell wieder beheben, aber gerade kleine Läden könnten sich die hohen Mieten kaum noch leisten. Als Birgit Eibl vor dreieinhalb Jahren ihr Geschäft eröffnete, gab es noch kein Depot, kein NanuNana und ähnliche Läden. Das sei alles potenzielle Konkurrenz auf dem Markt für schöne Dinge. "Vielleicht", so überlegt Birgit Eibl, "ist Coburg aber auch einfach zu klein für einen Laden wie meinen - trotz des historischen Bezugs zum englischen Königshaus".

Dass sie seit einem Jahr über die Schließung nachdenkt, habe ihr auch zu "innerem Abstand" verholfen, sagt Birgit Eibl - und auch zu einer Erkenntnis: "Ich will nicht mehr selbstständig sein! Es war ein Versuch, der ist gescheitert!" Sie habe immer im kaufmännischen Bereich gearbeitet, vielleicht kehrt sie nun dorthin zurück. Birgit Eibl schmunzelt. "Ich bin ja erst 53 und will noch nicht in Rente."

Ausverkauf ab Februar

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Ihr Laden werde voraussichtlich bis in die erste Märzwoche geöffnet bleiben. In der ersten Februar-Woche soll der Ausverkauf beginnen. Das Geschirr aus der Teeküche will Birgit Eibl in einer Art "Küchenflohmarkt" anbieten. Auch für die Möbel gibt es Interessenten. Die Öffnungszeiten wird sie wahrscheinlich reduzieren und nur noch Dienstag bis Samstag öffnen. "Denn das Ganze geht schon an die Kräfte!"