Bobbeles Erbe: Was aus dem Tennishype der 80er geworden ist
Autor: Natalie Schalk
Coburg, Donnerstag, 31. Oktober 2019
Thomas Gebauer erinnert sich, wie er als Fünfjähriger beim TC Weiß-Rot Coburg anfing - und hier später gegen den heutigen Profi Kevin Krawietz spielte.
Es gab nicht so viel Verkehr wie heute und irgendwer von den Eltern schaute immer mal, was der Nachwuchs so trieb. Als Thomas Gebauer klein war, wohnten in seiner Nachbarschaft in Coburg-Süd viele Kinder. Sie spielten auf der Straße. Fußball, Fangen, Völkerball. Und natürlich Tennis.
Über elf Millionen Deutsche verfolgten 1985 das Tennisturnier von Wimbledon im Fernsehen. Der 17-jährige Boris Becker holte als jüngster Spieler aller Zeiten den Titel, und dann kletterte auch noch Steffi Graf auf der Weltrangliste nach oben: Westdeutschland packte das Tennisfieber. Die Menschen trugen Tennissocken, planten ihre Freizeit nach Grand-Slam-Turnieren, kauften plötzlich massenweise Tennisschläger und begannen zu spielen.
"Die Wiebke war schon im Verein. Und die Kerstin", erinnert sich Thomas Gebauer an die Kinderfreundschaften. An das Straßentennis. Sein Vater Günter Gebauer erzählt, dass eine Nachbarin ihn auf das Talent seines Sohnes aufmerksam machte. "Sie fragte, ob er nicht mal mit Trainer spielen will. Dann habe ich ihn hier angemeldet."
30 Jahre später im Sportheim
Vater und Sohn sitzen im Sportheim des Tennisclub Weiß-Rot Coburg, in dem der 36-jährige Thomas seit Ende der 80er Mitglied ist. "Ich bin dann so drei Jahre später eingetreten", erzählt Günter Gebauer. "Ich hatte keine Lust, immer so lange zu warten - da habe ich lieber selbst gespielt." Heute ist der 70-Jährige der Erste Vorsitzende des TC Weiß-Rot, der wie so viele andere Vereine in den Zeiten von Bobbele und Steffi Boomjahre erlebte. "Weil so viele Kinder angemeldet wurden - und die Erwachsenen zogen nach."
Becker, Graf und der Tennisboom in der Region
Der pensionierte Lehrer erzählt von Turnsportvereinen aus der Umgebung, die wegen der gewaltigen Nachfrage Tennisabteilungen gründeten. "Neue Plätze schossen wie Pilze aus dem Boden, und das Vereinsleben war in dieser Phase sehr intensiv. Es gab regelmäßige Vereinsmeisterschaften." Deutlich über 400 Mitglieder hatte der TC damals. "Wir waren eine Tennisfamilie. Da sind viele Freundschaften entstanden." Heute sei die Gemeinschaft weniger intensiv, alles sei ein bisschen individueller geworden, viele hätten ja noch andere Freizeitinteressen. In den 80ern wurden große Spiele oft gemeinsam im Verein geschaut. "Da ist auch alles übertragen worden", sagt Günter Gebauer.
Wimbeldon und das Privatfernsehen
1984, im Jahr vor Beckers Wimbeldon-Sensation, zeigten ARD und ZDF 13 Stunden Tennis. Mit dem Tennis-Hype begann der Kampf um die Übertragungsrechte. Dem ZDF zufolge trieben die neuen privaten Sender die Preise nach oben. 1989 wurden die meisten Spiele im Privatfernsehen gezeigt - insgesamt über 1000 Stunden.
Typen mit Unterhaltungswert
"Man wollte das unbedingt sehen", erzählt Thomas Gebauer. "In der Grundschule haben wir das Thermometer manipuliert, damit wir hitzefrei bekamen - und die French Open schauen konnten. Die gingen um elf los."